«Dieser Sport soll uns erhalten bleiben»
25.10.2019 Bezirk Waldenburg, EptingenDie mehrfache Schweizer Meisterin und WM-Teilnehmerin Ursi Gerhard sagt im Interview mit der «Volksstimme», warum es ihr der Hundesport angetan hat.
Florin Messerli
Frau Gerhard, angetreten wird im Hundesport in ganz unterschiedlichen Sparten, die wiederum ...
Die mehrfache Schweizer Meisterin und WM-Teilnehmerin Ursi Gerhard sagt im Interview mit der «Volksstimme», warum es ihr der Hundesport angetan hat.
Florin Messerli
Frau Gerhard, angetreten wird im Hundesport in ganz unterschiedlichen Sparten, die wiederum in einzelne Disziplinen unterteilt sind. Ist der Hundesport vielleicht gerade wegen seiner Vielseitigkeit so spannend?
Ursi Gerhard: Ja sicher. Jedoch beinhaltet diese nicht nur die Prüfungen. Der Sport wird vor allem durch die Faszination, dem Hund in den verschiedenen Disziplinen etwas beizubringen, geprägt. Natürliche Trieblagen werden in den Sport eingebettet und auf spielerische Art und Weise gefördert. So wird der Jagdtrieb beispielsweise in einem Ballspiel trainiert. Dafür müssen keine Rehe oder Hasen gejagt werden und der Hund weiss, dass er seinen natürlichen Trieben nachgehen darf.
Hätte dieser Sport mehr Aufmerksamkeit verdient?
Die Zuschauer, die an die Schweizermeisterschaften gehen, sehen, dass die Hunde ihren Besitzern folgen und auf ihr Herrchen oder Frauchen aufmerksam sind. Es wäre wünschenswert, wenn mehr Halter mit ihren Hunden aktiv am Hundesport teilnehmen würden. Dies müsste gar nicht unbedingt prüfungsmässig sein. Dafür würde es reichen, einfach in eine Hundeschule zu gehen, den Hund auszulasten und ihn aktiv im Kopf zu beschäftigen. Als Folge hätten wir viel weniger verhaltensauffällige Tiere.
Wird der Mensch beim Hundesport körperlich überhaupt gefordert?
Aber sicher. Mental und körperlich. Weil man sich Gedanken über die ganze Ausbildung und die Trainings macht, sich Ziele setzt, Optimierungsmassnahmen trifft und die Trainingseinheiten immer auf das nächste Level hebt, wird man vor allem mental gefordert. Um den Hund und sich selbst fit zu halten, sind aber auch körperliche Aktivitäten wie das Joggen, Biken oder Spazieren enorm wichtig. Der Hundesport kann sicher nicht mit einem Marathonlauf verglichen werden, aber er fordert trotzdem mentale und physische Bereitschaft.
Doch warum gerade Hundesport? Wie sind Sie dazu gekommen?
Als ich in die Pubertät kam, haben mir meine Eltern einen Deutschen Schäferhund gekauft und damit eine grosse Verantwortung übergeben. Wir wohnten nur gerade zehn Minuten vom Lokal eines Hundesport-Vereins entfernt. Meine Eltern haben mich dahin gebracht und ich wurde direkt integriert. Das war natürlich das Beste für mich. Ich erhielt eine grosse Verantwortung und wäre so nie auf die Idee gekommen, auf der Strasse herumzulungern.
Wäre auch ein anderer Sport infrage gekommen?
Natürlich schon. Nur ohne Hund ging nichts. Wir haben gemeinsam Biathlon gemacht. Das Halten eines Hundes war sehr verantwortungsvoll, ich war an ihn gebunden und machte sehr vieles mit ihm. Er war wie ein Familienmitglied.Auch heute bestimmt er den Tagesablauf. Man kann ihn nicht wie ein Motorrad in der Garage abstellen, sondern muss bei längerer Abwesenheit immer jemanden organisieren, der auf ihn aufpassen kann (lacht).
Was gibt Ihnen die Ausdauer, seit über 40 Jahren in diesem Sport tätig zu sein?
Was mich fasziniert, ist primär die Zusammenarbeit und Kommunikation mit dem Hund. Ich liebe die Herausforderung, dem Tier gemäss den Prüfungsordnungen so perfekt wie möglich etwas durch eine hohe Motivation beizubringen und anschliessend bei einer Prüfung zu starten. Man kann sich mit anderen messen, erhält ein Richterurteil und sieht, wo man steht.
Sie sind mehrfache Schweizer Meisterin und haben an zahlreichen Weltmeisterschaften teilgenommen. Da spielt sicher auch der Erfolg eine grosse Rolle, oder?
Ja, natürlich. Und mit meinem aktuellen Hund habe ich 2016 sogar in einer Disziplin – Abteilung Fährte – einen Weltmeistertitel und einen 3. Podestplatz feiern dürfen.
Wegen eines Unfalls Ihres Hundes werden Sie dieses Jahr aber nicht an den Schweizermeisterschaften teilnehmen. Sind Sie trotzdem vor Ort?
Sicherlich werde ich den Verein dieses Jahr unterstützen und falls möglich auch bereits beim Aufbau mithelfen. Ansonsten bin ich am Samstag für den einen Teil der Nasenarbeit, das Gelände und die Teilnehmer verantwortlich. Ich habe die Organisation der Unterkünfte der Richter übernommen und bin bei meinem Gelände für die Kommunikation mit den Landwirten verantwortlich. Beim Schweizerischen Klub für Belgische Schäferhunde bin ich nicht im Organisationskomitee. Es braucht aber sehr viele freiwillige Helfer, die für einen reibungslosen Ablauf des Anlasses sorgen. Ich konnte bei meinenWettbewerbsteilnahmen immer starten. Damit dies auch für andere möglich ist, helfe ich beim Anlass der diesjährigen Schweizermeisterschaften gerne mit. Der Hundesport muss und soll uns erhalten bleiben.
Zur Person
mef. Ursi Gerhard ist seit über 40 Jahren im Hundesport aktiv mit dabei. In dieser Zeit hat sie mit ihren letzten beiden Hunden an zahlreichen Schweizermeisterschaften sowie insgesamt neun Weltmeisterschaften teilgenommen. Alleine mit ihrem jetzigen Belgischen Schäferhund Cayo waren es sieben WM-Teilnahmen. Seit 27 Jahren ist Gerhard Aktivmitglied des Hundesports Birseck in Reinach. Neben dem Sport ist sie, sofern es die Zeit zulässt, leidenschaftliche Motorradfahrerin.