Wie die eine Burg zerfiel und die andere zum Schloss aufstieg
19.07.2019 Baselbiet, Kultur, Bubendorf, Gesellschaft, SerienSerie Baselland – Burgenland, Teil 2: | Die Burg Gutenfels und das Schloss Wildenstein starteten unter ähnlichen Be ildenstein starteten unter ähnlichen Bedingungen, legten aber ganz verschiedene «Karrieren» hin
Das Erdbeben von Basel 1356 besiegelte wohl schon früh ...
Serie Baselland – Burgenland, Teil 2: | Die Burg Gutenfels und das Schloss Wildenstein starteten unter ähnlichen Be ildenstein starteten unter ähnlichen Bedingungen, legten aber ganz verschiedene «Karrieren» hin
Das Erdbeben von Basel 1356 besiegelte wohl schon früh das Schicksal der von den Eptingern erbauten Burg Gutenfels. Ihre Ruine ist heute nur wenigen Besuchern bekannt. Deutlich besser meinte es die Geschichte mit der vom selben Rittergeschlecht erbauten Burg Wildenstein.
Sebastian Schanzer
Es soll Einheimische geben, die nichts wissen von der Existenz dieser Burg – oder was von ihr übrig geblieben ist. Die Burgruine Gutenfels befindet sich im Fluebachtal, einem Seitental der Hinteren Frenke zwischen Bubendorf und Arboldswil, direkt neben der Strasse, die die beiden Orte miteinander verbindet. Wer die Ruine nicht sucht, der findet sie auch nicht, denn das Gemäuer versteckt sich perfekt hinter einem Felsvorsprung. Drei Grillstellen im Wald unter dem Felsen weisen darauf hin, dass es gelegentlich Besucher zum Picknick nach Gutenfels verschlägt. Aber viele sind es nicht.
Ganz anders das keine zwei Kilometer entfernte Schloss Wildenstein: jährlich strömen mehr als zehntausend Besucher dorthin, um sich durch das Schloss mit seinen Gartenanlagen führen zu lassen, Musikkonzerte oder Theaterstücke zu geniessen oder auf eigene Faust die Schlossumgebung zu erkunden. Ein vor wenigen Jahren installierter Informationspfad vermittelt den Interessierten die Geschichte von Schloss Wildenstein. Das für seine uralten Eichen bekannte Naturschutzgebiet und der Schlossweiher vervollständigen das Naherholungsgebiet beim Schloss Wildenstein.
Gutenfels und Wildenstein: Im Ursprung zwei kleine Burgen, die trotz ähnlicher Ausgangslage zwei völlig unterschiedliche Entwicklungen durchlaufen sind. Die Burgen wurden zum einen vermutlich von derselben Familie gegründet, nämlich von den Herren von Eptingen, ein Basler Rittergeschlecht, das sich nach seinen Stammburgen bei Eptingen im oberen Baselbiet benannte. Und wahrscheinlich stammen die Gutenfels und Wildenstein auch aus demselben Jahrhundert. Zudem wurden beide Burgen auf einem Felskopf erbaut – ihre sprechenden Namen deuten es an. Während Gutenfels aber mit dem Niedergang des auf Burgen lebenden Ritteradels seine Funktion verliert und früh zur Ruine wird, wandelt sich Wildenstein in der Funktion von der Burg zum Schloss beziehungsweise zum Landsitz einer reichen Familie.
Die Burgruine Gutenfels
Die Aktenlage zur Burg Gutenfels ist trotz archäologischer Ausgrabungen dürftig. Die Ruine gilt aber als weitgehend erforscht, neue Erkenntnisse aufgrund weiterer Forschung erhoffen sich die Archäologen kaum mehr. Viele Fragen insbesondere zur ursprünglichen Gestalt der Anlage werden wohl ungeklärt bleiben. Das liegt auch daran, dass die bisher ausgegrabenen archäologischen Reste schwierig zu deuten sind und die dazu erstellten Dokumentationen ebenfalls Fragen offen lassen, wie Christoph Reding von Archäologie Baselland sagt.
Einen geschichtlichen Überblick zur Burg lieferte Walther Merz im Jahr 1910 in seinem Standardwerk «Burgen des Sisgaus». Demnach wird der Name «Guotenvels» erstmals in einer Urkunde von 1303, in der Peter von Eptingen mit dem Beinamen «Gutenvelse» als Zeuge auftrat, erwähnt. Die Eptinger waren zunächst aber nicht Besitzer der Burg, sondern bewirtschafteten sie lediglich als Lehen der Grafen von Froburg. Das Baujahr wird anfangs des 13. Jahrhunderts vermutet.
Über Umwege kam die Anlage 1392 dann doch in den Besitz der Eptinger, zu diesem Zeitpunkt war sie aber bereits komplett zerstört.Wahrscheinlich fiel sie 1356 dem Erdbeben von Basel zum Opfer und wurde danach nicht mehr aufgebaut. Nach dem Erdbeben wurde die Ruine nur noch als Burgstall erwähnt, wie bei Walther Merz zu lesen ist. 1411 traten die Eptinger alle Ansprüche und Rechte auf Gutenfels an die Stadt Basel ab, die in der Folge in der Nähe der Burg einen Wegzoll erhob. Auch den Burgstall liessen die Besitzer aus Basel weiter zerfallen. Merz schreibt 1910: «Schon G. F. Meyer sah 1679 nur mehr eine unbedeutende Ruine, und gegenwärtig ist die prächtig gelegene Burgstelle westlich vom Arxhofe auf einem Felskopf ob dem Fluhbache völlig verwachsen und kein Gemäuer mehr ersichtlich.»
Burgenfan legt Mauern frei
Der Burgenforscher Karl Heid, ein archäologischer Autodidakt, leitete in den Jahren 1961 und 1962 Grabungen im Auftrag des Kantons Baselland und veröffentlichte einen Bericht dazu in den Baselbieter Heimatbüchern. 1966 bis 1969 forschte eine Gruppe Freiwilliger unter der Leitung von Rolf Schelker weiter und konservierte die Mauerreste. Ziel war es, den Grundriss der Anlage zu finden, sie zu rekonstruieren und zu datieren. Eine unbewilligte Ausgrabung von zwei Privatpersonen, von der allerdings keine Aufzeichnungen vorhanden sind, wurde schon 25 Jahre vorher vorgenommen. Die damals gefundenen Gegenstände wurden dem Kantonsmuseum übergeben. Den Ausgräbern ist es gelungen, den gemauerten Grundriss der ganzen Anlage freizulegen. Der Kern der Burg bestand aus einem Turm mit 2,5 Meter dicken Mauern auf dem höchsten Punkt des Felsens. Weil im Innern des Turms auch viel Keramik gefunden wurde, gehen die Archäologen davon aus, dass es sich um einen Wohnturm handelte. Der Turm war zudem beheizt. Bei den Grabungen wurden Kacheln eines fest eingebauten Ofens gefunden. Eine Wasserversorgung, beispielsweise durch eine Zisterne, war allerdings nicht nachweisbar. Das benötigte Wasser soll vom Arxhofbächlein in die Burg getragen worden sein.
Unter dem Standort des Turms befindet sich eine künstlich ausgeebnete Felsterrasse, der Hof, wie ihn bereits Karl Heid nennt. Seine grösste Länge beträgt 25 Meter, die grösste Breite 15 Meter. Die durchwegs 1,2 Meter dicke Ringmauer, die den Hof begrenzt, ist in ihrer ganzen Länge erhalten. Vom Burggraben führt eine Treppe zu diesem Hof. Eingehauen wurde sie allerdings nicht von den Erbauern, sondern von Karl Heid. Er hielt die Rekonstruktion dieses Burgzugangs für den wahrscheinlichsten. Nach den Ausgrabungen ist die Ruine Gutenfels im Lauf der Jahre wieder so stark zugewachsen, dass sie kaum mehr zu erkennen war. Doch bedrohlicher war, dass der Bewuchs auch begann, den ohnehin schlecht erhaltenen Baubestand zu gefährden, schreibt die Archäologie Baselland auf ihrer Website.
Das rief Andreas Loosli aus Seltisberg auf den Plan. Er bot der Archäologie Baselland an, sich um die Ruine zu kümmern: ein Glücksfall. Seit 2008 sorgt sich Loosli ehrenamtlich und im Einverständnis mit der Archäologie Baselland und dem heutigen Besitzer, der Bürgergemeinde Bubendorf, um den Erhalt der ritterlichen Gemäuer.
Das Schloss Wildenstein
Es hagelte empörte Leserbriefe in den Lokalzeitungen, als der klamme Kanton Baselland 2011 die Schlösser Wildenstein und Bottmingen verkaufen wollte. Im März 2013 kam es zur Urnenabstimmung, mehr als 60 Prozent der Stimmenden schmetterten das Vorhaben ab. So gross ist die Verbundenheit der Baselbieter und Baselbieterinnen mit ihren Kulturdenkmälern. Heute wirft der Kanton jährlich rund 260 000 Franken auf, um das Schloss Wildenstein und das zugehörige Wohngebäude zu unterhalten, wie die Baselbieter Bau- und Umweltdirektion (BUD) auf Anfrage mitteilt. Dem gegenüber stehen jährliche Einnahmen von rund 80 000 Franken, etwa durch die Vermietung einzelner Säle oder des Schlosshofs für Hochzeiten, Geburtstage oder Firmenanlässe.
Das Schloss Wildenstein thront auf einem vorspringenden Felssporn südlich von Bubendorf und ist die einzige erhaltene mittelalterliche Höhenburg im Baselbiet. Seit der Gründung – die Archäologen gehen aufgrund von Untersuchungen des Bauholzes davon aus, dass die Burg spätestens seit 1292 besteht – war das Schloss bis 1990 bewohnt. Als Bauherren nimmt man das Rittergeschlecht der Eptinger an. Heinrich von Eptingen nannte sich 1293 erstmals «von Wildenstein». Die Eptinger bauten die Burg auf Boden des dem Domstift Basel gehörenden Dinghofs von Bubendorf.
Der Turm verliert seine Funktion
Wie die ursprüngliche Anlage ausgesehen hat, ist allerdings nicht klar und auch welchen Schaden die Burg beim Erdbeben von 1356 genommen hat, geht aus den Überlieferungen nicht hervor. Sicher ist allerdings, dass die Burg 1334 von Leuten der Grafschaften von Bern und Solothurn gestürmt und belagert wurde, weil der Sohn Heinrichs von Eptingen durch Übergriffe gegen Thun den Landfrieden gebrochen hatte. Laut Archäologie Baselland könnte der Angriff der Berner und Solothurner Truppen dafür verantwortlich sein, dass der Wohnturm 1338 neu errichtet wurde. Dieser Wohnturm ist der älteste heute erhaltene Bau der Anlage.
Nach der Belagerung wechselte die Burg etliche Male ihren Eigentümer. Ein gewisser Peter Seevogel von Basel vergrösserte den Besitz durch Landkäufe in der Umgebung und erwarb 1388 den Arxhof dazu. Die Stadt Basel kaufte die Burg im Jahr 1500 inklusive der dazugehörenden Rechte, womit Wildenstein zu einem Adelssitz mit beschränkten Privilegien wurde. Eine bedeutende Veränderung erfuhr die Burg nach der Übernahme durch das Engadiner Adelsgeschlecht von Planta ab 1684. Sophie von Rosen, die Witwe Meinrads von Planta von Wildenberg, gab den Turm als Wohnsitz auf und baute 1693 die Ökonomie- und Dienstgebäude neben dem Turm zu einem herrschaftlichen Wohnhaus um, dem Plantabau. Nach dem Verlust der Wehrfunktion im 15. und der Wohnfunktion im 17. Jahrhundert blieb der Turm weiterhin bestehen und geriet nicht wie andernorts in Zerfall.
Romantische Ritterwelt
1792 kam Wildenstein durch Vererbung in den Besitz der Basler Familie Vischer und blieb es knapp 200 weitere Jahre lang. Als Privatsitz ohne Herrschaftsrechte blieb die Burg vom Aufruhr im Zug der Französischen Revolution verschont. Die Vischers nutzten Wildenstein als ländlichen Sommersitz und verhalfen dem Schloss durch zahlreiche kostspielige Neuerungen zu seinem heutigen Aussehen. Im Stil der Burgenromantik wurde der ehemalige Wohnturm als Ritterburg mit Gefängnis ausgestattet. Weitere Türme kamen hinzu, anstelle der nördlich gelegenen Reben wurde ein Schlosspark nach dem Vorbild eines englischen Landschaftsgartens angelegt und vor das Eingangstor kam ein Brunnen. 1947 richtete die Familie Vischer einen ganzjährigen Wohnsitz im Schloss ein, drei Jahre später wurde ein französischer Garten nach barockem Vorbild angelegt.
1994 erwarb der Kanton Baselland das ganze 112 Hektaren haltende Schlossgut inklusive die beiden Höfe und stellte sie in den folgenden Jahren instand. Einem geplanten Verkauf schob die Bevölkerung 2013 an der Urne einen Riegel vor. Im ehemaligen Gärtnerhaus wohnen heute die beiden Schlossverwalter Hansjörg Surer und Dieter Leutwyler.
Die Ruine Gutenfels ist mit der Buslinie 71 ab Liestal zu erreichen. Von der Station Bubendorf Grosstannen bedarf es eines Fussmarschs von 10 Minuten entlang der Strasse. Eine kleine Brücke über den Fluebach führt dann links in den Wald und direkt zu den drei Grillstellen unter der Ruine. Die Besteigung der Ruine erfolgt auf eigene Gefahr, da die Felskanten nicht gesichert sind.
Bereits erschienen: «Gebaute Macht – die Burgen des Mittelalters» (12. Juli). Wird fortgesetzt.