«Kantonalbank soll zur Klimabank werden»
08.10.2021 Baselbiet, Parteien, PolitikParteipräsidentin Miriam Locher zum Klimaplan der SP
Die SP Baselland hat einen elfseitigen Klimaplan verfasst und kürzlich verabschiedet. Darin verlangt die Partei im Baselbiet verstärkte Anstrengungen im Kampf gegen den Klimawandel. Die sozialen Folgen des wirtschaftlichen Umbaus soll ...
Parteipräsidentin Miriam Locher zum Klimaplan der SP
Die SP Baselland hat einen elfseitigen Klimaplan verfasst und kürzlich verabschiedet. Darin verlangt die Partei im Baselbiet verstärkte Anstrengungen im Kampf gegen den Klimawandel. Die sozialen Folgen des wirtschaftlichen Umbaus soll der Kanton abfedern, fordert SP-Präsidentin Miriam Locher (39) im Interview.
Tobias Gfeller
Frau Locher, die SP formuliert im Klimaplan teilweise weitgehende Forderungen. Dürfen die Baselbieterinnen und Baselbieter schon bald nicht mehr Auto fahren? Miriam Locher: Treibhausgasemissionen im Bereich der Mobilität machen rund einen Drittel der Gesamtemissionen aus, das zeigt, dass ein grosses Potenzial im Bereich des Verkehrs liegt. Ausgerechnet die Mobilität wird im Baselbieter Energiegesetz ausgeschlossen, das wollen wir ändern. Aber natürlich dürfen die Baselbieterinnen und Baselbieter weiter Auto fahren. Wir setzen dabei auf die Elektromobilität und andere ökologischere Mobilitätsformen.
Das ist beim derzeitigen Stand des Ausbaus an Ladestationen aber eine illusorische Forderung.
Der Ausbau der Ladeinfrastruktur für Autos und Velos ist eine unserer zentralen Forderungen im Themenbereich Mobilität. Wir wollen unter anderem eine Pflicht zur Erstellung von Ladeinfrastruktur beim Bau von Autoparkplätzen auf privatem Grund.
Im öffentlichen Verkehr fordern Sie 100 Prozent CO2-freie Antriebsformen. Die BLT gab kürzlich zu, dass sie mit ihren neuen Elektrobussen eher nicht im ländlichen Gebiet des Oberbaselbiets fahren kann. Geht der Klimaplan der SP zulasten der ländlichen Bevölkerung?
Überhaupt nicht. Es ist das Prinzip unserer Politik, dass sie niemanden benachteiligen soll. Gerade im Bereich Mobilität würden die ländlichen Gebiete wie das Oberbaselbiet von unseren Forderungen profitieren, weil wir unter anderem das Angebot im öffentlichen Verkehr ausbauen wollen.
Die Basellandschaftliche Kantonalbank (BLKB) wollen Sie an die kurze Leine nehmen und zur «Klimabank» machen. Die BLKB selber gibt sich aber stets klimafreundlich. Reicht Ihnen das nicht?
Nein, das reicht uns noch längst nicht. Der Finanzplatz ist einer der grössten Hebel gegen den Klimawandel. Auch die Basellandschaftliche Kantonalbank bietet immer noch Investitionen in klimaschädliche Papiere an. Aus diesen Investitionen soll sie sich zurückziehen. Wir wollen die BLKB zu einer Klimabank machen. Sie soll die nötigen Kredite für den von uns geforderten ökologischen Umbau bereitstellen. So können die energieeffizienten Investitionen in die bestehenden und neuen Gebäude getätigt werden, die wir so dringend brauchen. Mit der Schaffung eines Klimafonds sollen ausserdem weitere Gelder zur Verfügung gestellt werden, um klimafreundliche Investitionen zu tätigen. Die BLKB spielte im Kampf gegen die Coronakrise, beim Bereitstellen der Notkredite, eine grosse Rolle. Diese soll sie nun beim Kampf gegen den Klimawandel einnehmen.
Die BLKB soll also den Menschen helfen, die wirtschaftlich auch unter dem ökologischen Umbau leiden werden?
Bei jedem grösseren Umbau der Wirtschaft gibt es Menschen, die ihre Arbeit nicht wie gewohnt fortführen können. Es ist aber ein Ziel der SP, den Kampf gegen den Klimawandel sozialverträglich zu gestalten. Wir wollen niemanden im Stich lassen. Mit der von uns geforderten Jobgarantie soll es möglich werden, dass die Menschen, die in den betroffenen Wirtschaftssektoren arbeiten, nicht arbeitslos werden.
Der Kanton soll künstlich Jobs schaffen, um die Klimawende zu schaffen? Wird so der Staatsapparat nicht künstlich aufgebläht?
Überhaupt nicht. Wir haben zum Beispiel im Bereich der Pflege einen grossen Notstand, weil wir zu wenig Ausgebildete haben, was wir ja zurzeit zu spüren bekommen. Der Kanton muss also nicht «künstliche Jobs» schaffen, um diese Jobgarantie im fünfjährigen Pilotprojekt zu ermöglichen. Es geht darum, im Zeitfenster des ökologischen Umbaus in gesellschaftlich wichtigen oder ökologisch sinnvollen Bereichen entstehende Stellen zu besetzen.
Sie gehen also davon aus, dass der ökologische Umbau Jobs kosten wird.
Teil eines «Green New Deals» muss auch eine Arbeitsplatzsicherheit sein. Denn durch den Strukturwandel in Wirtschaftsbereichen, die dem Klima schaden, werden Stellen verloren gehen. Um die Wende im Klimawandel zu schaffen, müssen wir alle Menschen mitnehmen. Mit der Jobgarantie können wir Widerstände im Zusammenhang mit möglichen Arbeitsplatzverlusten auffangen. Wir sind überzeugt, dass durch den ökologischen Umbau der Wirtschaft neue Jobs entstehen.
Sie fordern «netto null» bis 2030. Die Grünen Baselland fordern in ihrer Klimaschutz-Initiative «netto null» bis 2050. Wollten Sie die Grünen einfach übertrumpfen?
Für solche Gedanken bleibt in Anbetracht der Dringlichkeit der Situation keine Zeit. Wir haben bewusst ein ambitionierteres Ziel formuliert, damit wir uns daran messen müssen. Es ist bekannt: Je ambitionierter das Ziel, desto grösser die Anstrengungen, und umso früher wird es erreicht. Baselland war einst der Vorzeigekanton, was Klimaschutz angeht, als in Langenbruck Ende der 1980er-Jahre die erste Windenergieanlage aufgebaut wurde. Der Kanton Baselland ist aber träge geworden. Andere Kantone haben uns längst überholt. Wir sind der festen Überzeugung, dass das Baselbiet mehr kann.