Zwei Fliegen auf einen Streich
19.05.2020 Baselbiet, Gemeinden, GesellschaftDie meisten Banntage sind abgesagt – Zeglingen holt ihn am 1. August nach
Die Coronavirus-Pandemie hat viele Gemeinden im Baselbiet bewogen, den Banntag zu verschieben. Ob die Bundesfeier stattfinden kann, hängt von der weiteren Entwicklung ab. Einzig Zeglingen plant optimistisch und ...
Die meisten Banntage sind abgesagt – Zeglingen holt ihn am 1. August nach
Die Coronavirus-Pandemie hat viele Gemeinden im Baselbiet bewogen, den Banntag zu verschieben. Ob die Bundesfeier stattfinden kann, hängt von der weiteren Entwicklung ab. Einzig Zeglingen plant optimistisch und führt die beiden Volksanlässe gemeinsam durch.
Otto Graf
Der Auffahrtstag ist in vielen Gemeinden auch der Banntag, der, je nach Gepflogenheit, jährlich, jedes zweite oder jedes dritte Jahr begangen wird. Heuer haben die Coronaviren diesen Zeitplan gesprengt. Zahlreiche Gemeinden mussten den traditionellen Volksanlass aufgrund der Weisungen des Bundes absagen oder auf ein anderes Datum verschieben.
Und ob die Bundesfeier, ebenfalls eine Veranstaltung, bei der viele Leute zusammenkommen, stattfinden kann, ist noch offen und hängt von der weiteren Entwicklung der Pandemie und von den verhängten Verhaltensregeln ab. Die «Volksstimme» hat in den rund 50 Gemeinden ihres Erscheinungsgebiets nachgefragt, was bezüglich des Bannumgangs und der 1.-August-Feier geplant ist. Der überwiegende Teil der angefragten Kommunen hat den Banntag abgesagt und um ein Jahr verschoben. Bei der Bundesfeier warten viele Gemeinden die weitere Entwicklung ab und entscheiden erst später.
Doch in Zeglingen mag man mit dem Volksfest nicht ein Jahr zuwarten. Der Gemeinderat hat als neuen Termin den 1. August bestimmt – und ihn mit der Bundesfeier zusammengelegt. «Damit treffen wir zwei Fliegen auf einen Streich», erklärt Gemeindepräsident Fredi Rickenbacher. Vorbehalten bleibe, dass die behördlichen Einschränkungen die Veranstaltung überhaupt zulassen. Der gemeinschaftliche Anlass, so Rickenbacher, sei schlicht die Gelegenheit, die wegen der Pandemie verhinderten Aktivitäten aus dem Dornröschenschlaf zu wecken und die der Bevölkerung auferlegten Sorgen und Einschränkungen etwas vergessen zu lassen. «Wir sind überzeugt, dass das Fest den Alltag im Dorf neu beleben wird», meint der Präsident zuversichtlich.
Der alle drei Jahre stattfindende Banntag, betont er, sei für Zeglingen ein wichtiges Ereignis, zähle man doch jeweils gegen 350 Personen, darunter viele Heimwehzeglingerinnen und -zeglinger, die den Marsch entlang der Banngrenzen zum Festplatz bei der Jägerhütte in der Zahnlücke – so heisst der Ort oberhalb der Skihütte – unter die Füsse nehmen.
Da der Nationalfeiertag heuer auf einen Samstag und somit auf einen optimalen Tag zum Feiern fällt, liege es auf der Hand, den Banntag mit der Bundesfeier zu kombinieren, sagt Rickenbacher. Für die Organisation des Anlasses zeichnen Gemeinderat und Männerriege gemeinsam verantwortlich, unterstützt von vielen helfenden Händen.
Die Frauen sind schuld
Bennwil verschiebt den Banntag um vier Monate. Als neues Datum des Bannumgangs, organisiert von der Männerriege, steht der 26. September im Terminkalender. Weitere Informationen dazu kündigt der Gemeinderat im Gemeindeblatt an.
In Reigoldswil hingegen läuft alles wie geplant. Dort geht der Banntag traditionsgemäss ohnehin stets im Frühherbst über die Bühne, heuer am 27. September. Der erste Bannumgang, historisch gesehen, fand am 12. Mai 1825 statt, wie auf der Website der Gemeinde nachzulesen ist. 1833 nahmen sich 24 Mann, eingeteilt in sechs Rotten, der Kontrolle der Bannsteine an. Im Jahr 1845 einigte man sich auf «zwei Abtheilungen mit Zuziehung von Leuten». Zwischen 1915 und 1950 ist nur noch der Banntag im Jahr 1935 erwähnt.
Seit 1950 marschiert man jeweils im Herbst entlang der Grenzen. Warum der Reigoldswiler Banntag in den Herbst verschoben wurde, darüber sagt die Publikation auf der Website nichts aus.
In Titterten dagegen stellt ein Beitrag im Heimatbuch klar, warum im Herbst gewandert wird. Das im Frühjahr zu hoch stehende Gras, heisst es im Buch, sei schuld, es werde «vertrampt». Das ist aber nur die halbe Wahrheit. Die andere Hälfte der Wahrheit ist dem Buch zufolge den Frauen zuzuschreiben, die sich vor dem Zweiten Weltkrieg beim Regierungsrat beschwert haben sollen, weil die Männer ihren Banntag ziemlich ausschweifend gefeiert hätten und erst spät und singend nach Hause gekommen seien.
Darauf habe die Regierung den Titterter Banntag kurzerhand verboten. Nach dem Krieg habe die Obrigkeit den Anlass dann mit der Auflage erlaubt, dass der Banntag erst im Herbst und nur unter der Beteiligung der Frauen stattfinden dürfe. Wer weiss, vielleicht schwirren in den Hinterköpfen noch andere Erklärungen herum, warum einige Kommunen für ihre Grenzwanderungen den Herbst dem Frühjahr vorziehen.