Herausforderer gehen in Offensive
16.06.2020 Bezirk Sissach, Wahlen, Rünenberg, Böckten, Oberdorf, Politik, Bezirk WaldenburgKampfwahlen ums Gemeindepräsidium
Am 28. Juni stehen die Urnenwahlen für die Gemeindepräsidien an. In der Regel wird dem Amtsträger der Vortritt gelassen. Nicht so in Böckten, Oberdorf und Rünenberg, wo Kampfwahlen bevorstehen. Die Herausforderer geben sich ...
Kampfwahlen ums Gemeindepräsidium
Am 28. Juni stehen die Urnenwahlen für die Gemeindepräsidien an. In der Regel wird dem Amtsträger der Vortritt gelassen. Nicht so in Böckten, Oberdorf und Rünenberg, wo Kampfwahlen bevorstehen. Die Herausforderer geben sich selbstbewusst.
Christian Horisberger
In den meisten Gemeinden ist die Wahl des Präsidiums Formsache: Es gilt, den Amtsinhaber oder die Amtsinhaberin zu bestätigen oder den Namen des einzigen Kandidaten oder der Kandidatin auf den Wahlzettel zu schreiben. Nicht so in Oberdorf, Rünenberg und Böckten. Dort kommt es zu einer Kampfwahl.
Im Vorfeld des Urnengangs sind vor allem die Herausforderer aktiv. Alle drei haben Flugblätter verbreitet, auf denen sie ihre Vorzüge anpreisen und sich vorstellen. Besonders hilfreich ist dies für die Einwohnerinnen und Einwohner von Oberdorf. Zwar gehört Michael Wild seit 2016 der Rechnungs- und Geschäftsprüfungskommission (RGPK) an, doch hat er noch an keinem einzigen Tag in der Exekutive mitgewirkt. Der 54-Jährige wurde erst im vergangenen Februar in den Gemeinderat gewählt; die Legislatur beginnt am 1. Juli.
Das Kernthema Wilds sind die Finanzen. Er arbeitet als Finanzinspektor beim Amt für Gemeinden und Raumordnung des Kantons Bern. Wie er in seiner Wahlwerbung schreibt, habe er während seiner Arbeit in der Oberdörfer RGPK den Eindruck gewonnen, dass der jetzige Gemeinderat «eher plan-/konzeptlos, ja sogar ohne Strategie arbeitet». Die Gemeinde leide unter einem strukturellen Defizit von rund 400 000 Franken jährlich. Sein Ziel sei es, dieses abzubauen und langfristig die Steuern wieder zu senken. Ferner wolle er die Brachen im Dorf raumplanerisch entwickeln oder einer neuen Nutzung zuführen. «Es braucht Leadership, und ich möchte gestalten, nicht nur verwalten», schreibt Wild weiter. Führungserfahrung habe er in Beruf und Militär erworben.
Amtsinhaber halten sich zurück
Der herausgeforderte Amtsinhaber Piero Grumelli hatte bei der Gesamterneuerungswahl mit 425 Stimmen das beste Ergebnis erzielt, Neuling Michael Wild belegte mit 32 Stimmen Rückstand Platz drei. Der Wahl sieht Grumelli gespannt entgegen: Um ein wirkliches Feedback zu erhalten, sind Wahlen das beste «Barometer». Sein Wahlkampf ist eher defensiv: Es sei seitens Partei und Wähler ein Inserat geschaltet worden, zudem nutze er seine Social-Media-Kanäle. «Ansonsten bin ich der Meinung, dass man nicht kurz vor Schluss noch vier Jahre zurechtbiegen kann, sollte man nicht gute Arbeit geleistet haben.»
Falls er das Duell gegen den Neuling verliere, werde er keinesfalls zurücktreten: «Ich bin als Gemeinderat mit dem besten Resultat gewählt worden. Das interpretiere ich so, dass die Wählerinnen und Wähler mit meiner Arbeit zufrieden sind.» Er freue sich auf die weitere Arbeit in der Exekutive – wer auch immer in den nächsten vier Jahren das Präsidium innehat.
Zwei Routiniers stehen in Böckten im Ring. Elmar Gürtler, seit 2000 im Gemeinderat und seit 2008 Präsident, und Andreas Gerber, der eine Amtsperiode absolviert hat. Er habe Freude am Amt und das Präsidium würde ihn reizen, begründet Gerber sein Antreten. Seine Kandidatur sei nicht als Fundamentalkritik am Amtsinhaber zu verstehen, betont der Herausforderer. Jedoch hat er das Gefühl, dass der Gemeinde nach vielen Jahren unter derselben Führung ein Wechsel an der Spitze guttäte und frischen Wind brächte. Auch mehr Nähe zur Bevölkerung: «Der Gemeinderat ist meiner Ansicht nach zu weit weg von den Einwohnern.» Der Präsident werde von den Vereinen an Dorfanlässen oft vermisst, nennt Gerber ein Beispiel.
«Auswahl, nicht Angriff»
Die Stimmung im Gemeinderat habe nach der Bekanntgabe seiner Kandidatur nicht gelitten, sagt Gerber. «Es gab vorher Diskussionen – auf der Sachebene – und die gibt es heute ebenso.» Überdies versteht Gerber seine Kandidatur nicht als Angriff auf Gürtler, vielmehr habe die Bevölkerung damit eine Auswahl. «Die hat sie in den meisten Fällen nicht.»
Bei den Gesamterneuerungswahlen hatte Gerber mit 193 Stimmen den vierten Platz belegt, 21 Stimmen hinter dem drittplatzierten Gürtler. Die Abstände seien gering gewesen, sagt Gerber, daher rechne er sich gute Chancen aus. Nicht nur deswegen: Als er mit seinen Flugblättern unterwegs war, habe er in verschiedenen Gesprächen positive Rückmeldungen auf seine Kandidatur erhalten.
Keinen Wahlkampf macht der Amtsinhaber, der von der Gegenkandidatur «wenig begeistert» ist, wie er auf Anfrage sagt. Ob er nach einer Niederlage dem Gremium als Gemeinderat weiter zur Verfügung steht, lässt Elmar Gürtler offen: «Wie es nach der Wahl weitergehen soll, wird sich zur gegebenen Zeit zeigen.»
Frisches Blut gegen Alteingesessenen lautet die Affiche in Rünenberg. Der vor zweieinhalb Jahren in den Rat gewählte Thomas Zumbrunn fordert Peter Grieder heraus, der dem Rat seit 18 Jahren angehört und ihn seit 2018 präsidiert. Das Spitzenergebnis der diesjährigen Erneuerungswahlen (Zumbrunn lag vorne, Grieder belegte Platz drei) habe ihn motiviert, fürs Amt zu kandidieren, schreibt Zumbrunn in seinem Werbeflyer für die Präsidentenwahl. Er nennt darin einige Schwerpunkte, die er setzen möchte: mehr Einflussnahme beim Verwaltungsverbund mit Kilchberg und Zeglingen, bedürfnisgerechte Digitalisierung sowie Informatikmittel auch für die Behörden, Vorbildfunktion bei der nachhaltigen Energieversorgung und Massnahmen gegen die sich immer stärker abzeichnende Wasserknappheit in den Sommermonaten. Im Weiteren stehe er für mehr Kommunikation und Transparenz: «Der Gemeinderat sollte viel mehr von dem, was er im stillen Kämmerlein berät, mit den Einwohnerinnen und Einwohnern teilen.»
«Zum Wohl der Gemeinde»
Der amtierende Präsident betreibt keinen aktiven Wahlkampf, wie er auf Anfrage erklärt. «Da ich in Rünenberg aufgewachsen und auch Bürger bin, kennt mich die Bevölkerung.» Auch habe er bei verschiedenen Anlässen und Veranstaltungen aktiv mitgewirkt und dabei auch viele Neuzuzüger kennengelernt. «Ich denke, dies spricht für sich. Seit 17 Jahren bin ich nun schon zum Wohl der Gemeinde tätig.»
Ob er im Fall einer Abwahl dem Gemeinderat erhalten bleibt, lässt Grieder offen: «Wenn die Wahl vorbei ist, wird sich für mich, egal wie das Ergebnis ausfällt, der richtige Weg schon weisen. Es ist noch alles offen.» Die Gegenkandidatur kommentiert Grieder rational: «Jeder hat das Recht, sich für ein Amt zur Verfügung zu stellen. Am Ende wählt die Bevölkerung.»
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So wird gewählt, das sind die Kandidierenden
vs. In zahlreichen Gemeinden des oberen Baselbiets ist die Wahl des Präsidenten oder der Präsidentin mehrheitlich in stiller Wahl erfolgt und erwahrt, in manchen steht diese noch aus. Urnenwahlen sind dort angesetzt, wo entweder mehrere Kandidierende antreten oder in der Gemeindeordnung eine stille Wahl nicht vorgesehen ist. Einige wenige Dörfer wählen ihr Oberhaupt erst am 27. September.
Stille Wahl: Anwil (Marcel Koenig), bisher. Arisdorf (Markus Miescher, bisher). Bennwil (Verena Scherrer, bisher). Bretzwil (Mike Nachbur, bisher). Bubendorf (Walter Bieri, SVP, bisher). Buckten (Daniel Meier, neu). Eptingen (Melanie Wussler, bisher). Hölstein (Andrea Heger, EVP, bisher). Itingen (Martin Mundwiler, bisher). Känerkinden (Adrian Ammann, bisher). Langenbruck (Hector Herzig, bisher). Lausen (Peter Aerni, BVL, bisher). Maisprach (Caroline Weiss Nyfeler, neu). Niederdorf (Martin Zürcher, bisher). Oltingen (Stefan Eschbach, bisher). Ramlinsburg (Stephanie Oetterli Lüthi, bisher). Rothenfluh (Paul Schaub, bisher). Rümlingen (Matthias Liechti, bisher). Sissach (Peter Buser, bisher). Tecknau (Patrik Wohlgemuth, neu). Tenniken (Sandra Bätscher, bisher). Thürnen (Alfred Hofer, BVT, bisher). Waldenburg (Andrea Kaufmann, FDP, bisher). Wintersingen (Michael Schaffner, bisher). Wittinsburg (Caroline Zürcher, bisher).
Urnenwahl am 28. Juni: Arboldswil (Johannes Sutter (SVP, bisher). Böckten (Elmar Gürtler, bisher; Andreas Gerber). Buus (Nadine Jermann, bisher). Diegten (Ruedi Ritter, SVP, bisher). Diepflingen (Markus Zaugg, bisher). Häfelfingen (Rainer Feldmeier, neu). Hemmiken (Alfred Sutter, bisher). Hersberg (Iris Allenspach Bachmann, bisher). Kilchberg (Marcel Aeschbacher, bisher). Lampenberg (Charlotte Gaugler, bisher). Läufelfingen (Sabine Bucher, bisher). Lauwil (Thomas Mosimann, bisher). Liedertswil (Sonja Gschwind, bisher). Lupsingen (Sibylle Wanner, neu). Oberdorf (Piero Grumelli, CVP, bisher; Michael Wild). Reigoldswil (Fritz Sutter, neu). Rickenbach (Matthias Huber, bisher). Rünenberg (Peter Grieder, bisher; Thomas Zumbrunn). Titterten (Verena Heid, neu). Wenslingen, Andreas Gass, bisher). Zeglingen (Fredi Rickenbacher, bisher). Ziefen (Cornelia Rudin, bisher). Zunzgen (Hansruedi Wüthrich, VFWZ, neu).
Urnenwahl am 27. September: Gelterkinden (keine offizielle Kandidatur). Nusshof (Ersatzwahl. Inoffizieller Kandidat: Patrick Born. Wahl des Präsidiums erfolgt zu einem späteren Zeitpunkt). Ormalingen (keine offizielle Kandidatur).