«Hornusser sind gemütlich, aber ehrgeizig»
18.04.2019 Sport, TennikenHornussen | Die Tenniker Gesellschaft in ihrem 90. Vereinsjahr
Die Hornussergesellschaft Tenniken hat sportlich zwar schon bessere Zeiten erlebt, ist aber nach wie vor ein fester Bestandteil der schweizerischen Hornussergemeinde. Zu schaffen machen ihm ...
Hornussen | Die Tenniker Gesellschaft in ihrem 90. Vereinsjahr
Die Hornussergesellschaft Tenniken hat sportlich zwar schon bessere Zeiten erlebt, ist aber nach wie vor ein fester Bestandteil der schweizerischen Hornussergemeinde. Zu schaffen machen ihm Nachwuchssorgen.
Elmar Gächter
Stuelboden – ein idyllischer Ort. Eingebettet im Mischwald, der sich auf den Frühling vorbereitet, liegt es da, gegen 20 Meter breit und runde 300 Meter lang, vom Bock aus nach Süden leicht ansteigend: Das Spielfeld mit Ries, das dem einzigen verbliebenen Hornusserverein der Region seit Jahrzehnten als sportliche Heimat dient. Die Ruhe wird nur unterbrochen vom zirrenden Geräusch des Schlägers, Stecken genannt, mit dem Klubmitglied Adrian Oberer den 78 Gramm schweren Hornuss elegant und gleichzeitig dynamisch vom Bock in das Ries befördert. Er feilt wie seine Klubkameraden an letzten Details, um für den Meisterschaftsstart gerüstet zu sein.
Wer die Geschichte der Tenniker Hornusser mit schnellem Blick erfassen will, schaut am besten in den Trophäenkasten. Die wohl gegen 50 Trinkhörner, Zinnkannen oder Glocken im heimeligen Klublokal gleich neben der «Kampfstätte» legen Zeugnis ab von beeindruckenden Erfolgen eines Vereins, der sich neben den Hochburgen Emmental und Oberaargau nach wie vor zu behaupten weiss. Es sind spannende 90 Jahre, die hinter der Hornussergesellschaft Tenniken liegen – mit Höhen und Tiefen. Die Krise Anfang 1939, als sämtliche Vorstandsmitglieder demissionierten, der Spielunterbruch während des Zweiten Weltkriegs, die Fusion mit der Hornussergesellschaft Liestal, der sportliche Aufstieg in die zweithöchste Spielklasse, der Abstieg in die 2. Liga, grössere Erfolge an Anlässen und Festen wie jüngst der neunte Schlussrang am Eidgenössischen Hornusserfest 2018.
Ein einziger Junghornusser
31 aktive Mitglieder zählt der Verein zurzeit, altersmässig bunt gemischt. Da spielt schon mal der 14-jährige Junghornusser zusammen mit dem 75-jährigen Veteranen. «Auch dies macht den Reiz unseres schönen Sports aus, wenn in der gleichen Mannschaft verschiedene Generationen vertreten sind», sagt Urs Roth. Der langjährige Sekretär und nun Vereinspräsident spricht gleichzeitig das dringendste Problem an: den fehlenden Nachwuchs. «Noch vor sieben Jahren hatten wir eine eigene Juniorenmannschaft, heute noch einen einzigen Junghornusser», sagt der 51-Jährige, der selber mit 17 mit dem Sport begonnen hat.
Die Konkurrenz zu Fussball, Unihockey oder anderen trendigen Mannschaftssportarten hinterlasse Spuren. Trotz aller Bemühungen, Nachwuchskräfte zu finden, sei das Resultat ernüchternd. Man beteilige sich am Ferienpass, führe das beliebte jährliche Plauschhornussen durch oder lasse Schulklassen und Pfadilager praktisch schnuppern. «Es ist zeitweise schon frustrierend, aber wenn man gar nichts macht, wird man vergessen», gibt Roth zu bedenken.
Selbstverständlich freut sich der Präsident an den sportlichen Erfolgen. Ebenso wichtig sind für ihn jedoch andere Aspekte. «Ich habe lieber Leute, die zwar nicht so weit abschlagen, aber in die Mannschaft passen. Wenn man Ruhe im Team hat, kommt auch der Erfolg», ist er überzeugt. Der Hornusser sei grundsätzlich ein gemütlicher Mensch, durchaus mit einem gesunden Ehrgeiz. Auch wenn hier das Hornussen eher als Hobby ausgeübt werde, so wolle doch jeder gewinnen. «Das Klischee von früher, das den Hornusser mit Stumpen im Maul im Ries und mit Bier auf dem Bockstand zeigt, ist längst nicht mehr gültig.»
Das ESAF als einmaliges Highlight
Der Verein fühlt sich in Tenniken gut aufgehoben, ist dankbar dafür, dass ihm die Gemeinde den Platz gratis zur Verfügung stellt. Auch beim Kanton kommt die Gesellschaft sehr gut an. So meint Christian Saladin, stellvertretender Leiter des Sportamts: «Die Hornusser-Bewegung im Baselbiet ist überschaubar. Wir schätzen das Engagement der Hornussergesellschaft Tenniken deswegen umso mehr und unterstützen sie, wo immer möglich, sehr gerne.» So habe der Verein in den vergangenen Jahren mehrere Tausend Franken für Materialbeschaffungen erhalten.
Mit dem eidgenössischen Schwing- und Älplerfest 2022 im Baselbiet kommt auf die Hornussergesellschaft Tenniken ein grosser Anlass zu. Sie wird den spielerischen Teil des Hornussens abdecken und insbesondere die zehn Spielplätze herrichten und unterhalten. «Dies ist ein Event, an dem unser toller Sport in der Region sehr präsent sein wird. Selber spielen wir zwar nicht mit, unser Einsatz wird jedoch in dem Sinne belohnt, dass wir sportlich beim nächsten Schwingund Älplerfest mitmachen dürfen», sagt Roth. Für den Hornusser gebe es kein grösseres Highlight, als einmal in seinem Leben als Aktiver an einem solchen Grossanlass teilzunehmen.
Und was wünscht sich der Präsident für die Zukunft seines Vereins? «Dass es uns auch in zehn Jahren noch gibt und wir 2029 unser 100-jähriges Bestehen feiern können. Hornussen ist zwar eine Randsportart, die – mindestens in unserer Region – nicht mit der Popularität anderer Sportarten mithalten kann. Gäbe es aber den Verein nicht mehr, würde ein grosses Stück Tradition und Kulturgut verloren gehen.» So hofft Urs Roth nicht allein auf Nachwuchshornusser, sondern auch auf Aktive in der Region, die ihren Weg statt zu den Hochburgen im Emmental oder im Oberaargau künftig auf den Stuelboden finden werden.
Zur sportlichen Seite
emg. Die Meisterschaft der Hornusser ist in sieben Stärkeklassen eingeteilt, von der Nationalliga A bis zur 5. Liga. Tenniken spielt zurzeit in der 2. Liga, die vier Gruppen mit je 12 Teams umfasst. Ihr erstes Spiel in der Gruppe vier hat die Gesellschaft gegen Utzigen B gespielt und gewonnen. Tenniken setzt sich das Ziel, mindestens den Klassenerhalt und bestenfalls sogar den Aufstieg in die 1. Liga zu schaffen.