AHNIG VO BOTANIK
16.07.2019 BaselbietAlles Kaktus, oder?
Andres Klein
Wussten Sie, dass es natürlicherweise auf dem ganzen afrikanischen Kontinent keinen einzigen Kaktus gab? Auch in Asien, Europa und Australien wuchs kein einziger von ihnen. Erst mit der Eroberung von Nord- und ...
Alles Kaktus, oder?
Andres Klein
Wussten Sie, dass es natürlicherweise auf dem ganzen afrikanischen Kontinent keinen einzigen Kaktus gab? Auch in Asien, Europa und Australien wuchs kein einziger von ihnen. Erst mit der Eroberung von Nord- und Südamerika wurden Vertreter der Familie der Kakteen in andere Kontinente gebracht. Kakteen gehören wegen ihrer Fähigkeit, sehr viel Wasser zu speichern, zu den Sukkulenten. Das lateinische Wort «suculus» bedeutet «saftreich».
Kaktusähnliche Pflanzen, die in Afrika oder Australien wachsen, gehören zu andern Familien wie Wolfsmilch-, Fettblatt- oder Schwalbenwurzgewächse und Mittagsblumengewächsen. Nicht alle Sukkulenten haben Dornen, aber alle haben die Fähigkeit, bei Trockenheit dank des eigenen Wasserspeichers im Stängel, in den Blättern oder in den Wurzeln die Trockenperiode zu überleben.
Sukkulenten sind typische Bewohner von Wüsten, Halbwüsten, Steppen und Felsen. Meist haben diese trockenheitsresistenten Pflanzen noch weitere Tricks entwickelt, um den Wasserverbrauch oder Wasserverlust zu vermindern. So haben viele von ihnen eine relativ dicke Blatt- und Stengelhaut, oft mit einer wachsartigen Schutzschicht, was die Verdunstung vermindert, so zum Beispiel der südafrikanische Butterbaum aus der Familie der Weinrebengewächse.
Die Fettblattgewächse, zu denen auch die Alpenpflanze «Hauswurz» gehört, haben einen speziellen Energiehaushalt, der hilft, die Verdunstung am Tag zu reduzieren. Sie können tagsüber alle Spaltöffnungen ganz schliessen und nehmen dann in der Nacht das CO2 auf und speichern dieses nicht in Traubenzucker, sondern in Form von Apfelsäure. Diese wird dann im Laufe des Tages in Traubenzucker umgewandelt. Somit brauchen diese Pflanzen viel weniger Wasser, um die Sonnenenergie im Traubenzucker zu speichern.
Die echten Kakteen sind sehr vielgestaltig und zeichnen sich durch die vielen Dornen aus. Dies sind eigentlich umgewandelte Blätter. Die Dornen sind wohl auch verantwortlich dafür, dass der Ruf dieser Familie nicht über alle Zweifel erhaben ist. So sollte man seiner Ehefrau zum Hochzeitstag lieber keinen Kaktus schenken, obwohl die Blüten wunderbar bunt und gross sind. Die grössten Kakteenblüten haben 30 Zentimeter Durchmesser.
Kakteen sind auch von wirtschaftlicher Bedeutung. So werden die Früchte des Feigenkaktusses gerne roh gegessen. Der Peyote-Kaktus ist für die Rituale einiger Indianervölker und für esoterische Alt-Achtundsechziger als Mescalin-Lieferant wichtig. Ein anderer Kaktus ist für die Produktion eines karminroten Farbstoffes verantwortlich, leben doch auf ihm die Cochenille-Schildläuse, welche diese rote Farbe produzieren. So wird dieser Farbstoff für den Campari und für Lippenstifte gebraucht.
Da es heute weltweit sehr viele Liebhaber von Kakteen gibt, sind viele der seltenen und ausgefallenen Arten vor dem Ausrotten durch Sammler gefährdet. Darum sind die allermeisten Kakteen international geschützt und die illegale Einfuhr wird mit hohen Bussen geahndet. Darum ist es ratsam, die Kakteen in Form von Lippenstift oder Campari zu importieren.
Andres Klein ist Biologe. Er lebt in Gelterkinden.