Abstimmen aus dem Homeoffice?
14.01.2021 Baselbiet, PolitikAnpassung des Landratsgesetzes wird geprüft
Der Baselbieter Landrat soll künftig auch dann handlungsfähig bleiben, wenn ein physisches Zusammenkommen nicht mehr möglich ist. Die digitale Parlamentssitzung soll allerdings die absolute Ausnahme bleiben.
David ...
Anpassung des Landratsgesetzes wird geprüft
Der Baselbieter Landrat soll künftig auch dann handlungsfähig bleiben, wenn ein physisches Zusammenkommen nicht mehr möglich ist. Die digitale Parlamentssitzung soll allerdings die absolute Ausnahme bleiben.
David Thommen
Die Abstandsvorschriften wegen Corona haben den Landrat im vergangenen März für kurze Zeit komplett lahmgelegt. Parlamentssitzungen waren im zu engen Landratssaal im Liestaler Regierungsgebäude nicht mehr möglich.
Allzu lange dauerte der parlamentarische Lockdown allerdings nicht: Der Landrat unter der damaligen Leitung von Peter Riebli (SVP, Buckten) wich in einen grossen Saal der Messe Basel aus, wo die vorgeschriebene Distanz von Landrat zu Landrat eingehalten werden konnte. Bald konnten dort aus dem Exil die von der Baselbieter Regierung erlassenen Notfallpakete genehmigt sowie die Hilfsgelder und die Covid- 19-Kredite an die krisengeschüttelten Firmen ausbezahlt werden.
Trotz der rasch gefundenen Lösung rieb man sich als Beobachter etwas die Augen: Alle Welt verzog sich ins Homeoffice, nutzte Videokonferenzsysteme wie Zoom oder Skype und mied Menschenansammlungen. Die Parlamente sahen sich hingegen gezwungen, sich in einem Saal zu versammeln. Denn die Parlamentsgesetze in der Schweiz schreiben die physische Präsenz der Volksvertreter als zwingende Voraussetzung für eine Beschlussfassung vor. Im Baselbiet muss überdies das Stimmverhalten jeder Parlamentarierin und jedes Parlamentariers lückenlos erfasst werden. Erprobte Computersysteme, die einen gesetzeskonformen Parlamentsbetrieb zulassen würden, hatte man damals auf die Schnelle nicht zur Hand. Befristete Ausnahmen für virtuelle Sitzungen erlauben bislang erst der Nationalrat sowie der Grosse Rat des Kantons Freiburg.
Nur in Krisenzeiten
Jetzt allerdings steht auch dem Baselbieter Landrat ein pandemiebedingter Digitalisierungsschritt bevor: Die Geschäftsleitung des Parlaments arbeitet an einer Änderung des Landratsgesetzes sowie der Geschäftsordnung des Parlaments, um ebenfalls «Abstimmungen in Abwesenheit» zu ermöglichen.
Wann die vorgeschlagene Gesetzesänderung in die Vernehmlassung geschickt wird, ist noch offen, wie Alex Klee, der Leiter des Parlamentsdienstes, gegenüber der «Volksstimme» sagt. Die Stossrichtung ist aber heute schon klar: Plenarsitzungen und Abstimmungen aus dem Homeoffice soll es in Zukunft ausschliesslich in «klar definierten Krisensituationen» – wie jetzt während der Coronavirus-Pandemie – geben. In «normalen» Zeiten hingegen soll die physische Präsenz der Landrätinnen und Landräte weiterhin Voraussetzung bleiben, um stimmberechtigt zu sein.
Zumindest denkbar wäre gewesen, dass das Parlament künftig auch dauerhaft eine hybride Form ermöglicht: ein System also, das auch ortsabwesenden oder kranken Landrätinnen und Landräten mittels Liveschaltung und digitaler Abstimmungsmöglichkeit die virtuelle Teilnahme an den Sitzungen ermöglicht.
Laut Klee wird auf eine solche Neuerung ausdrücklich verzichtet: Abwesenheiten wegen Krankheit, Unfall, Mutterschaft, beruflicher Verpflichtungen, Ferien und anderem mehr habe es auch bisher immer gegeben. Das Funktionieren des Parlaments sei dadurch aber nie grundsätzlich beeinträchtigt worden. An dieser Praxis mit der bewährten Präsenzpflicht wolle man ausserhalb von Krisenzeiten festhalten.
Indessen sei die Digitalisierung im Baselbieter Parlamentsbetrieb schon weit fortgeschritten, sagt Klee. Bereits seit 2017 stehen den Parlamentarierinnen und Parlamentariern elektronische Systeme zur Verfügung, die beispielsweise den Zugriff auf alle Vorlagen oder das digitale Einreichen von Anträgen erlauben – der Landrat funktioniert seither zumindest theoretisch weitgehend papierlos.
Deutlich weiter als bei den Plenarsitzungen geht der Landrat bei seinen Kommissionssitzungen: Einzelne Kommissionen hätten seit Frühling 2020 fast ausschliesslich per Videokonferenz getagt, so Klee. Zum Einsatz komme hier ein Computersystem, das bezüglich Datenschutz hohe Anforderungen erfülle. Zusätzlich hat die Landeskanzlei laut Klee technische Systeme beschafft, die hybride Sitzungen zulassen: Kommissionsmitglieder von ausserhalb können sich via Lautsprecher und Beamer an den Beratungen beteiligen und bekommen Bild und Ton von der Sitzung auf ihren Computer geliefert. Anders als bei den Plenarsitzungen kann auch aus der Distanz problemlos abgestimmt werden: In den Kommissionen muss das Stimmverhalten der einzelnen Mitglieder nicht elektronisch protokolliert werden.