Wer möchte fusionieren?
09.04.2021 Baselbiet, Zeglingen, Rünenberg, Kilchberg, Politik, RegionChristian Horisberger
«Aus welchen Gründen würden Sie eine Fusion der Einwohnergemeinden unterstützen?» «Welche Bedingungen müssen erfüllt sein, damit Sie einer Fusion der Einwohnergemeinden zustimmen würden?» «Aus welchen Gründen würden Sie eine ...
Christian Horisberger
«Aus welchen Gründen würden Sie eine Fusion der Einwohnergemeinden unterstützen?» «Welche Bedingungen müssen erfüllt sein, damit Sie einer Fusion der Einwohnergemeinden zustimmen würden?» «Aus welchen Gründen würden Sie eine Fusion der Einwohnergemeinden ablehnen?» Diese und mehr Fragen umfasst ein Fragebogen im Mitteilungsblatt des Verwaltungsverbunds Rünenberg-Kilchberg-Zeglingen. Planen die drei Nachbargemeinden, die bereits bei Feuerwehr, Friedhof, Werkhof, Sozialhilfe und Verwaltung eng kooperieren, nun den definitiven Zusammenschluss?
Mitnichten. Bei der Umfrage handelt es sich um ein Projekt von Tina Weiss. Die Mitarbeiterin des Verwaltungsverbunds und Gemeindeschreiberin von Rünenberg durchläuft an der Fachhochschule Nordwestschweiz eine Ausbildung zur Gemeindeverwalterin. Im Rahmen dieses Lehrgangs erstellt sie eine Arbeit über die Fusion der drei Verbundgemeinden.
Es liege kein Auftrag der Gemeinderäte einer oder mehrerer Verbundgemeinden vor und die Projektarbeit diene lediglich der Grundlagenforschung, hält die 32-Jährige im Gemeindeblatt fest. Doch habe sie die Umfrage mit dem Einverständnis aller Gemeinderäte sowie der Verbundsverwalterin gestartet.
Zufällig hat Weiss ihr Thema nicht gewählt. Die Arbeiten sollen nicht einfach Sandkastenspiele sein, sondern man solle einen praktischen Nutzen daraus ziehen können, sagt sie zur Vorgabe für die Aufgabe. Aufgrund ihrer Erfahrungen im Verbund sei die Verwaltung öfter mit Arbeiten konfrontiert, die dreimal ausgeführt werden müssten. Als Beispiel nennt sie Einladungen zu Gemeindeversammlungen, Rechnungsabschlüsse oder Budgets. Auch verfüge jede Gemeinde über eine eigene Schreiberin: «Gemessen an der Bevölkerung aller drei Gemeinden würde eine ausreichen.» In ihren Augen als Mitarbeiterin des Verwaltungsverbunds wäre eine Fusion sinnvoll, sagt Weiss. Das aber sei nur ein Blickwinkel. Letztlich seien es die Einwohnerinnen und Einwohner, die für einen Zusammenschluss den Ausschlag geben würden: «Am wichtigsten ist, was sie denken. Ohne sie bringt man so etwas nicht durch.» Daher lege sie den Fokus ihrer Arbeit auf die Bevölkerung.
61 Teilnehmende
Der Fragebogen wurden im März im Mitteilungsblatt und auf der App des Verwaltungsverbunds publiziert, Einsendeschluss war Anfang dieser Woche. Der Rücklauf ist nicht gerade überwältigend ausgefallen. 61 Fragebögen gingen bei ihr ein, davon seien 43 vollständig ausgefüllt worden. Ausgewertet ist noch nichts. Gemessen an der Einwohnerzahl von rund 1400 sei die Anzahl bescheiden, sagt Weiss, gemessen am Aufmarsch an Gemeindeversammlungen sehe es etwas besser aus. Als Ergänzung zur schriftlichen Umfrage will die Verwaltungsangestellte diverse Interviews mit Einwohnerinnen und Einwohnern der drei Dörfer führen – auch mit Mitgliedern der Gemeinderäte. Ihr Ziel ist ein möglichst repräsentatives Grundlagenpapier.
Abgabetermin für die Projektarbeit ist der 12. Mai. Tina Weiss würde ihre Ergebnisse dann gerne der Bevölkerung zugänglich machen. Denn sie könne sich gut vorstellen, dass sich für das Resultat sowohl die Einwohner als auch die Gemeinderäte interessieren. Damit liegt sie völlig richtig: «Ich bin neugierig aufs Ergebnis», sagt der Rünenberger Gemeindepräsident Thomas Zumbrunn. Es sei gut, wenn der Bevölkerung der Puls gefühlt werde, ob bei diesem Thema Handlungsbedarf besteht, sagt er. Jedoch setzt er ein Fragezeichen dahinter, wie repräsentativ die Analyse sein wird: Bei Umfragen meldeten sich oft nur jene Menschen, die sich für ein Thema besonders engagieren. Dennoch erhofft er sich die ganze Bandbreite der Argumente für und wider eine Fusion.
Auf die Frage, ob er dazu bereit wäre, jetzt einen Schritt in Richtung Fusion zu tun, gibt sich Zumbrunn eher zurückhaltend. Mit der Kreisschule und dem Turnhallenneubau habe man derzeit vorrangigere Themen. Er sehe aktuell auch keine zwingenden finanziellen Gründe für das Unterfangen, daher würde es eher wohl einen schweren Stand haben. Mittel- oder langfristig kann sich Zumbrunn eine Fusion aber durchaus vorstellen.
Bürger als Bremser?
Ginge es nach Zumbrunns Amtskollegen in Kilchberg, Marcel Aeschbacher, könnte die Fusion von Rünenberg, Kilchberg und Zeglingen schon bald aufgegleist werden. Er sei der Idee gegenüber sehr aufgeschlossen und so schätze er auch viele Kilchbergerinnen und Kilchberger ein. Denn bei den bisherigen Kooperationen mit Rünenberg und Zeglingen sei die Zustimmungsrate in seinem Dorf jeweils sehr hoch gewesen. Auch Aeschbacher begrüsst die Projektarbeit und ist auf die Erkenntnisse gespannt. «Es könnte sich zeigen, dass es sich lohnt, einen Schritt zu machen, oder dass man die Sache für die nächsten zehn Jahre vergessen kann.»
Für Letzteres könnte nach seiner Einschätzung die Haltung der Bürgerinnen und Bürger den Ausschlag geben. Deren Fusionsfreudigkeit stuft er als tief ein. Desgleichen Fredi Rickenbacher: Der Zeglinger Gemeindepräsident vermutet, dass eine Fusion bei den Bürgern grössere Emotionen auslösen dürfte als bei den Einwohnern. Rickenbacher lehnt eine Gemeindefusion nicht grundsätzlich ab, doch sieht er keine grossen Einsparungen, «wenn sich drei kleine Gemeinden zu einer nicht viel grösseren zusammentun». Die meisten Sparmöglichkeiten habe man mit Verbünden bereits ausgeschöpft. Wenn fusionieren, dann eher im grösseren Stil, findet Rickenbacher. Aber nicht heute und morgen. Vielleicht übermorgen, «oder sobald die Gemeinderatssitze nicht mehr besetzt werden können».