Viel Neuland beim Neuanfang nach Lockdown
12.05.2020 Bezirk Sissach, Gastronomie, GelterkindenErster Betriebstag unter Schutzmassnahmen für Restaurants und Detailhändler
Stammgäste im «Schwyzerhüsli», Gelegenheitsgäste in der «Alta Villa», eine «Braui-Bar» mit verglasten Sitznischen und Hochbetrieb im Landschäftler. Die Wiederaufnahme der Gastro- und ...
Erster Betriebstag unter Schutzmassnahmen für Restaurants und Detailhändler
Stammgäste im «Schwyzerhüsli», Gelegenheitsgäste in der «Alta Villa», eine «Braui-Bar» mit verglasten Sitznischen und Hochbetrieb im Landschäftler. Die Wiederaufnahme der Gastro- und Detailhandelsbetriebe unter besonderen Schutzmassnahmen ist für alle Neuland. Ein Augenschein.
Severin Furter
Acht Wochen. So lange war das «Schwyzerhüsli» in Gelterkinden in den vergangenen drei Jahrzehnten noch nie durchgehend geschlossen. Das Restaurant zwischen «Bärenrank» und Kreisel wird seit 36 Jahren von Elisabeth Mundwiler geführt. Gestern Vormittag hat sie das erste Mal seit dem Corona-Lockdown ihre Gaststube wieder geöffnet.
Die Stammgäste waren es, die dem «Schwyzerhüsli» gestern als Erstes einen Besuch für ein Znüni oder eine Stange Bier abstatteten. «Ich kann dir eine Zeitung geben, diese muss ich nachher aber entsorgen», antwortet Mundwiler auf die Frage eines Stammgastes, der eine Tageszeitung verlangt. Auf die klassische Auflage von Zeitungen und Magazinen müssen die Wirte aufgrund der Schutzmassnahmen rund um das Coronavirus verzichten.
Mundwiler steht inzwischen hinter dem Buffet und trocknet Gläser: «Es braucht wohl Zeit, bis alles wieder normal läuft.» Gerade am Abend rechne sie noch nicht mit vielen Gästen. Dies, weil einige Vereine wohl noch ausbleiben, die ansonsten nach der Turn- oder Gesangsstunde im «Schwyzerhüsli» einkehren. Sowieso kann Mundwiler in ihrer Gaststube nicht so viele Gäste wie üblich bewirten: Anstelle der 26 Sitzplätze sind vorläufig nur deren 12 verfügbar.
Ähnlich präsentiert sich die Situation in der «Braui-Bar» an der Marktgasse. Zur Znünizeit ist es ruhig im Lokal unter der Leitung von Patrick Sonnbauer. Nur gerade ein Gast sei bisher gekommen, Sonnbauer hofft auf mehr Gäste nach Feierabend: «Gleich wie vor Corona wird es aber sowieso nicht mehr sein», sagt er. Seine Bar präsentiert sich in einem völlig anderen Erscheinungsbild. Der Töggelikasten und die Dart-Scheibe sind weggeräumt, ebenso einige der Tische. An der Bar stehen gerade noch fünf Stühle. Zudem sind die Plätze an der Bar in Nischen eingeteilt – mit einer Konstruktion aus Stahl und Glas. So werden sich die Gäste an der Bar fortan durch die Scheibe unterhalten können, das Getränk wird ihnen durch einen transparenten Plastikvorhang hindurchgereicht.
Schutzwände selbst hergestellt
Die Schutzmassnahmen in der «Braui-Bar» sind aufwendig. Sonnbauer hat sie, als ursprünglich gelernter Metallbauer, selber in mehreren Tagen Arbeit hergestellt. Alleine das Material für die Schutzvorrichtungen habe ihn rund 1000 Franken gekostet. «Ursprünglich angedachte Renovationen müssen nun warten», sagt der Barbetreiber.
Dennoch gibt er sich optimistisch. Schon kurz nach der Medienkonferenz des Bundesrats, an der die Wiedereröffnung der Gastro-Betriebe in Aussicht gestellt wurde, habe er erste Reservationen erhalten: «Ich freue mich riesig auf meine treuen Gäste», sagt er, während er die Nische an der Bar reinigt, in der zuvor der Gast seine Cola getrunken hat.
Voller Zuversicht zeigt sich gestern Mittag auch die Wirtin der «Alta Villa» in Ormalingen. Beim Besuch der «Volksstimme» steht Teresa Severino gerade auf der Treppe vor ihrem Restaurant: Rund zehn Mittagessen habe das Team der «Alta Villa» servieren dürfen, sagt Severino. Normalerweise – und bei schönerem Wetter – wären es mindestens doppelt so viele gewesen. «Aber jammern will ich nicht. Ich bin Optimistin bei Tag und bei Nacht», sagt sie und lacht.
So zeigt sich die Wirtin froh darüber, dass sie ihr Restaurant mit entsprechenden Schutzmassnahmen überhaupt wieder öffnen darf. Dank der grosszügigen Platzverhältnisse habe man die Tische in einem grösseren Abstand als eigentlich notwendig verteilen können. Zudem trägt das Personal eine Gesichtsmaske und in der Küche auch Handschuhe. «Wahrscheinlich haben einige Leute trotzdem noch Angst, in ein Restaurant zu gehen», sagt Severino.
Die ersten Gäste in der «Alta Villa» fühlen sich aber wohl: «Es macht einfach mehr Spass, in einem Restaurant ein Menü zu geniessen, als irgendwo unterwegs ein Sandwich zu holen», sagt ein Arbeiter, der die «Alta Villa» zum ersten Mal besucht. Es sind Gelegenheitsgäste wie dieser, welche die Wirtin gestern besonders freuen. «So sind wir nicht nur auf Stammgäste angewiesen.» Letztere hätten sich aber für den Abend angemeldet: «Wir haben bereits 13 Reservationen – das ist viel für einen Montag.»
«Wir müssen weiterkämpfen»
Für einen Montag herrscht gestern auch in der Gelterkinder Papeterie Landschäftler viel Betrieb. Seit der Ladenöffnung kann Geschäftsführerin Jacqueline Erb ununterbrochen Kunden bedienen – mit Handschuhen und durch eine Plexiglasscheibe getrennt: «Es ist eine komische Situation. Man hat irgendwie nicht gewusst, was einen erwartet.»
Neben dem Ungewissen und Ungewohnten zeigt sich Erb aber hocherfreut: «Es ist einfach schön, dass die Kunden wieder kommen.» Für die Unternehmerin nach zweimonatiger Ladenschliessung eine grosse Genugtuung. Doch: «Die Krise ist noch nicht überstanden. Wir müssen weiterkämpfen», sagt sie und packt einem Kunden die Bücher ein, die er noch vor dem Lockdown bestellt hatte.