«Anstatt die Faust im Sack zu machen»
15.08.2019 Bezirk Liestal, Porträt, Lausen, PolitikNeu im Landrat: Tania Cucè, SP, Lausen
Sie sei kompromissfähig, sagt Tania Cucè über sich. Die 30-jährige Lausnerin sitzt für die SP neu im Baselbieter Landrat. Sie verzichtet vorerst auf grosslippige Ankündigungen.
Jürg Gohl
In aufgeräumter Stimmung ...
Neu im Landrat: Tania Cucè, SP, Lausen
Sie sei kompromissfähig, sagt Tania Cucè über sich. Die 30-jährige Lausnerin sitzt für die SP neu im Baselbieter Landrat. Sie verzichtet vorerst auf grosslippige Ankündigungen.
Jürg Gohl
In aufgeräumter Stimmung fährt Tania Cucè am 31. März von Lausen nach Liestal zur Wahlfeier ihrer Partei. Mit gutem Grund: Das Baselbieter Wahlvolk hat eben sein neues Kantonsparlament bestellt. Noch haben nicht alle Gemeinden der Landeskanzlei ihre Resultate übermittelt. Die 30-jährige Uni-Assistentin weiss zu diesem Zeitpunkt aber bereits, dass ihre Partei, die Sozialdemokraten, zu den Gewinnern zählen wird. Zudem hat sie auch ohne das hilfreiche Attribut «bisher» in ihrer Wohngemeinde das beste Einzelresultat auf der SP-Liste eingefahren.
Das macht sie ein wenig stolz, auch wenn sie fest davon überzeugt ist, dass sie spätestens dann von der Realität eingeholt wird, wenn der Kantonshauptort seine Wahlergebnisse abliefert. Doch sie täuscht sich: Tania Cucè wird hinter dem Bisherigen Thomas Noack aus Bubendorf und der ebenfalls neu angetretenen Liestalerin Pascale Meschberger als Nummer drei der SP von ihrem Wahlkreis ins Parlament geschickt.
Cucè lässt sowohl Peter Küng, der bereits einmal im Landrat sass, als auch Jungpolitiker Joël Bühler, beide Liestaler Einwohnerräte, hinter sich. Bühler liegt leidglich 38 Stimmen hinter ihrem Total von 1523. So kehrt sie an jenem letzten Märztag als neue Landrätin heim. Fünf Jahre sind an jenem Abend gerade verstrichen, seit sie sich überhaupt entschieden hat, sich politisch zu engagieren und sich einer Partei anzuschliessen.
Auslöser: 9. Februar 2014
Wohl sei im Hause Cucè – die Familie hat ihre Wurzeln in Kalabrien, wohin auch die Sommerferien führten – immer rege politisiert worden, erzählt sie. Doch es bedurfte eines heftigen Anstosses, damit die Tochter tatsächlich in die Politik einstieg. Diesen liefert ihr der 9. Februar 2014. An diesem Tag sagt das Schweizer Stimmvolk mit einer Mehrheit von 50,3 Prozent Ja zur Masseneinwanderungsinitiative. «Ich will mich lieber politisch engagieren, anstatt immer nur die Faust im Sack zu machen», sagt sich Cucè damals und klopft bei der Ortssektion der SP an. Ein Jahr später steht sie bereits erstmals auf der Landratsliste, ohne je den Juso angehört zu haben.
In Lausen ist Tania Cucè stark verwurzelt. Neben ihrer Arbeit für die Ortspartei sitzt sie in der Gemeindekommission und präsidiert seit vergangenem Jahr die örtliche Spitex, die auch für Arisdorf, Hersberg und Ramlinsburg unterwegs ist. «Die Spitex ist für unsere Gesellschaft eine wichtige Einrichtung», begründet sie dieses Engagement. Das entspricht auch ganz ihrem Verständnis von Politik: «Sie muss dem Menschen dienen, nicht dem Geld.»
Doch Statements, mit denen sie die Welt aus den Angeln heben möchte, gibt es keine. Sie will dem Kapitalismus nicht an den Kragen und gibt auch nicht die kämpferische Gewerkschafterin. «Ich bin Realistin und kompromissfähig», sagt Tania über Cucè und kündigt auch nicht gleich ihren ersten Vorstoss an. Erst wolle sie in ihrem neuen Amt, vor dem sie gebührenden Respekt habe, richtig ankommen.
Ihre Art der Frauenpolitik
Aus diesem Grund möchte sie auch nicht näher auf die Frage eintreten, ob das Landratsmandat für sie den Einstieg in eine politische Karriere mit einem Exekutivamt oder zu einer Aufgabe in Bern ebnen könnte. Sie plane, «länger» dem Landrat anzugehören, obschon sie mit ihrem beruflichen Fachgebiet in Bern besser aufgehoben wäre. Als Assistentin an der Universität Luzern befasst sie sich mit Europarecht. Sie schreibt in diesem Bereich, genauer über die europäischen Entsende-Richtlinien, gerade an ihrer Doktorarbeit und ortet dort auch ihre berufliche Zukunft.
So ist es ideal, dass sie in der landrätlichen Justiz- und Sicherheitskommission sitzt. Doch sie will sich im Parlament auch für andere klassische Anliegen wie Umweltschutz – «wir sind auch eine grüne Partei» – und die gleichen Rechte für die Frau einsetzen. «Ich stehe hinter den Anliegen der Frauenbewegung.Voll und ganz», entgegnet Tania Cucè, die sonst ihre Antworten gut abzuwägen pflegt, sogleich.
Gerade in dieser Frage zeigt sich, was sie meint, wenn sie sich selber als «Realistin» einstuft: Im Gespräch verzichtet sie zum Beispiel auf eine zu gekünstelte geschlechtsneutrale Sprache, wie sie viele «GenossInnen» kultivieren. Und am Frauenstreik fehlte sie auch. Als Mitglied des Turnvereins Lausen betrieb sie an diesem Tag auf ihre Art Frauenpolitik und stand am «Eidgenössischen» in Aarau als Wertungsrichterin im Einsatz.