Ein ungebetener Gast in der Politarena
10.09.2019 Baselbiet, Bildung, PolitikDie Wirtschaftsmittelschule hat Politgrössen zu einem Podium mit Schülern eingeladen
Mit Christoph Buser (FDP) ist laut den Organisatoren ein Kritiker der Schule ins Haus des Gastgebers gekommen. Die SVP ging mit gesenktem Haupt nach Hause. Sie schaffte es nicht, die Schüler zu ...
Die Wirtschaftsmittelschule hat Politgrössen zu einem Podium mit Schülern eingeladen
Mit Christoph Buser (FDP) ist laut den Organisatoren ein Kritiker der Schule ins Haus des Gastgebers gekommen. Die SVP ging mit gesenktem Haupt nach Hause. Sie schaffte es nicht, die Schüler zu überzeugen und sorgte bei den Zuhörern im Plenum zum Teil für Stirnrunzeln.
Sabri Dogan
Es war wie ein Schlag ins Gesicht der Organisatoren. Alexandra Gössi, Lehrerin und im OK des Polit-Anlasses «National- und Ständeratswahlen», traute ihren Augen nicht, als sie die Anmeldung des Wirtschaftskammerdirektors, Christoph Buser, für den Anlass der WMS sah. Ausgerechnet der Mann, der die Wirtschaftsmittelschule (WMS) abschaffen möchte, die Schule als Konkurrenz zur KV-Lehre sieht und verschiedenste politische Vorstösse für eine Abschaffung unterstützte. «Der getraut sich hierher?», fragt Gössi. «Ein Gast, der die Gastgeber abschaffen möchte?»
An diesem Tag konnte sich Buser, der im Frühling im Landrat abgewählt wurde, jedenfalls ein Bild von den politisch interessierten Jugendlichen machen. Alle namhaften Parteien im Kanton – mit Ausnahme der SVP – präsentierten sich mit ihren Politgrössen und Nationalratskandidaten. Sie nahmen an den «Hearings» in Gruppen teil und durchliefen vier Durchgänge. Die Schüler und Schülerinnen konnten ihre Fragen zu Klimawandel, Chancengleichheit und Bildung stellen. Heimspiel hatten die Frauen aller Parteien, die Grünen und die Grünliberalen, die vor allem mit ihrem Klimafokus bei der Jugend punkteten.
SVP als Aussenseiter
Kein Wunder, sagt der Co-Leiter der WMS, Peter Engel: «Es ist hip, an den Demos der ‹Friday for Future› teilzunehmen», und die Schule unterstütze die Klimadebatte und das Engagement der Schülerinnen und Schüler. Thomas Tribelhorn aus Rünenberg, Präsident der Baselbieter GLP, findet den Wandel von SVP und FDP seltsam: «Jetzt haben sie das ‹grüne Mäntelchen› angezogen, dabei sind wir diejenigen, die seit der Gründung unserer Partei den Umweltschutz schnell und kompetent vorantreiben.» Schülerin Samira Schaub (20) aus Liestal, die für die FDP an den letzten Landratswahlen kandidierte, sieht es anders: «Die FDP ist immer für die Umwelt gewesen, ich und andere setzen uns für den Umweltschutz ein und das nicht erst seit heute.»
Ein Auswärtsspiel hatte die SVP mit Andreas Trüssel und dem unbekannten Jung-SVPler Sven Zürcher aus Lausen. Sie konnten mit ihren Positionen bei den «Hearings» und dem Schlusspodium nicht sonderlich punkten, sondern verursachten viel Stirnrunzeln. Simon Schöpf aus Gelterkinden sagt: «BDP oder CVP waren viel ausführlicher und die ‹Sünnelipartei› wurde wenig konkret.» Jennifer Saladin aus Lausen pflichtet bei: «Von der SVP wurde ich nicht ernst genommen. Sie unterstützen die Frauen nicht und reden nicht auf Augenhöhe.»
Für Zürcher sind die Schüler und Schülerinnen der WMS nicht seine Wählerschaft: «Erst wenn sie mal im Berufsleben sind und Geld verdienen müssen, werden sie sich bewusst, was mehr Sinn hat», sagt der angehende Student. Sie und die Gymnasiasten seien in der Schule und nicht im Berufsleben und würden dementsprechend eher links wählen.
Ausländerthematik punktet nicht
Für Fabienne Nussbaumer, die 23-jährige Schülerin aus Anwil, die vor dem Anlass unparteiisch war, war die Veranstaltung wertvoll. Sie erhielt neue Informationen. Zum Schluss blieb sie bei der Ziefner Nationalrätin Samira Marti (SP) hängen: «Die SP und Samira Marti haben mich sehr überzeugt. Sie haben die Fakten klar und gut rübergebracht.»
Am Schlusspodium gab es sogar so etwas wie stürmische Angriffe von den Parteien. Im Auswärtsspiel versuchte Zürcher ein wichtiges Tor zu erzielen und brachte die «Ausländerkeule»: Die Zuwanderung bringe mehr Gewalt und Kriminalität in die Schweiz, sagte Zürcher. Es gab grosses ungläubiges Staunen über diese Aussage unter den vielen Secondos und Frauen.
Der gewiefte Politiker Remo Oser (CVP) nahm die Steilvorlage an und konterte, er solle doch mit den Pauschalisierungen aufhören. Immerhin weise man ja auch nicht alle Männer aus der Schweiz, weil sie prozentual gewalttätiger seien als die Frauen. Grosses Klatschen von der Menge. Oser gehörte zumindest ab diesem Augenblick zum Heimteam.