Der Kuhflüsterer vom Ebenrain
30.07.2019 Bezirk Sissach, Landwirtschaft, SissachFabian Dettwiler deutet die Signale der Tiere – das lohnt sich
Was um Himmels Willen macht ein Kuhsignale-Trainer? Deutet er die Klänge der Kuhglocken oder das unterschiedliche Muhen der Kühe? Nichts davon.
Rolf Wirz
Fabian Dettwiler lacht. «Kuhsignale sind ...
Fabian Dettwiler deutet die Signale der Tiere – das lohnt sich
Was um Himmels Willen macht ein Kuhsignale-Trainer? Deutet er die Klänge der Kuhglocken oder das unterschiedliche Muhen der Kühe? Nichts davon.
Rolf Wirz
Fabian Dettwiler lacht. «Kuhsignale sind die Signale, die uns die Kühe zum Beispiel im Stall geben, die zeigen, wie es dem Tier geht. Das Ziel ist, dass wir uns dieser Signale annehmen und dementsprechend das Umfeld des Tieres verbessern.» Dettwiler macht ein Beispiel: «Wenn eine Kuh immer hart liegen muss, dann hat sie keine Haare mehr vorne an den Kniegelenken, also sollte man schauen, dass sie weicher liegen kann, dann hat sie auch wieder mehr Haare und es geht ihr allgemein besser.»
Fabian Dettwiler ist Lehr- und Beratungsperson am Ebenrain – Zentrum für Landwirtschaft, Natur und Ernährung und diplomierter Kuhsignale-Trainer. Er sagt, es seien ganz einfache Sachen, die er erkenne und die helfen würden, dass Kühe gesünder seien und folglich mehr Milch geben. «Die Frage ist: Wie geht es der Kuh in ihrem derzeitigen Umfeld? Daraus kann man Optimierungsmassnahmen ableiten.»
Ausbildung in Holland
Fabian Dettwiler hat sich vor drei Jahren während einer Woche in Holland zum Kuhsignale-Trainer ausgebildet. Jeden Monat berät Dettwiler einen Betrieb, der sich bei ihm meldet. Manchmal sind es einfache, kleine Veränderungen, die viel bringen, zum Beispiel mehr Einstreu, damit die Kühe weicher liegen können. Manchmal sind es auch grössere Massnahmen, wie zum Beispiel neue Boxenbügel im Liegebereich, ein neues Fressgitter oder das Tränkebecken weiter unten zu befestigen. Die meisten Tränkebecken seien auf 110 oder 120 Zentimetern platziert, was für die Kuh beim Trinken aber nicht besonders angenehm sei, sagt Dettwiler. Bis jetzt sei man davon ausgegangen, dass durch diese Höhe weniger Kot ins Wasser gelangt. Entscheidend dafür sei aber nicht die Höhe, sondern wie viel Platz es um das Becken herum hat. Wenn es viel Platz habe, dann gelange auch weniger Kot ins Becken. Wenn das Becken aber tiefer liegt, dann trinken die Kühe mehr – und wenn sie mehr trinken, geben sie auch mehr Milch. Dettwiler: «Die Kühe sagen uns alles mit feinsten Signalen. Das Ziel ist es, möglichst kostengünstig etwas für das Wohl der Tiere zu machen.»
Vor allem langjährige oder ältere Landwirte muss Fabian Dettwiler zuerst vom Angebot überzeugen, weil diese meinen, ihre Tiere zu kennen. Der Kuhsignale-Trainer redet dabei von einer gewissen Betriebsblindheit, in der Signale, welche die Kühe tagtäglich zeigen, nicht mehr wahrgenommen oder falsch interpretiert werden. Es passiere ihm oft, dass ihn die Bauern dann in seinen Beobachtungen bestätigen würden und sagen, das hätten sie gar nicht bedacht, dass man ein Verhalten der Kühe so deuten könne.
Fabian Dettwiler sagt, es gebe von den Signalen her keine Unterschiede zwischen verschiedenen Rassen oder Kühen mit Hörnern oder ohne. Unterschiede vom Verhalten her gibt es allenfalls zwischen Jungtieren und älteren Kühen.
Hohe Nachfrage
Dettwiler unterrichtet das Fach Kuhsignale auch an der Landwirtschaftlichen Schule im dritten Lehrjahr als eines von drei Wahlfächern. Das Fach ist sehr gefragt und die Nachfrage ist deutlich höher als Dettwiler erwartet hätte. An drei Tagen wird der Blick für die Kühe geschärft und auf einem Betrieb versucht, den Betriebsleitern eine Hilfestellung zu geben, was sie noch besser machen können. Das Ziel sei eine gesunde Kuh, indem ihr ein möglichst gutes Umfeld geboten wird. Solche Kühe würden auch mehr leisten. Dettwiler erzählt von Betrieben, die zwar nach den neusten Bestimmungen gebaut wurden, aber der Stall stimme trotzdem nicht ganz für die Kühe. Wenn dort noch Feinjustierungen vorgenommen werden, dann liegen die Kühe plötzlich zwei Stunden mehr am Tag. Eine Stunde mehr liegen heisst ein Kilo mehr Milch – ohne dass zusätzliches Geld investiert wurde. Bei 30 Kühen sind das 60 Liter mehr Milch pro Tag und entsprechend mehr Umsatz.
Laut Dettwiler würden zahlreiche Studien beweisen, dass die verbesserte Tiergesundheit weitergehende finanzielle Auswirkungen hat, zum Beispiel tiefere Tierarzt- oder Medikamentenkosten. Und wenn die Tiere gesund seien, dann wirke sich das auch auf die Stimmungslage des Bauern aus, dem die Arbeit leichter falle. Dettwiler: «Mein Credo lautet darum: eine glückliche Kuh, ein glücklicher Bauer.»
Rolf Wirz ist Leiter Kommunikation der Volkswirtschafts- und Gesundheitsdirektion. Dieser Artikel erschien kürzlich bereits im «Infoheft» des Kantons Baselland.