50 Jahre Fasnacht in Bildern
10.03.2020 Bezirk Sissach, SissachFasnachtsfotograf Hans Reber tritt mit einer Nicht-Fasnacht ab
Der Sissacher Fotograf Hans «Klick» Reber ist das fotografische Gedächtnis der Sissacher Fasnacht. In über 50 Jahren hat er gegen 50 000 Bilder geschossen und so eine wertvolle Sammlung geschaffen.
Heiner ...
Fasnachtsfotograf Hans Reber tritt mit einer Nicht-Fasnacht ab
Der Sissacher Fotograf Hans «Klick» Reber ist das fotografische Gedächtnis der Sissacher Fasnacht. In über 50 Jahren hat er gegen 50 000 Bilder geschossen und so eine wertvolle Sammlung geschaffen.
Heiner Oberer
Das Knie schmerzt. «Das Wetter macht mir zu schaffen», sagt Hans «Klick» Reber (69). Richtig. Das Wetter. Regen peitscht an die Scheibe. Der Wind heult um die Ecke. Ein tropfnasses Dekorations-Chluuri baumelt wild an einer Strassenlaterne hin und her. Hält aber dem aufkommenden Sturm stand. Trostlos. Trostlos, wie die vier vergangenen (Nicht-)Fasnachtstage, die gezeigt haben, dass Spass und Frust ganz nahe beieinanderliegen.
Donnerstagabend.Tag der Chluuriverbrennung. Wir sitzen in Rebers Fotoatelier an der Rheinfelderstrasse. Eigentlich sollte «Klick» heute, wie 50 Jahre zuvor, an der Verbrennung des Sissacher Wahrzeichens Bilder schiessen. Schlimmer. Es sollte seine letzte Chluuriverbrennung werden, die er fotografisch begleiten wollte. Nach über einem halben Jahrhundert als Sissacher Fasnachtsfotograf hat er sich heuer entschlossen aufzuhören. Die Kamera auf die Seite zu legen. Aber. Das Coronavirus hat ihm einen Strich durch die Rechnung gemacht. Kein krönendes «Klick» der Kamera beschliesst die langjährige Karriere des fasnächtlichen Hoffotografen.
2020 bleibt allen in Erinnerung
«Anfänglich war ich ob der Absage der Sissacher Fasnacht frustriert», sagt Reber. Dabei zwirbelt er liebevoll an seinem imposanten Schnauz. Wenn man sich aber überlege, welch grosse Herausforderungen, wie zum Beispiel die Flüchtlingskrise, Überschwemmungen oder Waldbrände die Menschen zurzeit umtreiben, sei die Absage der Fasnacht doch nur ein kleiner Klacks im Weltgeschehen. Irgendwie habe ja doch eine Fasnacht stattgefunden, meint er. Anders halt. Man habe nur suchen müssen. Er gräme sich auch nicht, dass seine fotografische Fasnachtsarbeit mit einer Nicht-Fasnacht geendet habe. Im Gegenteil: «Die besondere Fasnacht 2020 bleibt wohl allen bestens in Erinnerung.»
Circa 50 000 Fasnachts-Bilder hat Reber in den vergangenen mehr als 50 Jahren geschossen. «Anfänglich wurde noch in der Dunkelkammer mit Hilfe des Wasserbads entwickelt, kopiert und aufgeklebt. Handarbeit eben», erinnert er sich. Der Fasnachtsumzug vom Sonntag sei noch nicht fertig gewesen, da sind im Schaufenster des ehemaligen Tapetengeschäfts Hähni an der Hauptstrasse bereits die ersten Bilder ausgestellt worden.
Zu jener Zeit, um 1970, hat Reber über 1500 Fasnachtshelgen verkauft. Mit der zunehmenden Modernisierung, aber vor allem mit dem Aufkommen des Smartphones seien die Verkäufe eingebrochen. «Ich musste einsehen, dass das Ganze keinen Sinn mehr hat.»
Als HD Soldat Läppli auf der Piste
Neben der Dokumentation der hiesigen Fasnacht und als langjähriges Vorstandsmitglied der Fasnachtsgesellschaft Sissach (FGS) hat Reber immer Zeit gefunden, selbst ins fasnächtliche Treiben abzutauchen. Unter anderem als aktiver Guggenmusiker, Chluuribouer oder verkleidet als HD Soldat Läppli mit Tuba bei den «Oldies» Sissach: «Inzwischen bin ich zum Oberleutnant Clermont einschliesslich Originaluniform samt steifem ‹Tschäppel› befördert worden.»
Auf die Frage, ob er sich als Original sehe, überlegt Reber lange. «Ich denke schon, sehe aber nichts Verwerfliches darin. Für mich ist der Begriff des Originals positiv besetzt.» Er bekunde eher Mühe mit den vermeintlichen Originalen, die sich zum Beispiel sturzbetrunken vor ein Polizeifahrzeug stellen oder Bierflaschen auf die Strasse werfen. «Das sind wohl kaum angefressene Fasnächtler, sondern eher unkontrollierbare Raufbolde.»
Auch am vergangenen Fasnachtssonntag war Hans Reber als Oberleutnant Clermont verkleidet und mit der Tuba in der Begegnungszone unterwegs, bis er von zwei Polizisten höflich, aber bestimmt darauf hingewiesen wurde, dass der Kanton ein Vermummungsverbot verfügt habe. «Innerlich hat sich kurz der Fasnachtsrebell gemeldet», sagt er. Aber die Vernunft habe schliesslich gesiegt. Auch das zeichnet ein Original aus. Sich im Klaren zu sein, wann «fertig lustig» ist.
Fotosammlung der FGS vermacht
Auf seine Ankündigung in einem Inserat in der «Volksstimme», nach mehr als 50 Jahren die Sissacher Fasnacht nicht mehr fotografisch zu begleiten, habe sich, neben zahlreichen anderen, die Sissacher Ständerätin Maya Graf bei ihm gemeldet. «Sie meinte spasseshalber, dass ich wegen der angekündigten Fotoabstinenz die Schuld an der Fasnachtsabsage trage.» Sei es drum. Keine Angst. Reber hat sein fasnächtliches Fotoarchiv nicht, wie man befürchten könnte, klammheimlich entsorgt. «Ich habe alle Negative der FGS vermacht», sagt er. Das habe den Vorteil, dass er Kunden, die sich zum Beispiel nach einem Bild von der Fasnacht 1969 erkundigen, an die FGS verweisen könne: «So kann ich mir endloses Suchen ersparen.»
Etwas möchte Reber zum Schluss noch festhalten. Er sei nach wie vor für die Kunden da. Im Laden an der Rheinfelderstrasse. Zwischen Leinwänden, Fotolampen, Bilderrahmen und vielem mehr. Im wohl geordneten Durcheinander, wie er sagt. So wie man es seit mehr als 50 Jahren bei «Klick» gewöhnt ist. «Mir macht die Arbeit noch immer Freude», sagt er und streicht wieder über seinen Schnauz.
Nächste Fasnacht kann er sich ohne Fotokamera, und wenn nicht wieder etwas Unvorhergesehenes dazwischen kommt, in Uniform werfen und die Tuba schultern, ohne von einem Polizisten gemassregelt zu werden.