Damit auch das Volk etwas vom Rittererbe hat
19.07.2019 Baselbiet, Kultur, Bubendorf, SerienBurgen und Schlösser soll man nutzen können. Die Ruine Gutenfels und das Schloss Wildenstein bedürfen dazu ganz unterschterschiedlicher Pflege. Während Andreas Loosli dafür kämpft, dass die Ruine Gutenfels überhaupt sichtbar bleibt, empfangen die Schlossverwalter von Wildenstein ...
Burgen und Schlösser soll man nutzen können. Die Ruine Gutenfels und das Schloss Wildenstein bedürfen dazu ganz unterschterschiedlicher Pflege. Während Andreas Loosli dafür kämpft, dass die Ruine Gutenfels überhaupt sichtbar bleibt, empfangen die Schlossverwalter von Wildenstein jährlich mehr als 10 000 Besucher. Mit Burgenromantik haben alle drei wenig am Hut.
Sebastian Schanzer
Als Andreas Loosli mit der Arbeit begann, fand er einen Hügel mit Gebüsch vor seinen Augen. Doch er wusste: Unter diesem wuchernden Grün befindet sich uraltes Gemäuer. Schliesslich tummelte sich der Seltisberger als Junge oft bei der Burgruine Gutenfels. Die Burgsanierung 1968 war noch nicht lange her, die freigelegte Ruine zwischen Bubendorf und Arboldswil bot Abenteuer pur für den entdeckungslustigen Jungen. Das hatte sich offenbar geändert, als Loosli den Ort 30 Jahre später wieder aufsuchte, um ihn einem anderen Jungen zu zeigen. «Die Ruine war eigentlich nicht mehr da.» Loosli wollte sie aus der Wildnis zurückholen.
Die Archäologen des Kantons waren überrascht, als sie 2008 die Anfrage des Burgfreunds erhielten, sich ehrenamtlich um den Erhalt der Ruine Gutenfels zu kümmern. Sie nahmen das Angebot dankend an und erteilten ihm – unter Auflagen – die Bewilligung. Immerhin erspart sich der Kanton auf diese Weise hohe Sanierungskosten, die ohne periodische Pflege der Ruine zweifellos anfallen würden.
In den ersten zwei Jahren hat Loosli gute zehn Ster Gebüsch entsorgt. Es galt, die Ruine von der Wildnis zurück in die Zivilisation zu holen. Ein angenehmer Nebeneffekt: «Seit man sieht, dass die Ruine Gutenfels ein öffentliches Naherholungsgebiet ist, bleibt auch weniger Müll liegen», erzählt Loosli. Mit seiner ehemaligen Fasnachtsclique installierte er drei Grillstellen am Burggraben. «Früher bauten sich die Besucher ihre Feuerstellen einfach mit Gestein, das um die Burg herum lag. Für die Archäologen war das nicht so toll.»
Der Burgwart hat sich als Laie viel Wissen angeeignet – historisches, archäologisches, aber auch Wissen über Flora und Fauna, die «seine Ruine» umgeben, mit ihr leben. Kein Stein im Gemäuer oder auf dem Boden, keine Pflanze und kein Tierchen, über die Loosli beim Gang durch die Stätte nichts zu erzählen wüsste. Für sein Engagement verliehen ihm die Burgenfreunde beider Basel 2012 ihren Burgenpreis.
Wohnen im Märchenschloss
Klar, dass sich Hansjörg Surer und Dieter Leutwyler auf Schloss Wildenstein weniger mit wucherndem Gebüsch beschäftigen, als vielmehr mit Hochzeitsgesellschaften, Caterern und Touristengruppen. Die beiden teilen sich eine 100-Prozent-Stelle beim Kanton, der das historische Kulturgut seit 1994 besitzt, und sind mit der Verwaltung der Schlossanlage beauftragt. Das heisst: Feste betreuen, Kunden beraten und dafür schauen, dass keine Schäden an der historischen Substanz entstehen. «Manchmal stochern Kinder etwa am Kopfsteinpflaster herum. Dann müssen wir den Kleinen, zuweilen auch den Eltern, klarmachen, was man an diesem Ort tun darf und was nicht», sagt Surer.
Aber auch die Reinigung des Schlosses steht auf dem Ämtchenplan der beiden. Ein Volumen von rund zehn Einfamilienhäusern gilt es sauber zu halten, inklusive der Fenster. «Hier oben haben wir eine regelrechte Fliegenplage», sagt Surer. «Schwarze Pünktchen an den Fenstern gehören nicht zu der Vorstellung eines Schlosses, die sich die Leute machen.»
Aber wie komt man dazu, Schlossverwalter zu werden? Surers Partner Dieter Leutwyler, ehemals Sprecher der Bau- und Umweltdirektion, erinnert sich: «Du hast mir die Burg einmal gezeigt und gesagt, hier möchtest du gern einmal leben.» Als Schauspieler hat Surer früher oft beim Eichenhain Texte auswendig gelernt. Als die Stelle des Schlossverwalters beim Kanton 2016 tatsächlich ausgeschrieben war, meldeten sich die beiden, bekamen den Job nach drei Gesprächen und zogen im ehemaligen Gärtnerhaus beim Schlosshof ein – «zu ortsüblicher Miete», wie sie betonen.
Und wer glaubt, die beiden jagen täglich mit Schwert und Schild durch den Schlosshof, um sich am Abend ein üppiges Rittermahl zu genehmigen, irrt sich freilich. «Mit Burgenromantik hat unsere Arbeit nichts zu tun», sagt Surer.