BADMINTONKÖNIG
25.11.2021 RegionAuf der Grenze
Vor sechs Wochen spielte ich zuletzt einen Wettkampf. Es war in Nikosia, Zypern, wo ich mich zu meinem besten Turnierresultat auf der Tour durchkämpfte. Seither befinde ich mich in einer Trainingsphase, bevor ich kommende Woche in Cardiff, Wales, wieder ...
Auf der Grenze
Vor sechs Wochen spielte ich zuletzt einen Wettkampf. Es war in Nikosia, Zypern, wo ich mich zu meinem besten Turnierresultat auf der Tour durchkämpfte. Seither befinde ich mich in einer Trainingsphase, bevor ich kommende Woche in Cardiff, Wales, wieder aufspielen werde. Ich freue mich sehr darauf – bin richtig hungrig auf meinen Einsatz!
Trainingsphasen sind immer anstrengender als Turnierphasen. Zwar sind Reisen psychisch belastend: Man schläft nicht in den eigenen vier Wänden, isst stets in lärmigen Restaurants, hat sich um Formalitäten zu kümmern, erlebt Sprachbarrieren, ist nervös oder verspürt Leistungsdruck. Doch trotz dieser Belastungen in Kopf und Herz ist die physische Belastung für den Körper da tiefer, als wenn ich in Bern im Training geblieben wäre. Drei bis vier Matches auf ein paar Tage verteilt sind unter dem Strich weniger hart, als wenn ich fünf bis sechs Stunden pro Tag meine Leistung steigere.
Weil also diese Trainingsphasen für den Körper so belastend sind, muss ich gerade in solchen Zeiten noch besser auf meine Gesundheit und Regeneration achten. Je mehr Training, desto mehr Regeneration habe ich nötig. Achte ich nicht darauf, steigt meine Verletzungsanfälligkeit rasant.
Es ist aber eine Gratwanderung. Die Grenze zwischen zu wenig Belastung und Überlastung ist minim. Bleibe ich unter der Grenze, hole ich zu wenig heraus. Bin ich darüber, beginnen sich körperliche Beschwerden einzuschleichen. Eine psychische Überlastung ist auch möglich, wenn zum Beispiel die Motivation sinkt oder der Kopf nicht mehr mit mag. Nahe an der Grenze zu sein ist gut, auf der Grenze ist perfekt.
In solch belastenden Phasen schaue ich, dass ich ein bisschen mehr schlafe als sonst. Der Mittagsschlaf soll auf keinen Fall wegfallen. Ich nehme gezielt Eisbäder. Esse etwas mehr. Schaue, dass ich jede Woche eine Massagebehandlung habe (danke Christian, mein Masseur!). Mit der Faszienrolle triggere ich die Verhärtungen etwas länger als sonst. Dehne meine Muskeln ausgiebiger. Baue gerade wegen der intensiven Trainingsphase noch mehr Übungselemente mit Sypoba ein, um die Tiefenmuskulatur zu trainieren (danke Robin, mein Athletiktrainer!). Meine zehn paar Reserveschuhe habe ich griffbereit, falls Fussprobleme eintreten oder sie des Schwitzens wegen nicht mehr trocknen (danke Victor, mein Ausrüster!). Vielleicht gäbe es noch mehr zu tun?
Nun, die sechs Wochen Trainingsphase sind bald vorbei. Die letzten Einheiten absolviere ich bewusst unter der Grenze, denn jetzt lohnt es sich nicht mehr, zu viel zu forcieren. Dann kann ich nach Wales reisen, die Arbeit wird erledigt sein, und es geht nur noch darum, zu liefern.
Joel König
Der 26-jährige Joel König aus Titterten ist Badminton-Profi. 2014 beendete er das Sportgymnasium in Liestal. Er trainiert für den Durchbruch im Badmintonsport.