Ein guter Steuerzahler ist verstimmt
10.01.2020 Bezirk Sissach, SissachWohlhabende Familie versteuert ihr Geld künftig im Züribiet
Ein Sissacher Ehepaar hat im Frühjahr 2019 seinen Wohn- und Steuersitz in der Schweiz wieder in seine Heimatgemeinde verlegen wollen. Wegen eines von der Gemeinde Sissach nicht gewährten Skontoabzugs auf den erheblichen ...
Wohlhabende Familie versteuert ihr Geld künftig im Züribiet
Ein Sissacher Ehepaar hat im Frühjahr 2019 seinen Wohn- und Steuersitz in der Schweiz wieder in seine Heimatgemeinde verlegen wollen. Wegen eines von der Gemeinde Sissach nicht gewährten Skontoabzugs auf den erheblichen Steuerbetrag hat es sich nun jedoch entschieden, sich in einer Gemeinde im Züribiet anzumelden. Kanton und Gemeinde entgeht damit viel Geld.
Daniel Schaub
Dies ist eine Geschichte, die Dorfgespräch ist in Sissach. Und die so auch den Weg in die Redaktion der «Volksstimme» gefunden hat. Dorfgeschichten haben es an sich, dass sie meistens von Dritten und selten von den unmittelbar Beteiligten erzählt werden. Also geht es darum, die Protagonisten direkt zu fragen, was wirklich Sache ist.
Das wohlhabende Sissacher Ehepaar (Name der Redaktion bekannt) verbringt knapp sechs Monate im Jahr in Spanien. Die Steuern in der Schweiz wurden in den vergangenen knapp 20 Jahren am Domizil des Hauses im Wallis entrichtet, das nun jedoch verkauft wurde. Im Januar 2019 hat sich das Paar per E-Mail in seiner Heimatgemeinde Sissach angemeldet, dort, wo der Ehemann aufgewachsen ist und die familieneigene Immobilien-AG seit vielen Jahren ein Haus besitzt. Der Entscheid zur Rückkehr fiel trotz des Umstands, dass der Kanton Baselland für Vermögende alles andere als ein Steuerparadies ist.
Absprache oder nicht?
Nachdem sich die Eheleute Mitte März noch einmal persönlich auf der Gemeindeverwaltung in Sissach präsentierten, erreichte sie am 6. April ein Schreiben mit dem Hinweis, dass sie auf ihre Steuern für das Jahr 2019, die nun in Sissach zu entrichten waren, bis zum 31. März 2 Prozent Skonto erhalten würden. Nur lag dieser Termin bei Ankunft des Schreibens schon eine Woche zurück. Am Montag, 8. April, meldete sich der Steuerpflichtige deshalb persönlich auf der Gemeindeverwaltung und erhielt dort laut eigenen Aussagen die Zusage, wenn er bis zum Mittag einzahle, würde der Skontoabzug noch gewährt. Die Zahlung wurde um 11.15 Uhr umgehend ausgelöst. «Den genauen Inhalt dieses Gesprächs kenne ich nicht, da ich nicht dabei war», sagt der in Sissach für Finanzen und Steuern zuständige Gemeinderat Lars Mazzucchelli.
Dieser beruft sich im konkreten Ablauf der Sache grundsätzlich auf das Steuergeheimnis, unterstreicht jedoch gleichzeitig, dass die Konditionen, wann jemand Skonto auf seinen Steuerbetrag in Abzug bringen kann, jeweils schon im Januar auf verschiedenen Plattformen der Gemeinde (Sissach aktuell, Website, Vorausrechnungen und so weiter) klar kommuniziert würden. Auf der Website heisst es wörtlich: «Für Vorauszahlungen, die bis 31. März des laufenden Jahres bei uns eingegangen sind, erhalten Sie auf dem Gemeindesteuerbetrag einen Skonto von 2 Prozent.» Kulanz, so sagt Mazzucchelli, wurde bislang gewährt, wenn der 31. März auf ein Wochenende fiel.
Züribiet statt Sissach
Als die betroffene Sissacher Familie die Steuerabrechnung erhielt, war der gemäss ihrer Darstellung mit der Verwaltung vereinbarte Skontoabzug nicht erfasst. Die Begründung: Das Geld sei erst am Folgetag auf dem Konto der Gemeinde gutgeschrieben worden. Hat es die Absprache tatsächlich gegeben und es wäre auch an jenem 8. April noch Kulanz gewährt worden, wäre die Sache vom Schweizer Bundesgericht klar geregelt. Bei Zahlungsfristen ist der Zeitpunkt der Zahlungsanweisung massgebend (in diesem Fall also der Montagmittag) und nicht der Zeitpunkt der Gutschrift auf dem Konto des Gläubigers am Folgetag. Die Gemeinde indes blieb dabei. Trotz nochmaligen Nachhakens hat das Ehepaar den Skontoabzug nicht erhalten.
Die Sissacher Familie, die sich bei verschiedenen Projekten in der Gemeinde schon mit finanziellen Beiträgen grosszügig gezeigt hatte, fühlte sich durch das Verhalten der Verwaltung verletzt. Es geht ihr dabei einzig um das Prinzip der Gleichbehandlung. Im Oktober meldete sich das Ehepaar in Sissach wieder ab und stattdessen neu in einer Zürcher Gemeinde an, wohin verwandtschaftliche Beziehungen bestehen und wo es eine Wohnung gemietet hat. Der Sitz der Immobilien-AG und von zwei Stiftungen bleibt in Sissach.
Speziell an der ganzen Sache ist, dass offenbar beide Seiten gesprächsbereit gewesen wären, um doch noch eine Lösung zu finden. «Mit einem Gespräch hätte man sicher eine Lösung finden können, aber es meldete sich niemand mehr bei uns», so das betroffene Ehepaar. Dem widerspricht Lars Mazzucchelli: «Wir haben auch nur durch Dritte von dieser Sache erfahren, es erfolgte keine direkte Kontaktnahme. Ich habe mich danach zweimal um ein Gespräch mit den Betroffenen bemüht, auf dieses Angebot ist jedoch nicht eingegangen worden.» Dazu ist zu sagen, dass die Kontaktaufnahme erst nach der Abmeldung durch die Familie erfolgt ist.
Mazzucchelli bedauert diese Abmeldung und hätte eine Lösung im direkten Dialog bevorzugt. Letztlich aber sei es jedem selbst überlassen, wo er seinen Wohnsitz wählt. Dennoch bleibt ein mulmiges Gefühl, wenn sich bei einem erheblichen Steueraufkommen die Fronten wegen 2 Prozent Skonto dermassen verhärten. Dem Kanton Baselland und der Gemeinde Sissach entgeht hier notabene ein ziemlich markanter Steuerbetrag.