Wo der Kanton zögert, geht ein Privater voran
21.01.2021 Baselbiet, Energie/Umwelt, Bezirk Waldenburg, Bezirk Sissach, SissachEntsorgungsunternehmen arbeitet mit Elektro-Nutzfahrzeugen
Bei der Autogesellschaft Sissach-Eptingen sind bereits sieben elektrisch angetriebene Kehrichtund Hakenfahrzeuge im Einsatz. Damit wollen die Verantwortlichen dank moderner Technologie ein Gleichgewicht zwischen Ökonomie und ...
Entsorgungsunternehmen arbeitet mit Elektro-Nutzfahrzeugen
Bei der Autogesellschaft Sissach-Eptingen sind bereits sieben elektrisch angetriebene Kehrichtund Hakenfahrzeuge im Einsatz. Damit wollen die Verantwortlichen dank moderner Technologie ein Gleichgewicht zwischen Ökonomie und Ökologie schaffen.
Tobias Gfeller
Die Hersteller seien in der Entwicklung noch nicht soweit und auch nicht bereit, mit einem kleinen Kanton wie Baselland einen Pilotbetrieb einzugehen. Dies antwortete der Baselbieter Baudirektor Isaac Reber (Grüne) auf einen Vorstoss der ehemaligen Landrätin und heutigen Nationalrätin Florence Brenzikofer (Grüne). Sie forderte den Kanton auf, bei künftigen Beschaffungen von Nutzfahrzeugen auf Elektroantrieb zu setzen. Doch daraus wird vorerst nichts (die «Volksstimme» berichtete). Man behalte die Entwicklung aber im Auge, versicherte Reber.
Dass Elektro-Nutzfahrzeuge in der Praxis im Baselbiet bereits im Einsatz sind, meldete Adolf Rütti, Leiter Entsorgung bei der Autogesellschaft Sissach-Eptingen (AGSE), der «Volksstimme», als er vergangene Woche den Artikel zum ablehnenden Kommissionsentscheid des Landrats las. «Wir haben vier elektrisch angetriebene Kehrichtfahrzeuge und drei elektrisch angetriebene Hakengeräte, die Container transportieren können. Und sie funktionieren in der Praxis wirklich gut.» Klar, sagt Rütti, gebe es immer wieder kleinere Kinderkrankheiten. «Aber das ist bei sämtlichen Neuentwicklungen der Fall. Bei den Dieselfahrzeugen haben wir halt eine jahrzehntelange Erfahrung.» Er könne aber ganz klare Vorteile der Elektro-Nutzfahrzeuge nennen, betont der Leiter Entsorgung bei der AGSE. «Die Fahrzeuge sind leise, sie seien feiner und deshalb angenehmer zu fahren. Das melden uns auch die Fahrer und die Personen, die hinten auf den Fahrzeugen stehen und die Abfallsäcke sammeln.» Bei den Hakenfahrzeugen sei der abgasfreie Betrieb besonders in Tunnels oder Lagerhallen ein Vorteil.
Optimal in den Gemeinden
Der grösste Nachteil betreffe die beschränktere Reichweite, berichtet Rütti. «Im Winter ist die Batterie aufgrund der Kälte nicht ganz so leistungsfähig und hält wie beim Handy weniger lange.» Es gelte daher noch mehr als bei Dieselfahrzeugen, die Einsätze genau zu planen und die Fahrten zu optimieren. «Beim Einsammeln des Kehrichts, wo «stop and go» gefahren werden muss, versuchen wir, Bergfahrten zu vermeiden und sammeln den Kehricht beim Runterfahren ein, weil ständiges Anhalten und Losfahren Batterie kostet.»
Die Autogesellschaft Sissach-Eptingen lädt ihre Fahrzeuge an eigenen Schnellladestationen in Birsfelden auf. Ein Kehrichtfahrzeug vollzuladen dauert zweieinhalb Stunden. Es sei aber auch problemlos möglich, in den Mittagspausen einen Teil der Batterie zu laden. Aufgrund der noch beschränkten Reichweite sieht Adolf Rütti den Einsatz von Elektro-Nutzfahrzeugen vor allem in kleineren Räumen – zum Beispiel in Gemeinden – als optimale Lösung. «Es ist vernünftig, die Elektrofahrzeuge im regionalurbanen Gebiet mit kleineren Kilometerleistungen einzusetzen.»
Wie am Ende die finanzielle Rechnung aussehen wird, weiss der Leiter Entsorgung der Autogesellschaft Sissach-Eptingen noch nicht. Die Anschaffungskosten seien pro Fahrzeug zweieinhalb bis dreimal so hoch wie bei Dieselfahrzeugen. Rütti geht aber davon aus, dass bei einem Gebrauch von acht bis zehn Jahren im Vergleich zu einem Dieselfahrzeug ein Nullsummenspiel herausspringt. «Dafür fahren wir mit den Elektro-Nutzfahrzeugen ökologischer und nachhaltiger. Dann stimmt für uns die Rechnung.» Noch befindet sich das Projekt der AGSE in der Pionierphase, die in enger Zusammenarbeit mit zwei Fahrzeugherstellern in der Schweiz und in den Niederlanden erarbeitet wurde.
Die AGSE sei auch an einer engen Zusammenarbeit mit der öffentlichen Hand sehr interessiert, betont Adolf Rütti. «Eine Kooperation von Herstellern der Privatwirtschaft und öffentlicher Hand drängt sich hier fast auf.» Zwar müsse die öffentliche Hand nicht alles investieren, aber die Leitplanken festlegen, damit die Gemeinden entsprechend handeln.