Scheibenstand bald bleifrei
15.01.2021 Bezirk Sissach, Sissach100 000 Franken für über 100-jährige Kugeln
In Sissach wird in diesem Jahr das Erdreich der früheren Schiessanlage im Bereich Sagenacker gesäubert. Zwar wird nur der Boden beim Scheibenstand der Pistolenschützen saniert, doch das stellt gleichwohl den höchsten Sachaufwand im Budget ...
100 000 Franken für über 100-jährige Kugeln
In Sissach wird in diesem Jahr das Erdreich der früheren Schiessanlage im Bereich Sagenacker gesäubert. Zwar wird nur der Boden beim Scheibenstand der Pistolenschützen saniert, doch das stellt gleichwohl den höchsten Sachaufwand im Budget dar.
Jürg Gohl
Sissach ist ohne Voranschlag ins neue Jahr gestartet. Am kommenden Mittwoch wird die Einwohnergemeindeversammlung, die am 9. Dezember wegen der Pandemie kurzfristig vertagt wurde, in der geräumigeren Dreifachturnhalle Tannenbrunn nachgeholt.
Damit sitzen die Stimmbürgerinnen und -bürger einen tüchtigen Steinwurf weg von jenem Ort, der im Budget in der Spalte mit den ausserordentlichen Sachaufwänden für den mit Abstand höchsten Posten sorgt: der frühere Scheibenstand der Pistolenschützen im Sagenacker. 100 000 Franken sind im Voranschlag für die Altlastensanierung der alten Pistolenanlage beim Schützenweg reserviert. Dieses Vorhaben soll in diesem Jahr umgesetzt werden.
Wohl handelt es sich um eine eher kleine Fläche, die von Schwermetallen gesäubert wird, doch erfordert dies einen hohen Aufwand. Der genaue Zeitpunkt der Sanierung ist noch offen. «Das gilt auch für die Kosten», sagt Godi Heinimann, der Sissacher Gemeindeverwalter, «hier konnten wir beim Budgetieren nur eine grobe Schätzung vornehmen.» Der Bund werde sich zudem mit rund 40 Prozent an den Ausgaben beteiligen.
Schutz vor Blei im Boden
Das war bereits 2009 der Fall, als in Sissach die heutige Schiessanlage auf dem Limperg saniert wurde. Mit seiner finanziellen Unterstützung motivierte der Bund damals Gemeinden dafür, zum Schutz von Mensch, Tier und Grundwasser das Erdreich in ihren Ständen von den Bleirückständen zu befreien, die von den eindringenden Projektilen hinterlassen werden. Das Schwermetall bildet ein Gesundheitsrisiko, sobald es in die Nahrungskette gelangt.
Die damalige Sanierung kostete 159 000 Franken. Der Bund beteiligte sich mit 61 000 Franken daran. Weil bei dieser Arbeit zugleich für 100 000 Franken neue Kugelfänge für alle drei Distanzen (25, 50 und 300 Meter) eingebaut wurden, bezahlte Sissach damals netto total fast 200 000 Franken an den Schiessbetrieb.
Bei diesen Arbeiten ging in Sissach aber vergessen, dass es im Sagenacker noch einen alten Schiessplatz gibt, der 66 Jahre im Betrieb war und dessen Boden in dieser Zeit entsprechend viel Schwermetall einverleibt wurde. «Er ging damals einfach unter dem Radar durch», sagt Heinimann.
Falsche Winde, wackelnde Böden
Der stärker belastete Scheibenstand der damaligen 300-Meter-Anlage ist im Gegensatz zum Pistolenstand von den anstehenden Arbeiten nicht betroffen. Er liegt im Bereich der südlichen Ausfahrt des Autobahntunnels, wo die Kugeln im Boden keinen Schaden anrichten. Die A2 besiegelte auch die Geschichte des langjährigen Sissacher Schiessstands, an den heute – neben den Altlasten im Boden – noch das Schützenhäuschen beim Parkplatz Tannenbrunn erinnert.
Die Anlage ging 1902 in Betrieb. Vor fast 120 Jahren seien dort die ersten Kugeln in den Boden gelangt, merkt Gemeindepräsident Peter Buser an, «wir beseitigen nun ihre Rückstände». Die Schützen waren damals mit ihrem alten, unterhalb der Letten gelegenen Stand nicht glücklich. Zwar war er schön gelegen, doch fluchten die Schützen über «den falschen Wind, der alle Augenblicke von links nach rechts wechselte», sowie über die Beleuchtung und «den schwankenden Boden», wie der Schützen-Chronist Ueli Oberli am 22. August 2019 in der «Volksstimme» berichtete.
An der Gemeindeversammlung gilt Maskenpflicht – sowohl auf dem Sekundarschulareal als auch in der Sporthalle Tannenbrunn. Für die Registrierung ist beim Eintritt die Einladung zur Versammlung abzugeben.