Simone Coigny bezahlt doppelt
24.07.2020 Bezirk Waldenburg, TittertenSebastian Schanzer
Es ist eine weitere Quittung für die politischen Turbulenzen im Dorf vom vergangenen Jahr: Simone Coigny, im Februar mit einem vernichtenden Ergebnis aus dem Titterter Gemeinderat gewählt, muss sich bald auch von ihren Ämtern in der regionalen ...
Sebastian Schanzer
Es ist eine weitere Quittung für die politischen Turbulenzen im Dorf vom vergangenen Jahr: Simone Coigny, im Februar mit einem vernichtenden Ergebnis aus dem Titterter Gemeinderat gewählt, muss sich bald auch von ihren Ämtern in der regionalen Sozialhilfebehörde und dem kantonalen Verband für Sozialhilfe (VSO) verabschieden. Am 2. Juli wählte der Titterter Gemeinderat neu Sibylle Rieder in die Regionale Sozialhilfebehörde, wie Verena Heid, Gemeindepräsidentin von Titterten auf Anfrage bestätigt.
Coigny hatte sich als Bisherige ebenfalls beworben, zog nun aber offenbar den Kürzeren. Weil sie ab der kommenden Amtsperiode Anfang 2021 nicht mehr Mitglied in der kommunalen Behörde ist, kann sie auch im kantonalen Verband kein Amt mehr ausführen. So sehen es dessen Statuten vor. Der VSO muss an seiner Generalversammlung im Frühjahr 2021 entsprechend sein Präsidium und zwei weitere Vakanzen im Vorstand neu besetzen.
Ihre Betroffenheit über die Abwahl kann Coigny nicht ganz verbergen: «Klar bin ich enttäuscht. Die Sozialhilfebehörde und der ganze Vorstand des VSO ist enttäuscht», sagt sie auf Anfrage. Und dieser gelangte denn auch an die «Volksstimme»: «Wir wären froh, wenn der Titterter Gemeinderat sich diesen Entscheid noch einmal überlegen würde», sagt VSO-Vizepräsidentin Caroline Zürcher.
«Nichts für Laien»
Seit Bestehen der Regionalen Sozialhilfebehörde Hinteres Frenkental vertritt Coigny dort ihre Wohngemeinde Titterten, war anfangs Aktuarin und ab 2014 Präsidentin des 2009 gegründeten Verbunds mit Lauwil, Lupsingen, Reigoldswil, Ziefen und dem mittlerweile ausgetretenen Arboldswil. Im vergangenen Jahr wurde sie darüber hinaus zur Präsidentin des Verbands für Sozialhilfe Baselland gewählt, nachdem sie bereits vier Jahre lang Mitglied des Vorstands war. Sie löste den Liestaler Werner Spinnler ab, der im kommenden Jahr ganz aus dem Vorstand austreten wird.
Auf Anfrage sagt Spinnler: «Wir bedauern diesen Entschluss sehr. Simone Coigny hat beim VSO viel Engagement und Erfahrung eingebracht.» Gerade bei der aktuellen Revision des Sozialhilfegesetzes habe sie als VSO-Präsidentin wertvolle Arbeit geleistet, sei es in den Kommissionen oder bei der Stellungnahme zur Vernehmlassung. Zudem sei sie massgeblich daran beteiligt, dass der Verbund der kleinen Gemeinden im Hinteren Frenkental so gut funktioniere. «Das war ein notwendiger Schritt. Einzelne Gemeinden sind teilweise überfordert von der Komplexität der Fälle.» Er kenne die neu gewählte Delegierte aus Titterten zwar nicht. Sicher sei aber: «Die Arbeit in der Sozialhilfebehörde ist nichts für Laien.»
Wahl künftig an der Urne
Weshalb also verzichtet der Titterter Gemeinderat auf die Dienste von Coigny, die mit ihrer Erfahrung für die Stelle bei der Regionalen Sozialhilfebehörde zweifellos prädestiniert gewesen wäre? Gemeindepräsidentin Heid will die Neubesetzung, beziehungsweise Personalangelegenheiten im Allgemeinen, nicht kommentieren. Gemäss Coigny begründet der Gemeinderat seinen Entscheid aber mit dem angestrebten Neuanfang, der das Dorf wieder in ruhige Fahrwasser führen soll (siehe Kasten). Das habe er ihr per Telefon mitgeteilt. «Ich habe schon vermutet, dass es so weit kommen würde», sagt Coigny dazu.
Dass in Titterten die Wahl einer Delegierten in die regionale Sozialhilfebehörde durch den Gemeinderat erfolgt, dürfte sich indes ändern. Bereits im Dezember 2018 reichte Verena Heid einen Antrag ein, wonach die Wahlen in die Sozialhilfebehörde an der Urne durchgeführt werden sollen. Der Gemeinderat hatte sich damals aber entschieden, die Behandlung aufzuschieben, um den Antrag gemeinsam mit dem neuen Schulvertrag vor das Volk zu bringen, so Coigny. Beide Geschäfte bedingen eine Änderung der Gemeindeordnung. An der kommenden Gemeindeversammlung Ende August sollen sie laut Heid auf die Traktandenliste. Indes: Ob eine Urnenwahl für Coigny zu einem besseren Ergebnis geführt hätte, ist angesichts ihrer Niederlage bei den Gemeinderatswahlen fraglich.
2019 war in Titterten ein turbulentes Jahr
ssc. Die Gemeinde Titterten hat stürmische Zeiten hinter sich: Ende 2018 kritisierte Gemeinderat Thomas Moor den «ruppigen Umgang» der Bevölkerung und insbesondere auch der Rechnungsund Geschäftsprüfungskommission (RGPK) mit dem Gemeinderat und trat entnervt zurück. Kurze Zeit später demissionierten alle Mitglieder der RGPK. Deren Präsident warf wiederum dem Gemeindepräsidenten Heinrich Schweizer vor, nicht transparent zu arbeiten und zu emotional auf Kritik zu reagieren. Ein halbes Jahr später nahmen mit Urs Buser und Simon Suter zwei weitere Gemeinderäte den Hut, ebenfalls aus Unzufriedenheit mit dem Führungsstil des «Breesi» und seiner Vize Simone Coigny. Schnell sickerte durch, dass die Abtretenden vor allem Mühe mit der Freistellung der Gemeindeverwalterin hatten. Und auch Teilen der Dorfbevölkerung ist dieser Entscheid sauer aufgestossen, weil die Lohnfortzahlung der freigestellten Verwalterin das ohnehin rote Budget mit zusätzlichen 30 000 Franken belastete. Das Budget wurde denn auch zurückgewiesen und erst im zweiten Anlauf genehmigt. Die Quittung für das turbulente Jahr erhielten Schweizer und Coigny dann an den Gesamterneuerungswahlen im Februar. Bei einer Stimmbeteiligung von 66,2 Prozent verfehlten sie das absolute Mehr bei Weitem und mussten ihre Plätze im Gemeinderat räumen.