«Klimageld verschwindet in Excel-Tabellen»
03.12.2020 Baselbiet, Maisprach, Gesellschaft, Landwirtschaft, NaturSVP-Landrat Markus Graf propagiert Pflanzenkohle
Dem Humusaufbauprojekt des Ebenrains und der BLKB kann SVP-Landrat Markus Graf nicht viel abgewinnen. Für ihn gibt es effizientere Möglichkeiten, um CO2 zu reduzieren. Mit einem Postulat fordert er den Regierungsrat auf, Anlagen, mit deren ...
SVP-Landrat Markus Graf propagiert Pflanzenkohle
Dem Humusaufbauprojekt des Ebenrains und der BLKB kann SVP-Landrat Markus Graf nicht viel abgewinnen. Für ihn gibt es effizientere Möglichkeiten, um CO2 zu reduzieren. Mit einem Postulat fordert er den Regierungsrat auf, Anlagen, mit deren Hilfe Holz zu Pflanzenkohle wird, finanziell zu unterstützen.
Ueli Frei
Herr Graf, das Humusaufbauprojekt des Ebenrain-Zentrums und der BLKB stösst bei Ihnen auf Unverständnis. Wieso?
Markus Graf: Messen kann man vieles, Experten und Praktiker bezweifeln aber, ob diese Messungen im Feld wirklich zuverlässig durchgeführt werden können und für die kurze Projektdauer aussagekräftig genug sind. Zudem gehören die Schweizer Böden zu den bestuntersuchten weltweit. Das Klimageld der BLKB verschwindet in Excel-Tabellen, Papier und Diagrammen. Der direkte Mehrwert für das Klima und die Natur ist deshalb sehr gering.
Der Mehrwert des Ebenrain-Projekts sei fragwürdig, schreiben Sie in Ihrem Postulat an die Regierung.
Die am Projekt teilnehmenden Landwirte lassen sich für vergleichsweise wenig Geld für eine PR-Aktion einspannen. Ebenso besteht die Gefahr, dass Landwirte belohnt werden, die bis anhin wenig Sorge zum Boden getragen haben. Diese Meinung vertritt übrigens der Bauernverband beider Basel. Das Wetter, zum Beispiel ein heftiges Gewitter oder die Bodenbearbeitung, haben direkten Einfluss auf die Böden. Die Herbstsaat dieses Jahr zeigte es. Im Oktober war es zu nass, und wenn man nicht aufpasste, nahm der Boden Schaden.
Was schlagen Sie als Alternative vor?
Die andere Aktion der BLKB, das Setzen der 1000 Zukunftsbäume, finde ich gut: unbürokratisch und wirksam. Die Bank könnte aber auch den Anbau von Zwischenfrüchten, Untersaaten oder Gründüngung fördern. Auch eine Idee wäre, wenn die BLKB bei ihren Liegenschaften Glastonnen aufstellen würde, um dort Grünalgen wachsen zu lassen. Diese könnten die Landwirte als Gründünger einsetzen. Mit solchen Massnahmen ist die CO2-Reduktion konkret messbar.
Und mittels Pyrolyse wollen Sie aus Holzschnitzeln Pflanzenkohle produzieren, wie Sie das mit einem heute im Landrat traktandierten Vorstoss verlangen.
Pflanzen speichern Kohlenstoff. Beim Zerfall durch Feuer oder Fäulnis wird dieser Kohlenstoff wieder freigesetzt. Bei der Pyrolyse werden die Pflanzenreste aber ohne Verbrennung verkohlt. Der Kohlenstoff wird somit nicht wieder an die Atmosphäre abgegeben. Die Landwirte können Pflanzenkohle als Futtermittelzusatz, Einstreu oder direkt als Bodenverbesserer einsetzen.
Was kostet eine solche Anlage und wer tritt als Investor auf?
Eine Anlage ab 100 Kilowatt Leistung eignet sich in der Landwirtschaft und kostet rund 120 000 Franken. Kleinere Anlagen könnten auch von Privatpersonen finanziert werden. Dabei kann die Abwärme zum Heizen genutzt werden. Auch ein Blick zu unseren Nachbarn lohnt sich: In Basel-Stadt nehmen die IWB demnächst eine Pyrolyseanlage in Betrieb. Die Abwärme fliesst ins Fernwärmenetz.
Woher stammt das Holz?
Grundsätzlich lassen sich praktisch alle Pflanzenreste verwenden, auch minderwertige. Rebholz eignet sich bestens, aber auch Strauchschnitt. Gemeinden mit viel Abfall- und Restholz könnten damit ihre CO2-Bilanz verbessern. Für die Pyrolyse eignen sich speziell auch Siebreste, jener Feinanteil aus der Holzschnitzelproduktion, der nicht für die Schnitzelfeuerung verwendet werden kann.
In seiner Antwort auf Ihr Postulat kritisiert der Regierungsrat die mangelnde Energieeffizienz von Pyrolyseanlagen.
Ja, der Regierungsrat beantragt, meinen Vorstoss abzulehnen. Er betrachtet den Einsatz von Pflanzenkohle als Fremdstoffeintrag in unsere Böden. Zudem sei die Energieausbeute zu gering. Bei der Pyrolyse ist die Wärme aber nur ein Nebenprodukt, das zum Heizen, Trocknen oder zur Warmwasseraufbereitung genutzt werden könnte. Schade, andere Kantone sind schon viel weiter. Mit dem «Ökozentrum Langenbruck» haben wir zudem ein Institut vor der Haustüre, das sich seit Jahren mit dieser Thematik beschäftigt.
Wo sehen Sie die Vorteile von Pflanzenkohle im Vergleich zum Humusaufbauprojekt?
Die Landwirte sind grundsätzlich an Alternativen interessiert. Pflanzenkohle ist vielseitig einsetzbar. Als Futterzusatz hilft sie bei Durchfallerkrankungen und stärkt das Immunsystem. Das reduziert den Antibiotikaeinsatz. Bei der Lagerung bindet die Pflanzenkohle Nährstoffe und lässt diese nicht in die Luft entweichen. Im Boden werden diese Nährstoffe nach Bedarf wieder abgegeben.
Über das Humusaufbauprojekt haben wir in der «Volksstimme» vom 27. November, Seite 5, berichtet. Titel: «Mit Humus gegen den Klimawandel».