Ein unschlagbares Team
28.12.2021 Lausen, SportBenjamin Meier
Blitzschnell und mit einem lauten Knall wirft Celina Carraça ihre Zwillingsschwester Maria auf die Matte. Dabei handelt es sich nicht um einen Zoff unter Geschwistern, sondern um einen Judo-Kampf unter Profis. Die beiden 15-Jährigen tragen nicht nur den ...
Benjamin Meier
Blitzschnell und mit einem lauten Knall wirft Celina Carraça ihre Zwillingsschwester Maria auf die Matte. Dabei handelt es sich nicht um einen Zoff unter Geschwistern, sondern um einen Judo-Kampf unter Profis. Die beiden 15-Jährigen tragen nicht nur den schwarzen Gürtel über ihren Kimonos, sondern standen dieses Jahr auch bei den Schweizermeisterschaften auf dem Podest – und das sogar mehrfach. Bei den unter 18-Jährigen in der Gewichtsklasse bis 44 Kilogramm holte Maria Gold und Celina Silber. In der U21 bis 48 Kilogramm sah die Medaillenverteilung dagegen genau umgekehrt aus.
Zum Judo sind die beiden Lausnerinnen durch ihren Vater Rui Sonderegger gekommen, der in seiner Jugend selbst ein erfolgreicher Judoka war und immer noch aktives Mitglied des Vereins Judo Sport Liestal ist. Seinen beiden Töchtern, die auch gerne mal gestritten haben, wollte Sonderegger beibringen, wie man richtig und mit Regeln kämpft. Doch die damals 8-jährigen Mädchen wollten nicht gemeinsam denselben Sport betreiben, und so begann zuerst nur Maria damit, im Judo Sport Liestal zu trainieren. Etwas später fand jedoch auch Celina Gefallen an diesem Sport, und so begannen die beiden, gemeinsam zu trainieren und an Wettkämpfen teilzunehmen. Und dies mit grossem Erfolg.
International erfolgreich
Die Zwillinge konnten bereits an Turnieren in Portugal, Ungarn und Frankreich Medaillen holen, und das, obwohl die Schweiz keine grosse Judo-Nation ist. Der Grund für ihre Erfolge sei vor allem das umfangreiche Training, erklärt Celina Carraça. Die Schwestern trainieren täglich mindestens einmal, an manchen Tagen sogar zweimal. Die beiden werden von ihrem Vater beim Judo Sport Liestal und im regionalen Leistungszentrum trainiert.
Auch Teil ihres Pensums sind die internationalen Trainingslager und Turniere, an denen die Schwestern als Mitglieder des Schweizer Nationalkaders regelmässig teilnehmen. Dadurch haben sie Gelegenheit, sich mit Athletinnen aus aller Welt zu messen. Trotz des Wettkampfs verbinde das Judo. So hätten die beiden bereits Freundschaften mit gleichaltrigen Judokas aus aller Welt geschlossen.
Dass die Zwillinge genug Zeit für ihr Training und ihre Wettkämpfe finden, macht die Sportklasse des Gymnasiums Liestal möglich, welche die beiden seit diesem Sommer besuchen. Neben dem Training noch zu lernen kann durchaus stressig sein, erzählt Maria Carraça. Aber es gelingt ihnen, beides irgendwie in Einklang zu bringen. Nicht einmal Corona konnte das Training der beiden Athletinnen stoppen. Während des Lockdowns haben sie sich zusammen mit ihrem Vater kurzerhand ein kleines Dojo zu Hause im Keller eingerichtet, um ihrer Leidenschaft weiter nachgehen zu können.
Ehrgeizige Ziele
Judo ist für die beiden Zwillinge immer eine Teamarbeit. Zwar konkurrieren sie an Wettkämpfen miteinander, aber sie sehen sich dabei immer als Team, das gemeinsam antritt. Auf der Judomatte werden dann auch die Unterschiede zwischen den beiden sichtbar. Jede hat ihren eigenen individuellen Kampfstil. Während Maria lieber aus der Defensive kämpft, geht Celina stärker auf Kontakt und kämpft eher offensiv.
Beim Judo kann es durchaus auch mal ruppig zugehen. Diese Erfahrung musste auch Celina machen. Als Folge eines Seitenbandrisses, den sie sich im Training zugezogen hatte, musste die 15-Jährige für sechs Wochen eine Pause einlegen. Doch danach konnte sie schnell wieder an ihre bisherigen Leistungen anknüpfen.
Für die Zukunft haben die beiden Schwestern grosse Pläne. Bis zu ihrer Matura wollen sie Judo weiterhin als Leistungssport betreiben und internationale Wettkämpfe bestreiten. Der nächste grosse Schritt ist dann die Teilnahme an den Olympischen Jugendspielen. Von da aus, so hoffen sie, geht es für sie vielleicht sogar an die Weltmeisterschaften oder an die Olympischen Spiele.
Judo ist für die Carraças nicht bloss ein Sport, sondern eine Lebenseinstellung. Die traditionellen Werte wie Anstand, Respekt und Disziplin, die auf der Matte gelehrt werden, prägen den Alltag der beiden. Die Werte und die Philosophie des geringsten Widerstandes, die das Judo vermittelt, sind einer der Hauptgründe für die Faszination der Zwillinge für den Kampfsport. Obwohl Judokas ihre Gegner mit aller Kraft bekämpfen, erweisen sie ihnen stets vor und nach dem Kampf Respekt, erklärt Celina. Aus dieser Faszination ergibt sich für die beiden auch ein grosses Interesse an der japanischen Kultur. Wie alle Vertreterinnen und Vertreter ihrer Sportart träumen sie davon, eines Tages in Japan mit den besten Judokas der Welt zu trainieren.
Ein erfolgreicher Verein
bm. Maria und Celina Carraça sind nicht die einzigen Mitglieder bei Judo Sport Liestal, die regelmässig Medaillen holen. Der Verein zählt trotz seiner relativ geringen Mitgliederzahl zu den erfolgreichsten Judovereinen der Schweiz. Das liegt wohl daran, dass der Verein seinen Fokus klar auf den Wettkampf ausgerichtet hat. Obwohl der Leistungssport vom Verein stark gefördert wird, zeichnet er sich durch sein familiäres Miteinander aus. Judokas jeden Alters können im Judo Sport Liestal gemeinsam trainieren und voneinander profitieren. Denn der Verein hat es sich zum Ziel gesetzt, die traditionellen Werte des Judos zu leben und zu vermitteln.