Der Überzeugungstäter
10.01.2020 Baselbiet, Buus, LandwirtschaftMarc Brodbeck, der neue Präsident des Bauernverbands beider Basel, im Porträt
Der Bauernverband beider Basel befindet sich in einer Phase des Umbruchs. Sein neuer Präsident Marc Brodbeck, Milchbauer aus Buus, gibt den Weg vor. Er tut es mit Demut, Respekt – und grosser ...
Marc Brodbeck, der neue Präsident des Bauernverbands beider Basel, im Porträt
Der Bauernverband beider Basel befindet sich in einer Phase des Umbruchs. Sein neuer Präsident Marc Brodbeck, Milchbauer aus Buus, gibt den Weg vor. Er tut es mit Demut, Respekt – und grosser Leidenschaft.
Lucas Huber
«Warum machst du das?» Diese Frage musste sich Marc Brodbeck in den vergangenen Monaten einige Male anhören. Manch einer fragte noch unverfrorener: «Warum tust du dir das an?» Brodbeck hat sich die Frage auch gestellt: Warum? Warum sollte er das Präsidium des Bauernverbands beider Basel (BVBB) in Zeiten übernehmen, in denen die Bauern als Klimasünder, Insektenkiller und Umweltverschmutzer beschimpft werden?
Zeiten, in denen Volksinitiative um Volksinitiative härtere Regeln für die Landwirtschaft fordert, das Image der Bauern im Argen liegt, der BVBB mit finanziellen Sorgen ringt und der Milchpreis sowieso keine Anstalten mehr macht, sich jemals wieder aufzurappeln. Und Marc Brodbeck ist Milchbauer, 30 Kühe, daneben Ackerbau, Waldarbeiten, Mähdreschen im Sommer. Das Futter für seine Tiere produziert er auf 30 Hektaren Weidund Ackerland selbst.
Dennoch fand er Antworten, sogar gleich mehrere. Sie haben ihn veranlasst, sich an der Generalversammlung des BVBB vor rund einem Monat als Präsident zur Verfügung zu stellen. Die Wahl erfolgte einstimmig. Es sei, sagt er, einerseits die Herausforderung, die ihn reize. Die packende Arbeit im Spannungsfeld von Politik, Wertewandel und landwirtschaftlichem Alltag andererseits. «Und ich habe Freude an dieser Arbeit.»
«Ich würde wieder Bauer werden»
Ausserdem glaubt Brodbeck an die Unverzichtbarkeit der Verbandsarbeit. «Jemand sagte mir mal: ‹Den Wert der Verbandsarbeit erkennt man erst, wenn man sie nicht mehr hat.› Ich glaube, das trifft den Nagel auf den Kopf.» Den Beweis liefert er gleich mit: Die Frage nach dem Warum stellten ihm vor allem junge Bauern; «die älteren Mitglieder kennen den Wert der Verbandsarbeit, haben vielleicht schon Hilfe vom BVBB in Anspruch genommen». Darum verstünden sie es eher.
46-jährig ist Marc Brodbeck, verheiratet, drei Kinder zwischen 12 und 17. Die Zukunftsregelung auf dem Grienhof ist noch in weiter Ferne, doch beim Nachwuchs gibt es jemanden, der sich das durchaus vorstellen könnte. Brodbeck wird dabei nicht angst und bange; er freut sich. Denn könnte er zurückreisen durch die Zeit, er würde vieles gleich machen. «Vor allem aber würde ich wieder Bauer werden, und das ist schon mal viel wert.» Brodbeck, fraglos, ist Bauer aus Überzeugung – und Leidenschaft.
Marc Brodbeck ist ein Mann, der überlegt, was er sagt und wie er das tut. Wenn er spricht, unterbricht er sich immer wieder selbst, denkt, die Hand an der Stirn, den Blick durchs Küchenfenster hinaus auf die Buuseregg. So ist sein Naturell, natürlich. Da sprechen aber auch stets zwei Dekaden Kommunalpolitik aus ihm.
Allein als Gemeindepräsident leitete Marc Brodbeck nämlich zwölf Jahre die politischen Geschicke von Buus. Er war gerade 30, als er das Amt antrat, 2004 war das. Auch damals musste er sie beantworten, die Frage, warum er sich das antun würde. Die Antworten waren ähnlich: Aus Überzeugung, Freude an der Verantwortung und die Motivation, etwas zu bewegen.
Den Umgangston verändern
Bewegung gibt es im BVBB gerade genügend, man kann fast schon von einer Phase des Umbruchs sprechen. Viele Vorstandsmitglieder sind erst seit Kurzem dabei, der neue Geschäftsführer hat seinen Posten erst vor einem halben Jahr angetreten – und schliesslich Brodbeck als frischgebackener Präsident.
Deswegen geht es ihm vor allem darum, Ruhe in den Verband zu bringen. «Wir müssen uns auf unseren Kern besinnen», sagt er. Aufs Informieren, aufs Filtern dieser Informationen, aufs Beraten. Sich selbst sieht er als Bindeglied zum Schweizerischen Bauernverband und als Stimme nach aussen. Gerade in Sachen Öffentlichkeitsarbeit will er den Verband aktivieren. Da bestünde Nachholbedarf.
Denn der Buusner schwört auf Transparenz. So agierte er als Gemeindepräsident, so wird er auch als Bauernpräsident agieren. Das sei man jenen schuldig, die einem ihr Vertrauen schenken, sagt er. «Ausserdem würde es der Hinterletzte merken, wenn irgendwo etwas nicht stimmen würde.» Daran lässt sich auch sein höchstes Ziel messen, das er für sich selbst formuliert hat: den Umgangston unter seinen Berufskollegen. Auch da bestünde Nachholbedarf. «Denn in diesem rauen Umfeld können wir nur gemeinsam bestehen.»