Nicht den Hauch einer Chance
30.06.2020 Baselbiet, Rünenberg, Böckten, OberdorfPeter Grieder muss Präsidium an Thomas Zumbrunn abgeben
Bei den Präsidiumswahlen gab es am Sonntag eine faustdicke Überraschung. Der Rünenberger Amtsinhaber Peter Grieder hatte gegen Herausforderer Thomas Zumbrunn nicht den Hauch einer Chance. Klar im Amt bestätigt wurden Elmar ...
Peter Grieder muss Präsidium an Thomas Zumbrunn abgeben
Bei den Präsidiumswahlen gab es am Sonntag eine faustdicke Überraschung. Der Rünenberger Amtsinhaber Peter Grieder hatte gegen Herausforderer Thomas Zumbrunn nicht den Hauch einer Chance. Klar im Amt bestätigt wurden Elmar Gürtler (Böckten) und Piero Grumelli (Oberdorf).
Christian Horisberger
Gültige Wahlzettel: 285. Absolutes Mehr: 143 Stimmen. Stimmen für Peter Grieder: 71. Stimmen für Thomas Zumbrunn: 210. So ging am Sonntag die Wahl ums Rünenberger Gemeindepräsidium aus. Somit löst der 43-jährige Herausforderer Zumbrunn den seit zweieinhalb Jahren amtierenden Präsidenten Grieder ab.
Das eindeutige Ergebnis überrascht beide Kandidaten. Grieder kann sich keinen Reim darauf machen, da ihm im Dorf keine Kritik zu seiner Amtsführung zu Ohren gekommen sei. Er könne höchstens spekulieren: Anders als sein Gegner habe er keinen Wahlkampf gemacht, da er der Meinung gewesen sei, dass ihn die Rünenberger ja kennen würden, er im Dorf stark verankert sei, bereits 18 Jahre im Gemeinderat mitwirke und vor zwei Jahren bei seiner Wahl ins Präsidium 210 Stimmen erhalten habe. Allenfalls habe Zumbrunn mit der Jugend gepunktet, mit neuen Ideen.
Die hat der künftige Gemeindepräsident tatsächlich. Und er hat sie vor der Wahl in die Waagschale geworfen: Solange Rünenberg eine eigenständige Gemeinde sei, fühle er sich in erster Linie Rünenberg verpflichtet. Die Kooperation mit den Verwaltungsverbund-Gemeinden Zeglingen und Kilchberg komme für ihn erst an zweiter Stelle, machte er in seinem Wahl-Flyer deutlich. «Beim bisherigen Präsidenten hatte ich das Gefühl, es sei eher umgekehrt», fügt Zumbrunn gegenüber der «Volksstimme» an. Grieder bestätigt, dass die Zusammenarbeit mit anderen Gemeinden «sein Ding» sei. Er habe seinerzeit den Verwaltungsverbund befürwortet und stehe bis heute für Kooperationen bei Aufgaben ein, die kleine Gemeinden kaum mehr alleine stemmen könnten: Feuerwehr, Verwaltung, Sozialhilfe und neu der Werkhof.
Sutter-Debatte nicht entscheidend
Wie es zu diesem eindeutigen Ergebnis kam, vermag Zumbrunn nicht mit Bestimmtheit zu sagen. Gezielt mobilisiert habe er nicht. Er könne sich jedoch vorstellen, dass Rünenbergerinnen und Rünenberger, die seine Positionen teilen, für ihn «geweibelt» seien – auch andere Mitglieder des Gemeinderats.
Hat die Diskussion um General Sutter und das Denkmal in Rünenberg die Wahl mitentschieden? Zumbrunn äusserte sich nicht öffentlich, Grieder verurteilte gegenüber «Onlinereports» die Aktion der Juso und bezeichnete Sutter undifferenziert als «guten Mann». Beide Kandidaten denken nicht, dass der «General» die Wahl massgeblich beeinflusst hat.
Anstatt gross über die Gründe für das Ergebnis zu spekulieren, blickt der frisch gewählte Präsident lieber nach vorne. Er fühle sich durch die Wahl verpflichtet, zusammen mit seinen Kolleginnen und Kollegen im Rat, gewisse Dinge anders zu machen: Er wolle die Kommunikation innerhalb des Gemeinderats und mit der Bevölkerung intensivieren, er werde die Rünenberger stärker in Entscheide einbeziehen und besser informieren. Und in den Gesprächen mit den beiden anderen Präsidenten der Verwaltungsverbundgemeinden werde er die Interessen seines Dorfs klar einbringen. Längerfristig ist es Zumbrunn ein Anliegen, die «leidige Turnhallengeschichte» voranzutreiben. Die Sanierung beziehungsweise der Neubau steht seit Jahren zur Debatte. Ein Bauprojekt war 2016 an der Urne verworfen worden.
Wird Peter Grieder nach der Ohrfeige weiterhin für sein Dorf im Gemeinderat wirken? Er lässt es noch offen: «Ich werde erst einmal zwei, drei Nächte darüber schlafen müssen», sagte er nach dem Auszählen der Stimmen. Zumbrunn hätte aufgrund des krassen Ergebnisses – «offenbar ist stark in den Hintergrund getreten, dass er bereits seit 18 Jahren für die Gemeinde tätig ist» – Verständnis für einen Rückzug Grieders. Nachdem es zwischen ihm und seinem Vorgänger aufgrund unterschiedlicher Positionen oft Spannungen gegeben habe, sei es womöglich fast einfacher, mit einer neuen Kraft zusammenzuarbeiten, sagt er.
Weitere Kampfwahlen gab es am Sonntag in Oberdorf und Böckten. Beide Amtsinhaber schafften die Wiederwahl deutlich. Oberdorfs Gemeindepräsident Piero Grumelli entschied das Rennen mit 361 gegen 101 Stimmen, die für Herausforderer Michael Wild abgegeben wurden, klar für sich. Hannes Schweizer erhielt 40 Stimmen. Das absolute Mehr lag bei 252 Stimmen, die Wahlbeteiligung betrug 32 Prozent. Grumelli freut sich auf eine kommende, «gute und kreative» Amtsperiode und eine fruchtbare Zusammenarbeit im Gemeinderat».
Zu Grumellis vielen Gratulanten gehörte am Sonntag auch der unterlegene Michael Wild. Er nehme die Niederlage sportlich und freue sich nun darauf, mit am Karren zu ziehen – «nun eben nicht als Präsident, sondern als normaler Gemeinderat».
Herausforderung nicht goutiert
Noch klarer als Grumelli wurde Böcktens Gemeindepräsident Elmar Gürtler bestätigt: Von 232 gültigen Stimmen erhielt er deren 180. Herausforderer Andreas Gerber musste sich mit 45 Stimmen begnügen. Das absolute Mehr betrug 117 Stimmen, die Wahlbeteiligung lag bei 41 Prozent. «Ich war mir bis zuletzt nicht sicher, ob die Wiederwahl klappen würde und bin froh über das deutliche Ergebnis», erklärte Gürtler nach der Wahl. Dies sei eine schöne Bestätigung für seine Arbeit.
Verlierer Gerber zeigte sich enttäuscht über sein schwaches Abschneiden. Aufgrund der Rückmeldung vor der Wahl habe er sich mehr versprochen. Möglicherweise sei es von den Wählerinnen und Wählern nicht goutiert worden, einen amtierenden Präsidenten herauszufordern oder «sie haben keine Lust auf etwas Neues». Er sei nach wie vor der Überzeugung, dass es einige Dinge – insbesondere in der Kommunikation – zu verbessern gib. «Als Gemeindepräsident hat man dafür mehr Möglichkeiten, aber nun werde ich es eben als Gemeinderat versuchen.»