Gläubige ins Impf-Boot holen
26.10.2021 Baselbiet, KircheSander van Riemsdijk
Der Bundesrat hat am vorletzten Mittwoch seine neue Impfoffensive mit einem Budget von 96,3 Millionen Franken präsentiert. Diese beinhaltet unter anderem mobile Beratungs- und Impfstellen, bessere Information und eine nationale Impfwoche, die vom 8. ...
Sander van Riemsdijk
Der Bundesrat hat am vorletzten Mittwoch seine neue Impfoffensive mit einem Budget von 96,3 Millionen Franken präsentiert. Diese beinhaltet unter anderem mobile Beratungs- und Impfstellen, bessere Information und eine nationale Impfwoche, die vom 8. bis 14. November dauert. Während dieser Zeitspanne werden Kantone und Gemeinden Informationsanlässe organisieren. Diese Massnahmen sollen helfen, mehr Personen zu erreichen, um diese vom Nutzen einer Impfung zu überzeugen.
Der Kanton Baselland mobilisiert nun seine Ressourcen und setzt unter anderem bei den Kirchen und anderen Religionsgemeinschaften an, um diese für das Impfen zu gewinnen. Im Gegensatz zu Basel-Stadt, wo man mit einem Impfbus unterwegs ist und Walk-in-Zentren einrichtet, verhält man sich im Baselbiet eher defensiv. Will heissen, man hat unter anderem den direkten Kontakt zu den Kirchen und zu anderen Religionsgemeinschaften gesucht, wie den Muslimen und der jüdischen Gemeinschaft, wie Gideon Dell, Leiter Entwicklung für das Projekt Impfen Baselland, berichtet. «Dies, im Sinne eines Austauschs über gemachte Erfahrungen bezüglich des Impfens und, falls dies erwünscht wird, um konkrete Hilfe anzubieten. Wir fahren jedoch nicht mit einem Impfbus vor die Kirche.»
Diese Hilfe besteht – neben einem ständigen Austausch – aus mobilen Einheiten, die auf Wunsch in ein Religionsgebäude oder in einen Gemeindesaal gehen würden, um eine Impfaktion durchzuführen. Gideon Dell erhofft sich von dieser Initiative eine engere Einbindung der Religionsgemeinschaften in die Impfoffensive.
Problem Sprachbarriere
Die überkantonal organisierte jüdische Gemeinschaft Basel-Stadt und Baselland ist gegenüber dem kantonalen Hilfsangebot positiv eingestellt, meldet jedoch keinen Bedarf an, da schon viele jüdische Mitbürgerinnen und Mitbürger geimpft worden seien, wie Gideon Dell erläutert. Anders tönt es beim Türkisch-Islamischen Sozialund Kulturverein beider Basel. Dieser zeigte sich gegenüber Impfaktionen offen. Es stellte sich jedoch im ersten Walk-in in Pratteln heraus, dass es weiterhin schwierig ist, alle Personengruppen für eine Impfung zu motivieren. Diese fehlende Motivation müsse nicht beim Glauben gesucht werden, sondern beim Verständnis in der Kommunikation. Dazu Gideon Dell: «Wir werden diese Impfzurückhaltung auch nicht religionsspezifisch angehen, denn das Problem liegt eher in einer Sprachbarriere.»
Auch wenn Kirchen eine besondere Verantwortung für die Menschen tragen, mit denen sie Gemeinschaften teilen, waren sowohl die Römisch-Katholische Kirche Baselland als auch die Reformierte Kirche Baselland reserviert gegenüber dem kantonalen Angebot. «Beide Kirchen begründeten ihre Zurückhaltung mit ihrer neutralen Haltung bei einer Impfempfehlung», so Gideon Dell, der eine erneute Kontaktaufnahme zu einem späteren Zeitpunkt nicht ausschliessen möchte. Stephanie Krieger, Leiterin Kommunikation der Evangelisch-reformierten Kirche Baselland, bestätigt, dass der Kirchenrat die momentan geltenden Massnahmen zwar unterstützt, jedoch ihren Gläubigen keine Impfempfehlung geben möchte.
Gleicher Meinung ist auch Daniel Gloor, der als Pastor zusammen mit seiner Frau die Chrischona-Gemeinde Sissach («gate44», Böckten) leitet und festhalten möchte, dass er seiner Gemeinde – nicht aus einer impfkritischen Haltung – keine Empfehlung geben will. Im Freikirchenlager seien zwar diesbezüglich unterschiedliche Ansichten vorhanden, er jedoch unterstütze die Haltung des Kantons. «Ein Impfbus bei der Kirche am Sonntag würde sowieso nichts bringen.»
Dominik Prétôt, Leiter Kommunikation der Römisch-Katholischen Kirche Baselland, lässt verlauten, dass «wir als Landeskirche nicht eine spezielle Empfehlung äussern können, sondern möchten dies den Pfarreien und den Kirchgemeinden überlassen». Gideon Dell setzt weiterhin auf Information und niederschwellige Impfangebote und bietet auch so der christlichen Gemeinschaft mit dem Unterstützungsangebot eine Perspektive. «Wir sind da und zu einem Austausch oder zu einer gezielten Impfaktion immer bereit.»