«Märklis» Noten waren harmlos
22.10.2020 Baselbiet, PolizeiStaatsanswaltschaft beurteilt das Geld anders als Gutachter Donatsch
Das Geld, das ein 8-jähriger Bub einer Verkäuferin im Diegter Volg entgegengestreckt hat, ist kein Falschgeld. Zu diesem Schluss kam die Staatsanwaltschaft bei der Prüfung einer entsprechenden Strafanzeige. Der ...
Staatsanswaltschaft beurteilt das Geld anders als Gutachter Donatsch
Das Geld, das ein 8-jähriger Bub einer Verkäuferin im Diegter Volg entgegengestreckt hat, ist kein Falschgeld. Zu diesem Schluss kam die Staatsanwaltschaft bei der Prüfung einer entsprechenden Strafanzeige. Der Gutachter im «Fall Märkli» sieht das anders.
Sebastian Schanzer
Es geschah Ende April dieses Jahres: Mit falschen Geldnoten, die sie an der eigentlich abgesagten Sissacher Fasnacht aufgelesen hatten, wollten ein 8-jähriger Bub und seine beste Freundin in der Diegter Volg-Filiale Waren bezahlen. Der Fall machte fast weltweit Schlagzeilen, weil die Volg-Verkäuferin anschliessend die Polizei informierte und diese einen Monat später Ermittlungen aufnahm – Ermittlungen, die bei vielen für Kopfschüttlen sorgten. Ein Polizist in zivil führte Gespräche mit den Kindern und nahm dabei auch Fotos im Seitenprofil auf, wie man es bei Straftätern tut.
Die Polizeivorsteherin Kathrin Schweizer geriet aufgrund von Medienberichten und Fragen aus dem Landrat unter Druck und gab ein unabhängiges Gutachten in Auftrag, das Klarheit verschaffen sollte. Der ehemalige Polizeioffizier und emeritierte Zürcher Rechtsprofessor Andreas Donatsch sollte untersuchen, ob in den inund externen Abläufen gegen geltendes Gesetz und interne Weisungen verstossen worden ist. Der Untersuchungsbericht liegt mittlerweile vor, am Dienstag informierte die Regierung die Öffentlichkeit über die entsprechenden Erkenntnisse. Zum Schutz der Persönlichkeitsrechte der betroffenen Jugendlichen und in Absprache mit den Familien werde der Bericht nicht öffentlich publiziert.
Der Gutachter kommt laut Regierung «eindeutig» zum Schluss, die Baselbieter Polizei habe verhältnismässig und im Einklang mit geltendem Recht gehandelt. Der für den Fall verantwortliche Polizist sei verpflichtet gewesen, den Sachverhalt abzuklären und die mutmasslichen Euro-Noten seien zurecht als Falschgeld erkannt worden. Weiter kam Donatsch in seiner Untersuchung zum Schluss, dass auch das dreifache Fotografieren des Knabens, das in der Öffentlichkeit für Empörung gesorgt hatte, «zum Zweck der eindeutigen Identifizierung verhältnismässig» gewesen und gerade noch im zulässigen Ermessen des Polizeibeamten gelegen sei.
«Geld sieht nicht aus wie echt»
David Hug, Anwalt der betroffenen Familie, zeigt sich auf Nachfrage unzfrieden mit der «eindimensionalen»» Mitteilung des Regierungsrats. Im Bericht werde zwar kein klares Fehlverhalten festgestellt. «Vieles ist aber am äussersten Rand des Zulässigen erfolgt», so Hug. Und weiter: «Herr Donatsch ist polizeifreundlich eingestellt. Ich gehe davon aus, dass ein anderer Gutachter zu einem anderen Schluss gekommen wäre.»
Zumindest bei der Einschätzung, ob es sich um Falsch- oder Spielgeld handelte, ist dies bereits geschehen. Die Baselbieter Staatsanwaltschaft hat sich mit dieser Frage befasst, nachdem bei ihr eine entsprechende Anzeige gegen Unbekannt eingegangen war. Das bestätigt deren Mediensprecher Thomas Lyssy auf Anfrage.
Zu prüfen war, ob sich jemand wegen Fälschens von Geld oder wegen in Umlaufsetzens von Falschgeld strafbar gemacht haben könnte. Dieser Verdacht hat sich nicht erhärtet. «Die Strafanzeige wurde mit einer Nichtanhandnahmeverfügung erledigt, da die fraglichen Straftatbestände nicht erfüllt waren», schreibt Lyssy. Der Straftatbestand des in Umlaufsetzens von Falschgeld ist dann erfüllt, wenn die Banknoten als angeblich echt oder unverfälscht in Umlauf gesetzt werden. «Die Noten, die wir zu beurteilen hatten, sehen aber nicht so aus, als habe sie jemand als echt aussehen lassen wollen», so Lyssy.
Dem entgegen zitiert die Regierung aus Donatschs Bericht, die von den Kindern vorgezeigten Geldnoten wirkten echt – trotz fehlender Sicherheitsmerkmale, wie zum Beispiel dem Hologramm, und trotz der chinesischen Zeichen, die auf einer Hälfte der Note aufgedruckt sind.