Im Reich des Staubes
25.11.2021 Baselbiet, Kultur, Bezirk Liestal
Raja Breig
Die Idee für die Ausstellung «Im Wartesaal der Zeit» kam Kurator Michael Babics, als er seiner Tochter «Momo» von Michael Ende vorlas – eine Geschichte von Zeitdieben und einem Kind, das den Menschen die gestohlene Zeit zurückbringt. «Was, ...
Raja Breig
Die Idee für die Ausstellung «Im Wartesaal der Zeit» kam Kurator Michael Babics, als er seiner Tochter «Momo» von Michael Ende vorlas – eine Geschichte von Zeitdieben und einem Kind, das den Menschen die gestohlene Zeit zurückbringt. «Was, wenn es einen Ort gäbe, an dem die Zeit ruht, an dem man sich eine Auszeit von diesem kontinuierlich voranschreitenden Strom nehmen kann, der ausserhalb davon weiterfliesst?», fragte sich Babics. Mit genügend Vorstellungskraft wird es in der Liestaler Kunsthalle Palazzo vom 27. November bis zum 9. Januar möglich: Im Rahmen der «Regionalen 22» findet dort eine Ausstellung ganz im Zeichen der Zeit statt.
Das Thema «Im Wartesaal der Zeit» liess den Kunstschaffenden viel Raum, um ihrer Kreativität freien Lauf zu lassen. Neben Gemälden und Skulpturen sind in der Ausstellung auch temporäre installative Arbeiten zu bestaunen. So wurde etwa der im Normalfall nicht in die Ausstellungen integrierte Büroraum in ein wahrhaftiges Kunstwerk verwandelt: Konzept- und Installationskünstler Eric Hattan durfte sich in dem mit Bürogegenständen vollgestellten Raum austoben und hat das gesamte darin enthaltene Material in der Mitte zu einer Pyramide aufgestapelt. Der schmale Gang, auf dem man das Konstrukt den Wänden entlang umrunden kann, lässt einen die neue räumliche Situation auch physisch erleben. Passend dazu lautet der Titel des ungewöhnlichen Werks: «Im Reich des Staubes. Eine Umordnung».
Die Flip-Flops von Aschenputtel
Die «Regionale» ist ein grenzüberschreitendes Projekt, das aus 19 Ausstellungen innerhalb der trinationalen Oberrheinregion besteht. Die an der Ausstellung beteiligten Künstlerinnen und Künstler haben alle einen Bezug zur Region, sind also entweder in der Nähe des Dreiländerecks geboren oder studieren und wohnen in der Region.
Wie bei so mancher zeitgenössischen Kunstausstellung kann man sich auch «Im Wartesaal der Zeit» nie sicher sein, ob ein gewisser im Raum herumliegender Gegenstand nun Kunst oder doch eher ein Indiz der Unordentlichkeit von Ausstellenden oder Besuchenden ist. So liegen in einem der Ausstellungsräume zwei Flip-Flops aus Gips, Karton und Graphit an willkürlichen Orten auf dem Boden.
Kurator Michael Babics beschreibt die Wirkung des Werks als «Aschenputtel-Effekt». «Schuhe sind normalerweise immer in Bewegung, weil wir sie zum Laufen bringen. Verlieren wir sie, sind sie wie eingefroren. Man fragt sich: ‹Wem gehören sie, wie sind sie hierhergelangt?›», erläutert er.
Wandgemälde auf Zeit
Abgesehen vom Leitmotiv haben die verschiedenen Werke eine weitere Sache gemeinsam: Alle zeigen sie das aktuelle Schaffen von Künstlerinnen und Künstlern verschiedener Altersgruppen auf, sind also in den letzten zwei oder drei Jahren entstanden. Einige der Werke wurden sogar eigens für die Ausstellung vor Ort kreiert, so zum Beispiel verschiedene Wandgemälde. Diese werden im Anschluss an die Ausstellung wieder weiss übermalt, sind also passend zum Thema bloss temporär.
Die Vernissage der Ausstellung startet übermorgen Samstag um 13 Uhr, am selben Abend wird sie in die Liestaler Kulturnacht «Lichtblicke» involviert sein. Der Eintritt kostet 5 Franken, für unter 25-Jährige ist er frei.