Hut und Krawatte, aber kein Maien
23.05.2020 BaselbietBanntag in Arboldswil anno 1954
Wegen Corona sind alle Banntage ausgefallen. Unser Autor berichtet daher statt über einen Banntag von vorgestern über einen von vor bald 70 Jahren. Eine Geschichte von genagelten Schuhen, gezimmerten Bühnen und archäologischen ...
Banntag in Arboldswil anno 1954
Wegen Corona sind alle Banntage ausgefallen. Unser Autor berichtet daher statt über einen Banntag von vorgestern über einen von vor bald 70 Jahren. Eine Geschichte von genagelten Schuhen, gezimmerten Bühnen und archäologischen Grabungen.
Remigius «Rémy» Suter
Erst kürzlich kam eine kleine Serie von Fotos eines Banntags in Arboldswil zum Vorschein. Es handelt sich dabei um Direktabzüge eines verschollenen Films, und diese sind daher sehr klein. Doch erhalten wir einen Einblick in den Ablauf des damaligen Festtags und können so im Vergleich zu heute die Entwicklung und die Veränderung des Brauchtums seit der Nachkriegszeit aufzeichnen.
Nachdem der Bann Arboldswil 1927 fertig vermessen und die Behörde des Gescheids aufgelöst worden war, ging der Banntag, auch hier ein reiner Männeranlass, beinahe völlig unter. Erst die geistige Landesverteidigung während des Zweiten Weltkriegs brachte eine andere Sicht auf Brauchtum und Heimat, der Banntag wurde zum Familienfest mit Rückbesinnung auf die Geschichte der Heimatgemeinde. Für den ehemals alljährlich stattfindenden Anlass wurde nun ein Rhythmus von drei Jahren festgelegt, dies analog zu den Gemeinderatswahlen. Der im Folgenden vorgestellte Banntag von 1954 dürfte einer der ersten in der neuen Form gewesen sein.
Die Besammlung fand damals wie heute auf dem Dorfplatz statt, die «Mannen» mit Hut – aber ohne Maien darauf – und Krawatte. Die Frauen, die nun auch dabei sind, tragen genagelte(!), feste Schuhe. Neben den Einwohnern erkennen wir auswärtige Bürger, die ihrer Heimatgemeinde die Ehre des Besuchs gaben. Gebannt wurde anscheinend den Erklärungen des Gemeindepräsidenten, des «Breesi», gelauscht, bis dann der Startschuss fiel.
Mörser, Flinten und Sprengstoff
Die Route führte noch entlang der ganzen Grenze, auch durch Matten und Weiden mit prächtigem Blick auf das ganze Dorf. Unterwegs erfuhr die Teilnehmerschar lokalhistorische «Müschterli» und Geschichten über die nähere Heimat. Beim Bild der banntäglichen Gesellschaft auf dem Feld sehen wir sehr gut, wie der Anlass nun etwas für das ganze Dorf geworden war – neben den Männern sind nun auch die Frauen, inklusive der damaligen Dorfschönheiten, mit dabei.
Unterwegs wurde immer schon geschossen, früher aber noch recht kriminell: Die «grossen Knaben» und jungen Burschen verwendeten dazu neben selbst gebauten Mörsern und alten Flinten sogar Sprengstoff mit Zündkapseln.
Beinahe wichtiger als der Bannumgang war aber das Programm auf dem Festplatz in der «Rankgasse». Auf dem vorbereiteten Platz im Wald standen einfache Tischgarnituren mit Blick auf die eigens gezimmerte und mit Tannengrün geschmückte Rednerbühne. Diese war der Platz für die Prominenz: Da waren zuerst einmal der «Gmäinibreesi» Heinrich Thommen, aber auch der «Gloogen-Albi», ein weiterer Arboldswiler Thommen, der es in Birsfelden «zu etwas gebracht hatte» und im Bergdorf als Mäzen der Gemeinde und der Vereine wirkte.
Der auswärtige Bürger, Reallehrer und Volkskundler Paul Suter hielt einen Vortrag mit dem Titel «4000 Jahre Arboldswil» und erzählte über die Resultate der archäologischen Grabungen auf der «Chastelen», dem Arboldswiler Hausberg. Illustriert wurden diese Ausführungen mit Schautafeln neben der Rednerbühne – «die bronzezeitliche Höhensiedlung auf Chastelen».
«Hinaus ins frische Waldesgrün»
Der Männerchor Harmonie unter der Leitung des Dorfschulmeisters Heinz Buser durfte natürlich ebenfalls nicht fehlen. Die in Arboldswil heute klassischen Banntagslieder «Wer hat dich, du schöner Wald …» und «Hinaus ins frische Waldesgrün» erschallten wohl damals schon. Die Verpflegung war unkompliziert: eine Wurst und etwas zu trinken, gut sichtbar auf einer Aufnahme, die hier nicht Platz gefunden hat.
Am vorgestrigen banntaglosen Auffahrtstag konnte ich nun diesen Dorfanlass meiner Heimatgemeinde «virtuell miterleben». Ich freue mich aber bereits auf den nächsten richtigen Banntag – vielleicht dann einmal wieder in der einfachen, ursprünglichen Form. Dann hätte sich die «Corona-Pause» sogar gelohnt.