Resistent gegen Trockenheit
25.09.2020 Bezirk Sissach, Gastronomie, Wintersingen, LandwirtschaftMandeln als valable Alternative zu Kirschen?
Mit einer Sortenprüfung will das Steinobstzentrum Breitenhof in Wintersingen das Potenzial des Mandelanbaus in der Schweiz abklären. Schokoladefabriken und Verarbeiter sind interessiert.
Ueli Frei
Steigende Kosten, ...
Mandeln als valable Alternative zu Kirschen?
Mit einer Sortenprüfung will das Steinobstzentrum Breitenhof in Wintersingen das Potenzial des Mandelanbaus in der Schweiz abklären. Schokoladefabriken und Verarbeiter sind interessiert.
Ueli Frei
Steigende Kosten, sinkende Preise und die Kirschessigfliege: Insbesondere der Hochstammfeldobstbau steht seit geraumer Zeit unter enormem Druck. Auch die Folgen des Klimawandels führen zu Veränderungen in den Kulturen. «Steigende Temperaturen und vermehrte Trockenheit erhöhen das Potenzial für Mandeln stetig», lautet daher das Fazit einer von der «Fondation Sur-la-Croix» mitfinanzierten Studie der landwirtschaftlichen Forschungsanstalt Agroscope über den Mandelanbau.
Die gegen Trockenheit weitgehend resistente Baumart sei eine valable Alternative für den Hochstammkirschenanbau. Doch dafür braucht es eine wissenschaftliche Basis. «Sortenwahl, Anbautechnik, Schädlingsdruck und Krankheiten sind in unseren klimatischen Bedingungen noch nicht bekannt», erklärt Thomas Schwizer, Leiter des zu Agroscope gehörenden Steinobstzentrums Breitenhof oberhalb von Wintersingen.
Mandelbäume seien nicht empfindlicher als Pfirsiche und Aprikosen, so Schwizer. Der Breitenhof verfügt über eine bevorzugte Frostlage. Auf Basis der Studie wurde beschlossen, auf dem Forschungsbetrieb eine Sortenprüfung mit 20 Sorten aus der Schweiz, Frankreich, Spanien, Italien, Ungarn, Deutschland und den USA durchzuführen. Als Steinobstregion verfügt die Nordwestschweiz zudem über gute Voraussetzungen. Für den Anbau und die Ernte sind keine zusätzlichen Maschinen nötig.
«Eine Bereicherung»
Als Standort für die insgesamt 40 Bäume wählte Schwizer einen Südosthang. «Mit guter Besonnung, wo die kalte Luft abfliessen kann», erklärt er. Die Sortenprüfung führt der «Breitenhof» auf Niederstammbäumen durch. Doch auch als Hochstamm für den für unsere Landschaft typischen Streuobstbau eigne sich der Mandelbaum. Mandelblüten sind eine Bereicherung für die Landschaft, ist Schwizer überzeugt – nicht nur für den Menschen. «Bienen und frühe Insekten werden Freude daran haben.»
Grundsätzlich eignen sich Mandelbäume für Standorte mit sandigen Lehmböden, wo auch Aprikosen oder Wein angebaut werden. Insbesondere in der zweiten Hälfte der Vegetationsperiode bevorzugen sie trockenes Wetter. Mit dem Mandelanbau betritt Schwizer kein Neuland. «Wir haben schon ein paar Mandelbäume auf dem ‹Breitenhof›», erzählt er. Bisher gab es jedes Jahr einen Ertrag.
Erste Erfahrungen liefern zudem Landwirtschaftsbetriebe im Zürcher Weinland, im Rheintal und im Wallis. Allerdings fehlt auch hier noch der wissenschaftliche Hintergrund. Der Mandelbaum ist frosthart bis zu minus 20 Grad. Der Zeitpunkt der Blüte von März bis April ist früher als jener der Kirsche und könnte ein Problem darstellen. «Die Blüten sind sehr empfindlich», erklärt Schwizer. Trotz wärmerer Temperaturen bleibt die Gefahr von Spätfrost, und er erinnert an den April 2017.
Schon kurzfristige Frosttemperaturen können grosse Schäden verursachen. Auf der Habenseite steht eine ausgeprägte Toleranz gegenüber Trockenheit. Auch den Schädlings- und Krankheitsdruck beurteilt Schwizer aufgrund seiner bisherigen Erfahrungen als gering. Einzig die Kräuselkrankheit und die Blütenmonilia seien vereinzelt aufgetreten. Die ersten Bäume aus Spanien werden im Frühling 2021 auf dem «Breitenhof» eintreffen. Im Herbst des nächsten Jahres will Schwizer jene Bäume setzen, die bei der Baumschule Salathé in Diegten veredelt wurden.
Ergebnisse in sechs Jahren
Bei den Verarbeitern, insbesondere bei Schokoladefabriken, und beim Detailhandel stösst das Projekt auf Interesse. Doch vorerst ist Geduld gefragt. Eine erste Einschätzung wird Schwizer in drei Jahren vornehmen. Konkrete Ergebnisse und verlässliche Aussagen sind frühestens nach fünf bis sechs Jahren zu erwarten. Erst dann machen vertieftere Gespräche mit potenziellen Abnehmern Sinn.
«Von den Preisen haben wir aber noch keine Vorstellung», sagt Schwizer. Für die Kosten für den Anbau, die Pflege und die Ernte liegen zwar erste Berechnungen vor. Als Kalkulationsgrundlage braucht es jedoch Erfahrungen aus der Praxis. Grossmengen, wie sie in Frankreich, Spanien und Kalifornien produziert werden, seien in der Schweiz kaum möglich. «Die Mandel wird ein Nischenprodukt bleiben», ist Schwizer überzeugt.