AHNIG VO BOTANIK
10.01.2020 BaselbietEine schön giftige Familie
Andres Klein
Erinnern Sie sich noch an die vielen guten Salate, Gemüse, Beilagen und die feinen Gewürze, die Sie über Weihnachten genossen haben? Es ist Ihnen wohl kaum aufgefallen, dass unter den vielen ...
Eine schön giftige Familie
Andres Klein
Erinnern Sie sich noch an die vielen guten Salate, Gemüse, Beilagen und die feinen Gewürze, die Sie über Weihnachten genossen haben? Es ist Ihnen wohl kaum aufgefallen, dass unter den vielen Pflanzenprodukten keine einzige Pflanze aus der Familie der Hahnenfussgewächse war.
Was könnte wohl der Grund sein, dass eine der artenreichsten Pflanzenfamilien der Nordhalbkugel vom Menschen nie als Nahrung benutzt wurde, obwohl diese Familie so viele auffallende Arten aufweist wie Anemonen, Rittersporn, Akelei oder Trollblumen? Wenn man aber weiss, dass auch Bauern mit Rindern nicht gerade begeistert sind von den Hahnenfüssen, so muss das wohl an den Inhaltsstoffen liegen. Die meisten Hahnenfussgewächse sind, je nach Art, schwach bis tödlich giftig. Man sollte sie weder zur Weihnachtszeit noch übers Jahr essen. Gerade die Christrose ist eine der giftigsten Arten und kann zum Tod führen. Giftstoffe sind somit effiziente Abwehrstoffe gegen den Verzehr durch Mensch und Tier.
Besonders zu erwähnen ist eine typische Jura-Pflanze, die «Stinkende Nieswurz», die in unseren Wäldern an sonnigen Böschungen wächst. Sie ist eine nahe Verwandte der Christrose und blüht mitten im Winter. Die handförmig gefächerten dunkelgrünen Blätter sind im Winter gut zu sehen. Die ersten Blüten können Anfang Januar bestaunt werden. Sie sind hellgrün und haben oft einen rötlichen Rand. Bei diesen Blüten hat es keine Kron- und Kelchblätter, sondern Nektarblätter, die aus den Nektardrüsen entstanden sind. Diese Form von Blütenhüllen ist bei den Hahnenfüssen weit verbreitet. Bei den grossen Früchten der Nieswurz und der Christrose kann man sehr schön sehen, warum die Familie den etwas eigentümlichen Namen Hahnenfuss trägt. Die Früchte gleichen mit etwas Fantasie wirklich den Füssen eines Güggels.
Aus der Zeit der Römer ist von verschiedenen Quellen überliefert, dass die Stinkende Nieswurz bei Wahnsinn als Heilmittel eingesetzt wurde. Ob sie bei heutigen Staatspräsidenten auch wirken würde, ist leider wissenschaftlich nicht untersucht. Seit dem Mittelalter wurde die Nieswurz selten für medizinische Zwecke beim Menschen verwendet, weil sie zu giftig ist. Auch in der modernen Homöopathie wird sie nicht gebraucht. Dafür weiss man aus Quellen im 18. Jahrhundert, dass ein Sud von den Blättern zur Bekämpfung von Läusen bei Rindern eingesetzt wurde. Ein Teil der Giftstoffe wirkt auf die Herzmuskulatur, wie auch die des Fingerhuts, andere auf das Verdauungssystem und wieder andere können zu Missbildungen bei ungeborenen Tieren führen. Für den landwirtschaftlichen Gebrauch ist es entscheidend, dass neben den Giftstoffen auch sehr viele Bitterstoffe in den Hahnenfüssen vorkommen und dass beim Trocknen die wichtigsten Giftstoffe ihre Wirkung verlieren.
Neben der Stinkenden Nieswurz und der Christrose, die auch Schneerose genannt wird, gibt es von Europa über Kleinasien bis nach Tibet über zwanzig Arten der Gattung Nieswurz.
Andres Klein ist Biologe. Er lebt in Gelterkinden.