«1938 war der Name eine gute Idee»
09.07.2020 Baselbiet, Gastronomie, WirtschaftPaul Aenishänslin
Der General-Sutter-Kirsch ist der wohl berühmteste Baselbieter Kirsch. Susanne Nebiker, welche die alteingesessene Sissacher Firma zusammen mit ihrem Bruder in dritter Generation führt, erklärt den Ursprung dieser Namensgebung: «Mein Grossvater Hans ...
Paul Aenishänslin
Der General-Sutter-Kirsch ist der wohl berühmteste Baselbieter Kirsch. Susanne Nebiker, welche die alteingesessene Sissacher Firma zusammen mit ihrem Bruder in dritter Generation führt, erklärt den Ursprung dieser Namensgebung: «Mein Grossvater Hans Nebiker hatte einen Bruder, der nach Kalifornien auswanderte. Er schrieb ihm, dass der Baselbieter Johann August Sutter dort eine berühmte Persönlichkeit sei, da auf seiner Ranch am Sacramento River 1848 das erste Gold gefunden worden sei.»
Dies sei der Auslöser des «Gold Rush» gewesen, der Hunderttausende von neuen Einwohnern nach Kalifornien brachte. Es seien Strassen, Spitäler, ja Bergspitzen nach ihm benannt. Diese Information brachte Hans Nebiker im Jahr 1938 dazu, seinen Kirsch nach dem berühmten Baselbieter zu benennen. «Es gibt ja auch einen Cognac, der nach Napoleon benannt ist. Für die Etikette dieses General-Sutter-Kirschs stand ein Porträt von Frank Buchser Pate, der vom Bundesrat nach Amerika geschickt worden war, um dort bekannte und erfolgreiche Amerikaner zu malen», sagt Susanne Nebiker.
5000 Liter Kirsch
Die aktuelle Kontroverse um Johann August Sutter, dem vorgeworfen wird, versklavte amerikanische Ureinwohner, Indianer des Stamms der Navajo, beschäftigt zu haben, ist nicht neu.
Schon vergangenes Jahr gab es kritische Stimmen, nachdem eine Historikerin die Tagebücher von Heinrich Lienhard, einem Schweizer Mitarbeiter von General John Sutter, ausgewertet hatte.
Seit dem Beginn der Black-Lives-Matter-Unruhen in den USA und dem Besprayen eines Sutter-Denkmals vor einem nach ihm benannten kalifornischen Spital wird auch bei uns eine Diskussion geführt. Ist es noch opportun, ein bekanntes Schweizer Produkt nach dem abenteuerlichen Auswanderer in die USA zu benennen? Gelebt hat dieser von 1803 bis 1880, seine Mutter stammte aus dem deutschen Kandern, sein Vater aus Rünenberg. «Würden wir heute einen neuen Kirsch taufen, würden wir ihn wahrscheinlich nach keiner bekannten Baselbieter Persönlichkeit mehr benennen», sagt Susanne Nebiker. «Aber 1938 war das eine gute Idee.» Die Geschäftsleitung sei damit beschäftigt, die Situation laufend neu zu analysieren. «Noch haben wir keinen Entscheid gefällt, ob es beim Namen General-Sutter-Kirsch bleibt oder nicht.»
Die Vorwürfe, denen General Sutter ausgesetzt ist, haben auf den Geschäftsverlauf der Nebiker AG bisher keinen Einfluss. Die Firma hat die Covid-19-Krise bisher gut gemeistert. Der General-Sutter-Kirsch ist immer noch gleich gefragt. Pro Jahr verarbeitet die General-Sutter-Distillery bis zu 50 Tonnen Kirschen zu Kirsch, was etwa 5000 Liter ergibt – einen Liter pro 10 Kilo Kirschen.
In der Bäckerei Gunzenhauser in Sissach, die infolge Umbauarbeiten ihr Angebot in das Café Caprice gezügelt hat, stehen die General-Sutter-Kirschstängeli immer noch zum Verkauf. Rahel Metz vom Verkauf gibt in diesem Zusammenhang folgende Auskunft: «Es ist von der Geschäftsleitung kein Entscheid bekannt, diese Kirschstängeli aus dem Sortiment zu kippen. Sie werden von uns weiterhin verkauft.» Es wird sich zeigen, ob es dabei bleibt.