Eine «ver-rückte» Baustelle
30.08.2019 Bezirk Waldenburg, HölsteinDas Impulszentrum Holdenweid öffnet seine Türen
Auch wenn Baurechtsvertrag und Sanierungsarbeiten noch auf sich warten lassen, ist im idyllischen Seitentälchen einiges los. Ein Situationsbericht.
Elmar Gächter
«Ver-rückt!» Ein Adjektiv mit verschiedenen ...
Das Impulszentrum Holdenweid öffnet seine Türen
Auch wenn Baurechtsvertrag und Sanierungsarbeiten noch auf sich warten lassen, ist im idyllischen Seitentälchen einiges los. Ein Situationsbericht.
Elmar Gächter
«Ver-rückt!» Ein Adjektiv mit verschiedenen Facetten, oft abwertend, hier aber durchaus positiv gemeint. Gesucht würden Pioniere und Querdenker, so die Stadt Basel, die als Eigentümerin die Ansiedlung Holdenweid mit ihren stark sanierungsbedürftigen Gebäuden im Baurecht abgeben will. Wer hier Fuss fassen und das idyllische Tälchen zu neuem Leben erwecken will, muss zweifellos ein wenig ver-rückt sein.
Doch dieses Attribut stört sie nicht, die Protagonisten Cornelia Huber und ihre Gleichgesinnten. Sie haben sich hier vor ein paar Jahren als Verein Frequenzwechsel mit dem Anspruch niedergelassen, ihre Vision eines Impulszentrums umzusetzen. Ein gelebtes Zukunftslabor soll entstehen, «um den Menschen in seiner Gesamtheit zu berücksichtigen und modellhafte neue Arbeits- und Lebensformen zu erproben». Doch der Weg dahin ist lang und mit vielen Quersteinen gepflastert, ihn zu begehen erfordert Durchhaltewillen.
Schon wieder ist ein Dreivierteljahr vergangen, seit die Immobilien Basel-Stadt dem Verein Frequenzwechsel den Zuschlag erteilt haben, sämtliche Gebäude der ehemaligen psychiatrischen Heimstätte im Baurecht zu übernehmen. Neun Monate wollte man sich gemäss Absichtserklärung Zeit geben, offene Fragen zu klären. Eine davon ist, ob die noch zu gründende Stiftung Holdenweid, welche die nötigen Finanzen in Aussicht gestellt hat, als steuerfrei taxiert wird. «Nur dann kann sie die nötigen Mittel zur Verfügung stellen», hält Cornelia Huber fest. Sie ist optimistisch, dass die zuständige Taxationskommission im Herbst einen für das Vorhaben positiven Entscheid trifft.
Gegner ziehen sich zurück
Ganz entscheidend wird auch sein, ob und wann die Baueingabe beim Amt für Raumplanung bewilligt wird. Sie umfasst einerseits die Nutzungsplanung für das ganze Ensemble, andererseits erste Sanierungsarbeiten für die ehemalige Heimstätte. «Die grösste Herausforderung sind dabei Sicherheitsaspekte, insbesondere der Brandschutz. Diese werden darüber entscheiden, wie viele Leute sich im Haus aufhalten dürfen», so Huber. Bereits gelöst sei die Herausforderung, genügend Parkplätze zu haben. Es sei ihr bewusst, dass bis zur Baubewilligung ein paar Monate verstreichen würden. «Der Kanton hat im Vorfeld komplett grünes Licht signalisiert, also sind wir dem Vorhaben sehr nahe», ist sie auch in dieser Sache guter Dinge. Der Baurechtsvertrag kann erst nach diesem Schritt unterzeichnet werden.
Vom Tisch scheint mittlerweile die rechtliche Opposition der Mieter im sogenannten Herrenhaus, die sich zur Interessengemeinschaft (IG) Holdenweid zusammengetan und sich ebenfalls für die Baurechtsübernahme beworben haben. Die Beschwerde eines ihrer Mitglieder gegen den Vergabeentscheid der Immobilien Basel-Stadt hat das zuständige Gericht abgewiesen. Laut Website empfiehlt die IG Holdenweid ihrem Mitglied, den Entscheid nicht weiterzuziehen.
Trotz aller Hürden läuft einiges in der Holdenweid. «Wir werden von Anfragen für verschiedenste Anlässe überhäuft und kommen an unsere Grenzen», sagt Cornelia Huber. Eine grössere Veranstaltung steht unter dem Titel «Baustelle Holdenweid – was ist ver-rückt?» unmittelbar bevor. Das transdisziplinäre Projekt kreist rund um Fragen und Feststellungen des «Ver-rückens» und des «Ver-rückten». Das Impulszentrum öffnet dabei seine Türen und Tore und setzt das Thema sowohl theoretisch als auch künstlerisch um.
Den Auftakt macht am kommenden Wochenende ein Podium mit namhaften Teilnehmenden. Es werden Fragen diskutiert, die das Spannungsfeld zwischen der kapitalistischen Idee der Gewinnerzielung einerseits und der Verantwortung für den Menschen und für die Umwelt anderseits beleuchten. Es folgen ab 7. September verschiedene Inszenierungen, die sich zum einen auf die Vergangenheit der Holdenweid als ehemalige Aussenstation der psychiatrischen Klinik Basel-Stadt beziehen und zum anderen einen Einblick in die Gegenwart und die Zukunft des Impulszentrums Holdenweid vermitteln. Sie werden mit Fotos und Geschichten aus der Zeit der Hochblüte der ehemaligen Klinik umrahmt. Zu besichtigen sind zudem zwei neue Erlebniszimmer, das eine für Spiel und Spannung, das andere für Entspannung und Erholung.