Der Gipskeuper gibt keine Ruhe
25.06.2020 Bezirk Sissach, Verkehr, SissachNachtsperrungen im Chienbergtunnel
Er ist seit Inbetriebnahme ein Problemfall: der Chienbergtunnel. Auch wenn der Automobilist beim Durchfahren nichts davon spürt, drückt der Berg nach wie vor munter weiter.
Elmar Gächter
Der Chienbergtunnel lebt. Wie als ...
Nachtsperrungen im Chienbergtunnel
Er ist seit Inbetriebnahme ein Problemfall: der Chienbergtunnel. Auch wenn der Automobilist beim Durchfahren nichts davon spürt, drückt der Berg nach wie vor munter weiter.
Elmar Gächter
Der Chienbergtunnel lebt. Wie als Beweis gibt einer der Felsanker sein typisches Knirschgeräusch von sich, mit der er eine Kaltverformung des Ankerstahls anzeigt. Mehr als 1100 dieser Anker sind in den sogenannten Hebungszonen rund 20 Meter tief in den Felsen gebohrt, um den Boden des Energieleitungs- und Fluchtstollens unterhalb der Fahrbahn nicht allzu stark anschwellen zu lassen. Und trotzdem hat sich in der Hebungszone West der Untergrund in den vergangenen Jahren kontinuierlich nach oben bewegt.
Tausende von Kubikmetern Material sind seit der Inbetriebnahme des Tunnels vor etwas mehr als 14 Jahren in dieser rund 380 Meter langen Problemzone mit grossem Aufwand bereits abgebaut und entsorgt sowie Dutzende von Ankern ersetzt worden. Im Gegensatz zu jenen 60 Metern in der Hebungszone Ost, die weitgehend ruhig sind, entwickelt der Gipskeuper hier gepaart mit Feuchtigkeit laufend enorme Kräfte. Um bis zu 60 Zentimeter hat sich die Sohle hier auf einer Länge von rund 100 Metern gegenüber der letzten Sanierung von 2012/13 gehoben.
«Wir müssen gewährleisten, dass einerseits der Fluchtweg bei einem Ereignis auf der Fahrbahn in der Tunnelröhre sichergestellt ist und andererseits die Fahrzeuge für den Unterhalt der Wasserleitungen sowie für Kontrollarbeiten zirkulieren können», begründet Projektleiter Ulrich Püschner vom kantonalen Tiefbauamt die jetzigen Massnahmen. Gegen 800 Kubikmeter Beton und Gipskeuper müssen weitgehend maschinell entfernt und durch kreisrunde Öffnungen in der Fahrbahn von einem Spezialfahrzeug abgesaugt werden. Durch diese Öffnungen wird auch der neue Beton zugeführt. Diese Arbeiten führen denn auch zu vorübergehenden Nachtsperrungen des Tunnels.
Sicherheit ist nicht gefährdet
Die Felsanker mit ihrem Gleitsystem können bis zu 200 Tonnen Druck aufnehmen. Sie werden laufend kontrolliert und bei Erreichen einer Belastungsgrenze von 160 Tonnen wird der Kopf entsprechend manipuliert, sodass die Kräfte wieder kleiner werden. Gegen 20 Anker müssen im Zuge der jetzigen Massnahmen gegen neue ausgetauscht werden, da sie abgerissen sind. Das eigentliche Tunnelfundament stützt sich auf die sogenannten Knautschkörper, die eine Stabilität der Fahrbahn gewährleisten. «Es zeigen sich an der Tunnelröhre zwar gewisse Deformationen, die wir langfristig angehen müssen. Die Sicherheit des Tunnels ist jedoch in keiner Art und Weise gefährdet», gibt der Projektleiter Entwarnung.
Gerne hätte der Kanton den Chienbergtunnel an den Bund abgetreten, so wie er es mit der offenen Strecke der A22 von Sissach bis Pratteln auf Anfang dieses Jahres vollziehen konnte. Dann hätte er die rund 2,3 Millionen Franken, welche die jetzigen Massnahmen verschlingen, für andere notwendige Investitionen einsetzen können. So aber bleibt der bauliche Unterhalt, der seit Inbetriebnahme des Tunnels im Dezember 2006 mit durchschnittlich einer halben Million Franken jährlich zu Buche schlägt, am Baselbiet hängen – wie im Übrigen auch der betriebliche Unterhalt in ähnlicher Kostengrösse.
Gearbeitet wird in den kommenden Wochen nicht allein im Untergrund, sondern auch in der Tunnelröhre selber. Die Nationalstrassen Nordwestschweiz AG (NSNW), die den betrieblichen Unterhalt im Chienbergtunnel im permanenten Auftrag des Kantons durchführt, wird in drei Nächten im September die Kanalisations- und Drainageleitungen spülen, kleinere Reparaturarbeiten sowie Kontrolltätigkeiten vornehmen. Dabei wird der Tunnel abends ab 19 Uhr bis morgens um 5 Uhr gesperrt sein, wie Andreas Lüdi von der NSNW festhält. Ab Dezember soll der Chienbergtunnel wieder ohne Einschränkungen befahrbar sein.