«Ich möchte ein Vorbild sein»
01.11.2019 Baselbiet, Bildung, Porträt, SissachSvenja Fuchs steht im Final des Wettbewerbs zum «Lehrling des Jahres»
Die 23-jährige Svenja Fuchs ist Automobil-Mechatronikerin in Ausbildung und arbeitet bei der Garage Wicki AG in Sissach. Um junge Frauen zu ermutigen, in einen von Männern dominierten Beruf einzusteigen, nimmt sie an ...
Svenja Fuchs steht im Final des Wettbewerbs zum «Lehrling des Jahres»
Die 23-jährige Svenja Fuchs ist Automobil-Mechatronikerin in Ausbildung und arbeitet bei der Garage Wicki AG in Sissach. Um junge Frauen zu ermutigen, in einen von Männern dominierten Beruf einzusteigen, nimmt sie an der Wahl zum «Lehrling des Jahres» teil.
Joshua Moser
«Eine Frau in diesem Beruf ist selten», sagt Svenja Fuchs aus Oberwil. Oft höre die 23-Jährige Kommentare wie: «Du bist eine Frau – Automobil-Mechatroniker ist aber ein Männerberuf. Kannst du das überhaupt?» Ihr Antwort darauf lautet: «Ja».
Dass Fuchs mit ihrer Einschätzung richtig liegt, möchte sie während des Wettbewerbs zum «Lehrling des Jahres» unter Beweis stellen. An dieser Veranstaltung des Gewerbeverbands Basel-Stadt konnte jeder Lehrling der Region Basel teilnehmen – nur zehn haben es aber in die Endrunde geschafft. Zusammen mit ihrem Berufsbildner Oliver Sutter von der Garage Wicki AG in Sissach hat sich die Auszubildende, die sich im dritten von vier Lehrjahren befindet, beworben und ist in die Endrunde gelangt. «Um überhaupt dorthin zu kommen, musste ich meinen Lebenslauf, ein Motivationsschreiben und ein Zeugnis einsenden», sagt Fuchs. Ihr Berufsbildner musste ebenfalls erklären, weshalb er Svenja Fuchs als «Lehrling des Jahres» sieht.
«Ich bin eine Ausnahme»
In die Endrunde hat es Fuchs geschafft. «Ich habe mich natürlich mit dem Ziel beworben, zu den Finalisten zu gehören, trotzdem bin ich positiv überrascht, zu den Top-Ten zu gehören, da sich wirklich jeder in der Region bewerben konnte.» Sie sei gut in der Schule, habe sich bei der Bewerbung viel Mühe gegeben und versucht, kreativ zu sein. Ausserdem übe sie ihren Beruf sehr gerne aus. «Ein Vorteil ist wahrscheinlich auch, dass ich als Frau in diesem Berufsfeld eher eine Ausnahme bin», sagt Fuchs.
Nun steht für sie aber vor allem etwas im Vordergrund: «Ich möchte ein Vorbild sein und jungen Frauen zeigen, dass sie auch Berufe ausüben können, die momentan von Männern dominiert werden», sagt Fuchs. Dies hat sie sich zum Ziel gesetzt.
Nach der obligatorischen Schulzeit sah es noch anders aus. Sie wollte sich zur Primarlehrerin ausbilden lassen – ein typisches Frauenberufsfeld. Mitten im Studium musste sie sich aber eingestehen, dass dieser Beruf doch nichts für sie ist. Sie brach das Studium ab. Dennoch möchte Fuchs in Zukunft eine ähnliche Richtung einschlagen und Lehrerin an einer Berufsschule werden. Dazu muss sie zuerst eine Berufslehre abschliessen.
Sehen, was man geleistet hat
Damals hatte Fuchs in ihrer Freizeit begonnen, an ihrem Auto zu werkeln. Die Details über die Funktionsweise der Autos interessierten sie sehr, so lag die Wahl für eine Ausbildung zur Automobil-Mechatronikerin nahe. Nach ein paar Schnuppertagen in Sissach war ihr Entscheid gefallen: Dieser Beruf ist für sie das Richtige. «Ich mag es, wenn man am Ende des Tages sieht, was man geleistet hat, das ist ein erfüllendes Gefühl», sagt Fuchs. Sie kann sich mittlerweile vorstellen, nach der Ausbildung noch einige Jahre als Automobil-Mechatronikerin zu arbeiten und Weiterbildungen zu absolvieren, denn «der Beruf gefällt mir wirklich sehr».
Dass Fuchs auf ein Sissacher Unternehmen aufmerksam geworden ist, sei Zufall gewesen, im Nachhinein aber die ideale Entscheidung. Auf der Website lenabb.ch sei sie auf die Stellenausschreibung gestossen. Das familiäre Verhältnis im Lehrbetrieb, das unkomplizierte Bewerbungsverfahren und die Offenheit gegenüber Frauen auf diesem Berufsgebiet überzeugten Fuchs.
Dafür nimmt sie auch den langen Arbeitsweg von Oberwil nach Sissach in Kauf, obwohl sie deswegen keinen Gitarren- und Klavierunterricht mehr besuchen könne. Für den Kampfsport «Krav Maga» findet sie hingegen immer noch Zeit.
«Ausschlaggebend war auch, dass mein Lehrbetrieb zuvor schon eine Lehrtochter hatte. Sie hat mich eingeführt und gezeigt, dass man als Frau in diesem Beruf erfolgreich sein kann», so Fuchs. Die ehemalige Auszubildende sei ihr «Vorbild» gewesen. Diese Rolle will sie nun übernehmen und «Lehrling des Jahres» 2019 werden.
Reparieren mit der Jury
Am Mittwoch hat die Oberwilerin am «Contest-Tag» teilgenommen. Dort trat sie gegen die anderen neun Finalisten an. Es gab acht Posten zu absolvieren. Kreativität, soziales Verhalten, Allgemeinwissen, Geschicklichkeit und Teamfähigkeit wurden getestet.
An einem dieser Posten musste Fuchs – zusammen mit vier anderen Finalisten – einen gesunden Apéro mit Esswaren aus der Region vorbereiten. Dafür durfte ein vorgegebenes Budget nicht überschritten werden. Die Jury verteilte für jeden Posten Punkte an die Kandidaten. Auch ihren Beruf musste Fuchs vorstellen. Dafür hatte sie sich etwas Besonderes ausgedacht: Sie reparierte mit der Jury ein kaputtes Mini-Elektro-Auto. «Wir haben uns zusammen auf Fehlersuche begeben, so erlebte die Jury einen ‹Aha-Effekt› und kann sich nun vorstellen, wie meine Arbeit abläuft», sagt Fuchs.
Ob sie Chancen auf den Sieg hat, kann die Automobil-Mechatronikerin nicht abschätzen. Vergleiche seien schwierig, da ihre Mitbewerber aus verschiedensten Branchen kommen. Ihre bisherige Punktzahl kennt Fuchs nicht. Noch steht der Sieger nicht fest.
Ab kommendem Montag kann die Öffentlichkeit online bis zum 11. November abstimmen. Die so gesammelten Punkte fliessen ebenfalls in die Gesamtbewertung mit ein.
Am Tag der Preisverleihung – am 19. November – gibt es laut Fuchs in der UBS-Filiale beim Bankverein in Basel eine letzte Aufgabe zu bewältigen, danach stehe der Sieger fest. Dieser erhält 2019 Franken. «Ich fände es schön, wenn ich gewinnen würde, ganz sicher habe ich aber mein Bestes gegeben», sagt Fuchs.