Mit Racket auf der Überholspur
24.05.2018 Sport, Weitere SportartenNadia Pfister aus Ramlinsburg ist die grosse Aufsteigerin
Nadia Pfister wird in der Schweizer Squash-Szene offiziell als das am meisten versprechende Talent gehandelt. Sie investiert auch viel in ihre Sportart.
Boris Burkhardt
Nadia Pfister ist sich ihres ...
Nadia Pfister aus Ramlinsburg ist die grosse Aufsteigerin
Nadia Pfister wird in der Schweizer Squash-Szene offiziell als das am meisten versprechende Talent gehandelt. Sie investiert auch viel in ihre Sportart.
Boris Burkhardt
Nadia Pfister ist sich ihres Ausnahmestatus sehr wohl bewusst: Man könnte sie eine Amateur-Profisportlerin nennen, denn ihr finanzielles und zeitliches Engagement ist das eines Profis, der Verdienst jedoch der eines Hobbysportlers. Pfister, 22 Jahre, eine offenherzige, selbstbewusste Frau mit einem verschmitzten Lächeln, hat sich für eine Profikarriere auch keinen einfachen Sport ausgesucht: Weltweit gibt es nur wenige Menschen, die vom Squash leben können. «Da hätte ich viel früher und intensiver anfangen müssen», sagt Pfister im Gespräch, das sie über das Handy aus England führt. Diese Aussage klingt krass, wenn man bedenkt, dass sie heute sechs Tage die Woche zweimal täglich trainiert. Mit sieben Jahren war sie zum ersten Mal mit ihrem Vater auf einem Squashcourt: Sie begann kurz darauf mit dem Jugendtraining in Liestal; schon mit 15 Jahren trainierte sie fünfmal in der Woche und besuchte später das Sportgymnasium in Liestal, das sie vor zwei Jahren abschloss. Wenn sie daheim in Ramlinsburg ist, trainiert und spielt sie in zwei Mannschaften: im Damenteam des Squash Club Fricktal in der höchsten Spielklasse, der Nationalliga A, und im Männerteam der Carnivals Liestal, ihrem Jugendverein, in der dritten Liga.
Männern den Meister zeigen
Das Glück einer Nischensportart ist aber, dass sich überdurchschnittliches Engagement schnell auszahlt; und so spielt die Ramlinsburgerin auch immer wieder als Verstärkung in Klubmannschaften in Frankreich, Deutschland, Italien und Grossbritannien. Damit erklärt sich auch das Telefonat aus Pontefract in West Yorkshire.
Frauen in einem Männerteam – das sei im Squash nichts Ungewöhnliches, sagt sie, in Italien und Grossbritannien sogar so vorgesehen. Nur andersherum, Männer in einem Frauenteam, gebe es auch im Squash nicht. Auch in der Schweizer Nationalmannschaft spielt Pfister schon seit ihrer Jugend, was in einer Einzelsportart wie Squash aber weniger Bedeutung habe: «Die Schweizer Damen haben seit vier Jahren nicht einmal mehr einen Nationaltrainer.» Viel wichtiger sei für ihren Sport die «Professionell Squash Association», in der sie ebenfalls spielt. Das Faszinierende am Squash ist für Pfister, dass man mit allen physiognomischen Voraussetzungen Vorteile habe: «Wer klein ist, ist schnell, wer gross ist, hat eine gute Reichweite – jeder kann seine Eigenschaften nutzen.»
Pfister wird ernster, wenn sie über ihren Lebensunterhalt spricht:
«Das ist eine schwierige Frage, dessen bin ich mir bewusst.» Das wenige Preisgeld, das sie bekomme, würden die Reisekosten wieder auffressen. Über Jobs in Cafés und als Babysitterin sowie einen Zustupf privater Sponsoren und des Swisslos-Sportfonds fliesse etwas Geld in die Reisekasse: «Ich verbringe aber Stunden damit, die günstigsten Flüge zu finden.» Sie betrachte die bisherigen zwei Jahre als Lebensschule und auch als Möglichkeit, ihr Netzwerk zu erweitern: «Andere machen nach der Matur eine Weltreise; ich durfte ebenfalls schon auf allen Kontinenten Squash spielen.»
Sehr zu schätzen weiss Pfister deshalb die Unterstützung ihrer Eltern, die weder zu viel erwarteten noch zu wenig erlaubten: «Der Punkt, an dem es finanziell nicht mehr geht, ist noch nicht erreicht.» Sport auf ihrem Niveau bringt immer Einbussen mit sich; das weiss Pfister. Familie und Freunde müssten viel Geduld und Toleranz aufbringen: «Es läuft immer etwas daheim; aber ich kann grundsätzlich nie dabei sein», sagt sie mit Selbstironie. Geschwister hat Pfister keine.
Was ihr in Kindheit und Jugend gefehlt habe, um heute vom Squash leben zu können, waren gute Trainer. Pfister meint das mit Blick auf ihre beiden Vereine aber nicht abwertend: «Es waren nur ehrenamtliche Trainer, und ein Training tagsüber war deshalb nicht möglich.» Die einzige Konstante in ihrer Karriere sei ihr Vater, der ihr als Trainer und Sparringpartner diene: «Er ist mein zweites Auge und mein Supervisor.» Aber auch er spiele Squash eben nur als Breitensport. Die Lösung sei, viel zu reisen, drei Stunden am Tag im Schnitt, sagt sie: «Ich musste mir Leute suchen, die besser sind als ich, um weiterzukommen.» In Pontefract zum Beispiel spielten und trainierten einige Weltklassespieler: «Und der Trainer ist den ganzen Tag über für mich da.»