ZU TISCH MIT TSCHANZ
28.05.2021 Region, SportSpitzensport RS 1/21
Es ist 6:45 Uhr. Früher Morgen. Noch verschlafen laufe ich mit meinen Kampfstiefeln und Uniform aus meinem Zimmer. «Einstehen, durchnummerieren!» «Verstanden. Eins.»«Zug Spitzensport, Aaaaaaachtuung!» Ich bringe ...
Spitzensport RS 1/21
Es ist 6:45 Uhr. Früher Morgen. Noch verschlafen laufe ich mit meinen Kampfstiefeln und Uniform aus meinem Zimmer. «Einstehen, durchnummerieren!» «Verstanden. Eins.»«Zug Spitzensport, Aaaaaaachtuung!» Ich bringe meine Füsse mit den Fersen aneinander in einen 60 Grad Winkel, die Arme straff an den Körper angelegt, Brust rausgestreckt und den Kopf sowie die Augen mit starrem Blick nach vorne gerichtet. Wo bin ich denn hier gelandet?
In Magglingen! Ich habe die Ehre, als erster Tischtennisspieler überhaupt die Spitzensport-Rekrutenschule zwischen April und September zu besuchen. Die «Spi-Spo RS» ist ein Gefäss für eine kleine Anzahl an selektionierten Athleten aus der ganzen Schweiz, die den Militärdienst absolvieren und diesen mit ihrer Sport-Karriere verbinden. Das Ganze ist darauf ausgerichtet, Medaillen an Grossanlässen zu gewinnen.
Die Spitzensport-RS dauert 18 Wochen. In den ersten drei Wochen absolviert man die militärische Grundausbildung. In den nächsten zwei Wochen werden die Rekruten zu Militärsportleitern ausgebildet und dadurch qualifizierte Leiter von «Jugend und Sport» sowie Erwachsenensport. In dieser Phase hat man nur morgens Ausbildung. Nachmittag und Abend stehen für Training, Regeneration und Massage frei.
Während vier weiteren Wochen folgen weitere Module wie Career Management, Massage-Ausbildung, Medien-Ausbildung, Englisch und so weiter. Dazu kommen acht Wochen ganztägiges Training, wir Rekrutinnen und Rekruten haben dann die Möglichkeit von morgens bis abends zu trainieren – und das auch im Ausland. Reize setzen und Niveau erhöhen heisst dort die Devise.
Nach der RS habe ich mehrere Jahre Zeit, meine obligatorischen 30 WK-Tage zu absolvieren sowie 100 freiwillige in Anspruch zu nehmen. Diese Tage der Wiederholungskurse kann ich nutzen, um mich auf Turniere vorzubereiten oder an ihnen teilzunehmen. So werde ich während 130 Tagen im Jahr vom Militär oder vom Staat unterstützt und kann mich voll auf den Sport konzentrieren. Das ist nicht nur finanziell eine grosse Hilfe: Während dieser Zeit haben die Spitzensportlerinnen und -sportler auch Zugriff auf sämtliche Infrastrukturen des Bundesamts für Sport. Wir können unter Top-Bedingungen trainieren und werden von ausgebildeten Fachkräften unterstützt.
Ich werde meine restlichen 13 Wochen intensiv geniessen und versuchen, mich in meinem Sport so gut wie möglich weiterzuentwickeln. Ich hoffe, dass nachfolgende Generationen den gleichen Weg wie ich gehen und sich somit früh einen wichtigen Pfeiler für eine nachhaltige Profi-Karriere aufbauen können.
Der 21-jährige Cédric Tschanz jagt seit seinem zehnten Lebensjahr dem kleinen weissen Plastikball hinterher. Der Hölsteiner Profi-Sportler gehört zu den besten Tischtennisspielern der Schweiz.