5G – alle gegen einen
06.06.2019 Bezirk Waldenburg, HölsteinEin Vertreter von Sunrise stellt sich Kritikern der neuesten Mobilfunkgeneration
5G lässt sich nicht aufhalten. Die Öffentlichkeit müsste aber wissen, welche gesundheitlichen Risiken eine neue Mobilfunkgeneration mit sich bringt. Dies ist das Fazit einer sachlich geführten ...
Ein Vertreter von Sunrise stellt sich Kritikern der neuesten Mobilfunkgeneration
5G lässt sich nicht aufhalten. Die Öffentlichkeit müsste aber wissen, welche gesundheitlichen Risiken eine neue Mobilfunkgeneration mit sich bringt. Dies ist das Fazit einer sachlich geführten Podiumsveranstaltung.
Christian Horisberger
«Bitte schalten Sie Ihre Handys aus – wir haben Menschen im Saal, die unter der Strahleneinwirkung leiden.» Ein Grossteil der rund 150 Besucherinnen und Besucher der 5G-Podiumsdiskussion in Hölstein machte auf die Aufforderung der Veranstalterin hin keinen Wank. Entweder hatten sie ihr Gerät längst deaktiviert oder gar keines dabei.
Es schien ein «Alle gegen einen» zu werden: Das Publikum, zwei Elektrosmog-Berater und eine Heilpraktikerin gegen den Vertreter eines Mobilfunkanbieters – oder: potenzielle Opfer einer Technologie, deren Unbedenklichkeit nicht erwiesen ist, gegen den Täter, der aus Profitgier mit ihrer Gesundheit spielt. Tatsächlich konzentrierten sich an dem Abend die Fragen aus dem Publikum auf Tobias von Mandach, den Sunrise in die Höhle der Löwen geschickt hatte. Die Debatte war insgesamt aber weniger emotionsgeladen als man es aufgrund der Affiche hätte erwarten können.
Einen wesentlichen Kritikpunkt an 5G, nämlich, dass der Bund das Fell des Bären verkauft hat, ehe er erlegt worden ist, teilte von Mandach. Tatsächlich habe der Bundesrat seine Mobilfunkstrategie festgelegt und die 5G-Lizenzen versteigert, ehe eine öffentliche Debatte dazu habe stattfinden können. Elektroingenieur und Elektrosmog-Berater Marcel Hofmann sprach von einem «Schlamassel», den der Bund angerichtet habe. Die Anbieter hätten die Rechnung für die 5G-Frequenzen – 380 Millionen Franken – bezahlt und wollten nun etwas für ihre Investition haben, das sei verständlich. Aber die Bevölkerung habe im bisherigen Prozess nicht mitreden können. Das müsse sich in Zukunft ändern, sonst gehe das Spiel bei der nächsten und übernächsten Mobilfunkgeneration unverändert weiter.
Bund delegiert an Unternehmen
Beide, von Mandach und Hofmann, hätten auf dem Podium gerne einen Vertreter des Bundes gesehen. Der Sunrise-Mann stellte klar, dass der Bund den Aufbau eines preisgünstigen, flächendeckenden und leistungsfähigen Mobilfunknetzes an die Anbieter delegiere – mit einem Pflichtenheft. Sollten die Kommunikationstechnik-Unternehmen den Vorgaben nicht gerecht werden, würde ihnen die Konzession entzogen.
Damit liessen die Anwesenden ihren Gegner aber nicht vom Haken. So nannte es ein Mann im Publikum eine «Lüge der Marketingabteilungen», dass die gezielte und nicht permanente Strahlung der 5G-Antennen tatsächlich eine geringere Belastung für den Menschen bringe. Von Mandach hatte zuvor erklärt, dass die Signale mit 5G statt wie bisher mit der Giesskanne räumlich und zeitlich nur bei Bedarf gesandt würden. Damit könnte bei kleinerer Streuung eine grössere Zahl Nutzer versorgt werden.
«Die Mobilnetze laufen am Anschlag», sagte von Mandach. Die Alternative zu 5G wären deutlich mehr Antennen, denn das Datenvolumen wachse mit enormer Geschwindigkeit. «Muss das denn sein?», fragte Albert Gort, Leiter der Infostelle Elektrosmog. Die stetig zunehmende Datenmenge sei dem immer grösseren Konsum von Videos auf Handys zuzuschreiben, sagte er. Die Leute würden im Zug besser ein Buch lesen, statt am Handy fernzusehen. «Ist das nicht Wunschdenken?», wandte Moderator Adrian Gaugler ein. «Ja», antwortete Hofmann, «doch die Gesellschaft muss sich entwickeln, um ihre Probleme zu lösen.» Für die Klimaerwärmung oder den Plastikmüll in den Weltmeeren gelte dasselbe.
Lascher als bei Medikamenten
Die Luzerner Heilpraktikerin Doris Petermann sprach für die Menschen, die wegen elektromagnetischer Strahlung unter Schlafstörungen, zitternden Händen oder undefinierbaren Schmerzen in den Nervenbahnen litten – und unter Umständen als Folge davon an psychischen Problemen. «Unzählige unabhängige Studien» stellten einen Zusammenhang zwischen Mobilfunk und Gesundheit her, sagte sie. Es sei ihr daher unbegreiflich, dass bei 5G im Gegensatz zur Zulassung neuer Medikamente kein wissenschaftlicher Nachweis erbracht werden müsse, dass die Strahlung kein Gesundheitsrisiko birgt.
Von Mandach merkte an, dass die geltenden Strahlen-Grenzwerte mit 5G eingehalten würden, die im Übrigen der Bund festlege. Hier hakte Gort ein: Die Höchstwerte seien vor mehr als 20 Jahren fixiert worden und beruhten auf thermischen Effekten der elektromagnetischen Strahlung auf den Körper. Es gebe aber mehr Faktoren als bloss die Erwärmung: Pulsung und Signalfolgen etwa. «Das ist eine andere Dimension.» Er forderte eine Neufestlegung der Grenzwerte mit allen Faktoren, «dann kämen wir zu massiv tieferen Werten».
Die Schweiz ist bei 5G Weltspitze. Der Bund hat die Aufrüstung forciert, um bei der Entwicklung für Anwendungen für 5G in der ersten Reihe zu sitzen. Auf die Frage des Moderators, welches Szenario sie betreffend 5G erwarten, herrschte auf dem Podium Konsens: Die Technologie kommt. Flächendeckend. Es wurde aber auch die Hoffnung geäussert, dass bei einem weiteren Ausbauschritt die jetzt geäusserten Bedenken einfliessen und die Forschung für umweltverträgliche Lösungen vorangetrieben werde.