Frost lässt Bauern weiter zittern
13.04.2021 Baselbiet, Landwirtschaft, NaturDas bange Warten auf die Eisheiligen
Unter den Frösten in den vergangenen Nächten haben bisher vor allem frühe Kirschensorten wie Kordia stark gelitten. Von den Bäumen, die bereits in voller Blüte standen, werden kaum Kirschen gepflückt werden können.
Otto ...
Das bange Warten auf die Eisheiligen
Unter den Frösten in den vergangenen Nächten haben bisher vor allem frühe Kirschensorten wie Kordia stark gelitten. Von den Bäumen, die bereits in voller Blüte standen, werden kaum Kirschen gepflückt werden können.
Otto Graf
Die frostigen Nächte in der vergangenen Woche haben an den landwirtschaftlichen Kulturen deutliche Spuren hinterlassen. Besonders gelitten haben die Kirschen und die Zwetschgen. «Wie hoch die effektiven Ernteausfälle sein werden, ist noch völlig offen», erklärt der Ramlinsburger Obstproduzent Ernst Lüthi, der einige schlaflose Nächte erlebte.
Wohl hat er eine Hektare Kirschen unter Dach. Und mit Heizen mit Paraffinkerzen und mit Pelletöfen zwischen den Baumreihen konnte er die Auswirkungen der Kälte auf die Blüten und Knospen mildern. Viel mehr als der berühmte Tropfen auf den heissen Stein bewirkten diese Massnahmen jedoch nicht.
Bei den Zwetschgen, sagt der Präsident des Baselbieter Obstverbands weiter, wirke die letztjährige Jahrhunderternte nach, ungeachtet der gegenwärtigen Witterung: Die Bäume müssten sich von den Strapazen erholen und könnten nicht jedes Jahr einen maximalen Ertrag abwerfen. Das brauche einfach Zeit. Bei den Äpfeln hingegen sehe es heuer gut aus, meint Lüthi. Doch kann bis zur Ernte noch viel passieren. Schnee bis in tiefere Lagen und Frostnächte seien auch in den kommenden Tagen angesagt. «Und die Eisheiligen beschäftigen uns erst in einem Monat», merkt der Obstbauer an. Für das Bestäuben der Blüten hat er in seinen Anlagen gegenwärtig 25 Bienenvölker angesiedelt. Die emsigen Insekten sind jedoch auf gutes Flugwetter angewiesen: warm, nur wenig Wind und kein Regen.
Wie hoch sich der frostbedingte Ernteausfall im Baselbiet beziffern wird, sei nicht abschätzbar. Je nach Lage, Vegetationsfortschritt und Art der Kulturen gebe es grosse Unterschiede, so Lüthi.
Schnee und weiterhin Frost
Der Wenslinger Obstbauer Hansueli Wirz schätzt die Situation ähnlich ein wie sein Ramlinsburger Kollege. Glücklicherweise lägen die Kirschenkulturen vieler Sorten in den höheren Lagen vegetationsmässig noch etwas zurück. Aber die «Kordia», eine frühe und vom Volumen her auch wichtige Sorte, habe es «voll erwischt». Wirz, der frühere Präsident des Baselbieter Obstverbands, rechnet auf seinem Betrieb mit einem Ausfall von 80 Prozent der Ernte dieser Sorte. Bei der «Regina» und bei der «Vanda» hingegen ist er zuversichtlicher.
Auch bei den Zwetschgen erwartet Wirz erhebliche Einbussen. Die etwas später austreibenden Apfelbäume seien vergleichsweise gut dran, wobei die oberen Bereiche der Bäume bis jetzt wenig gelitten hätten. Die tiefsten Temperaturen herrschen in Bodennähe.
Wind, Wolken, Feuchtigkeit
Die Kälte allein mache es noch nicht aus, ob die Blüten abfrieren, zeigt Ernst Lüthi auf. Entscheidend seien auch der Wind, die Bewölkung, die Niederschläge und damit verbunden die Verdunstungskälte. Um sich möglichst gut auf die Frostnächte einstellen zu können, stützt sich der Obstproduzent auf mindestens vier Wetterdienste ab.
Beim Wetter selbst, sagt er, seien die Prognosen recht zuverlässig. Aber bei den angesagten Lufttemperaturen herrschten grosse Unterschiede bis 5 Grad. Deshalb verfolgt er die Temperaturkurve anhand der eigenen Messungen. «Wenn wir um drei Uhr morgens minus 1 Grad messen und sich der bisher klare Himmel mit Wolken überzieht, können wir uns getrost nochmals aufs Ohr legen», schildert er eine typische Wettersituation.
Für das Erwärmen der Luft in den Anlagen investieren viele Obstbauern beträchtliche Summen. Die bis jetzt angefallenen Materialkosten beziffert Ernst Lüthi auf rund 5000 Franken. Beide Obstbauern sind sich bewusst, dass der Mensch gegen die Launen der Natur trotz der technischen Massnahmen gegen die Auswirkungen des Frostes einen schweren Stand hat. Aber sie nehmen die Herausforderung optimistisch an und versuchen, das Beste herauszuholen.