Umstrittene Doppelspitze
11.06.2021 Baselbiet, Justiz, Politiktho. Teilen sich zwei Personen eine Führungsfunktion, ist neudeutsch von einem «Topsharing» die Rede. Lange zu reden gab dieses Modell gestern im Landrat: Sicherheitsdirektorin Kathrin Schweizer (SP) hatte mit Jacqueline Bannwarth (1969, Muttenz) und Patrizia Krug (1971, ...
tho. Teilen sich zwei Personen eine Führungsfunktion, ist neudeutsch von einem «Topsharing» die Rede. Lange zu reden gab dieses Modell gestern im Landrat: Sicherheitsdirektorin Kathrin Schweizer (SP) hatte mit Jacqueline Bannwarth (1969, Muttenz) und Patrizia Krug (1971, Arlesheim) zwei Kandidatinnen vorgeschlagen, die mit jeweils einem 50-Prozent-Pensum gemeinsam die Leitung der Staatsanwaltschaft übernehmen wollen. Die Stelle wird frei, weil die amtierende Erste Staatsanwältin Angela Weirich bereits ab nächstem Monat Generalsekretärin der Sicherheitsdirektion und damit die rechte Hand von Regierungsrätin Kathrin Schweizer ist. Nebenbei: Bei Parizia Krug handelt es sich um die Ehefrau von FDP-Landrat Balz Stückelberger. Dieser trat während der Behandlung des Geschäfts gestern in den Ausstand.
Fachlich umstritten sind die beiden Kandidatinnen nicht, wie sich während der Landratsdebatte zeigte. Beide arbeiten seit mehr als 20 Jahren bei der Staatsanwaltschaft und gehören dem Leitungsgremium an. Die SVP mit Unterstützung einer Minderheit der FDP-Fraktion bekämpfte Schweizers Vorschlag dennoch vehement. Aus einem Hauptgrund: Im Gesetz sei explizit festgehalten, dass die Verantwortung der Staatsanwaltschaftsleitung unteilbar in einer Hand liegen müsse. Zwar hatte Sicherheitsdirektorin Schweizer ein Gutachten bei der Uni Basel erstellen lassen, das zum Schluss kommt, dass die Doppelspitze dennoch möglich ist. SVP-Sprecher Hanspeter Weibel und Fraktionschef Peter Riebli bemängelten gleichwohl, dass hier sehenden Auges gegen das Gesetz verstossen werde und Entscheide der Staatsanwaltschaft damit schlimmstenfalls anfechtbar würden. Sie sprachen von einem Parteigutachten durch die Uni Basel.
Personalrechtliche Tücken
Auch mehrere weitere Einzelsprecherinnen und Einzelsprecher aus anderen Fraktionen – auch der Grünen/EVP – warfen ein, dass das «Topsharing» in dieser exponierten Position ohne vorhergehende Gesetzesänderung eigentlich nicht möglich sei. Zwei weitere Bedenken gab es: Bei der Stellenausschreibung sei die Möglichkeit des Jobsharings nicht erwähnt worden, womit andere mögliche Kandidatinnen und Kandidaten benachteiligt worden seien. Die Rede war von einem «falsch aufgegleisten Verfahren». Zudem habe das gewählte Modell seine personalrechtlichen Tücken, wie es mehrfach hiess. Denn die beiden Frauen werden ausdrücklich als integrales Duo angestellt. Kündigt die eine (oder es wird ihr gekündigt), verliert die andere ebenfalls automatisch ihren Job. Dieses Konstrukt sei hochproblematisch, so die SVP. Ein FDP-Landrat wurde zudem grundsätzlich: Die Staatsanwaltschaft habe rund 180 Angestellte und sei damit «ein ansehnliches KMU». Die Verantwortung ganz an der Spitze dieses «Unternehmens» könne nicht geteilt werden. In keinem andern Kanton gebe es dieses Führungsmodell bei einer Staatsanwaltschaft. Offenbar gehe es hier vor allem darum, Baselland als besonders fortschrittlich darstellen zu wollen. Mehrfach wurde in diesem Zusammenhang das Wort «Marketing» gebraucht.
Der Rückweisungsantrag der SVP scheiterte letztlich aber klar und Bannwarth und Krug wurden in geheimer Wahl mit 57 Stimmen gewählt. Das absolute Mehr lag bei 29 Stimmen, 29 Wahlzettel gingen leer ein, 2 waren ungültig. Die Vertreterinnen und Vertreter von Links und der Mitte, die sich durchsetzten, bezeichneten die beiden Kandidatinnen als sehr qualifiziert. «Auch als Landrat muss man zur Kenntnis nehmen, dass wir im 21. Jahrhundert angekommen sind und ‹Jobsharing› eine Realität ist. Die Haltung, dass nur eine Person führen kann, ist von vorgestern», meinte eine SP-Landrätin. Zudem werde die Verantwortung nicht geteilt, sondern gemeinsam wahrgenommen. Ein anderer Vertreter dieser Fraktion vermutete hinter dem Widerstand der Bürgerlichen gegen die Wahl vor allem «ein ‹Bashing› an die Adresse von Sicherheitsdirektorin Schweizer».