Trotz allem aufs Wohnen setzen
02.07.2019 Bezirk Waldenburg, Waldenburg, Gemeinden, GesellschaftOrtsentwicklung unter der Lupe
Während Architektur-Studenten mit Modellen von Waldenburgs Ortskern Entwicklungsmöglichkeiten aufzeigen, hat der Gemeinderat eine Stadtanalyse in Auftrag gegeben. Die Ergebnisse wurden nun der Bevölkerung vorgestellt.
Lucas ...
Ortsentwicklung unter der Lupe
Während Architektur-Studenten mit Modellen von Waldenburgs Ortskern Entwicklungsmöglichkeiten aufzeigen, hat der Gemeinderat eine Stadtanalyse in Auftrag gegeben. Die Ergebnisse wurden nun der Bevölkerung vorgestellt.
Lucas Huber
Digitale Welt hin oder her – manchmal würde ein Wegweiser reichen, ein analoges Schild, einfach und schlicht. Doch am Waldenburger Bahnhof fehlt jedes Schild, das den mit dem Zug Ankommenden den Weg in die Altstadt weisen könnte – zum Juwel des «Stedtlis». Dieser Mangel liesse sich leicht beheben.
Das sagt Anna Borer, Raumplanerin bei Espace Suisse, dem Verband für Raumplanung. Sie hat im Auftrag der Gemeinde eine Stadtanalyse durchgeführt. Sie hat sich die Winkel angeschaut, mit dem Gemeinderat gesprochen, sich mit Einwohnerinnen und Einwohnern unterhalten. Dieser Blick von aussen, sagt sie, eröffne neue Perspektiven.
Genau um diese Perspektiven ging es am Freitagabend. «Perspektiven für Waldenburg» heisst nämlich die Ausstellung mit Modellen des Ortskerns, die Architektur-Studenten der Fachhochschule Nordwestschweiz im vergangenen Halbjahr anlässlich ihrer Bachelor-Arbeit geschaffen haben, Initiant war der Baselbieter Heimatschutz. Am Freitag wurde die Ausstellung, gemeinsam mit der Präsentation von Borers Erkenntnissen, mit einer Vernissage eröffnet. Der Andrang war riesig.
Waldenburg hat mit dem Strukturwandel zu kämpfen, wie er allenthalben grassiert: schliessende Beizen, verstaubende Schaufenster und ein sich leerender Ortskern. Hinzu kommt, dass die Bevölkerung Waldenburgs zwischen 2010 und 2018 um 11,4 Prozent schrumpfte, während die Einwohnerzahlen aller anderen Gemeinden im Tal wuchsen.
So sass und schwitzte man also gemeinsam im Gemeindesaal und lauschte den Worten Borers und ihres Kollegen Florian Inneman. Die beiden räumen dem Detailhandel praktisch keine Chance ein, wollen aber grosses touristisches Potenzial in einem gemeinsamen Standortmarketing mit der Wasserfallenregion erkennen. Sie sprachen ausserdem von Co-Working-Spaces, forderten mehr Selbstbewusstsein und könnten mit der Idee, Parkplätze aus der Altstadt an die Peripherie auszulagern, um die Altstadt aufzuwerten, für ziemlich dicke Luft sorgen.
Wohnen in historischer Bausubstanz
Für welche Massnahmen sich die Gemeinde auch immer entscheiden wird: «Damit das zum Fliegen kommt, muss die Bevölkerung dahinterstehen», sagte Inneman. Das gelte auch für seine Anregung, Waldenburg als Wohngemeinde zu positionieren – trotz Abwanderung. Andere Gemeinden im Tal seien zwar besser erschlossen, lägen näher am Zentrum und hätten mehr Sonnenschein, so Inneman. Aber ein Wohnen in historischer Bausubstanz als Alleinstellungsmerkmal könnten andere Gemeinden nicht in diesem Masse bieten.
Darum schlägt er eine Art «Tag des offenen Wohnens» vor, wie ihn 2015 die aargauische Gemeinde Kaiserstuhl erfolgreich durchführte. «Wir sind überzeugt, dass viele Leute gern hier wohnen würden, aber nicht wissen, wie schön es in Waldenburg ist.» Nun ist Gemeindepräsidentin Andrea Kaufmann gefordert. Das Publikum erwartet von ihr nun eine Strategie, Tatendrang, Nägel mit Köpfen. Grössenordnung im Oktober, liess sie nach mehrfachem Nachhaken verlauten, ginge es womöglich weiter.
Wie die Gemeinde am Montag mitteilte, werde der Gemeinderat so rasch wie möglich Abklärungen mit Fachleuten treffen, damit für das Budget 2020 ein entsprechender Planungskredit vorgesehen werden kann. Nach den Sommerferien sollen zudem die Interessierten zu einem ersten Treffen eingeladen werden.
«Perspektiven für Waldenburg», Ausstellung im ehemaligen Trauzimmer (altes Schulhas) bis 10. Juli, geöffnet jeweils am Montag und am Mittwoch, 18 bis 20 Uhr. Referate und Bilder in den nächsten Tagen auf www.waldenburg.ch