«Jetzt oder nie»
25.11.2021 Lausen, SportCeline Albisser
«Einfach nur Rad zu fahren, wäre vermutlich etwas zu langweilig», gibt Rabea Vögtle lächelnd zu. Wo andere Personen schon mit einer Sportart alle Hände voll haben, fängt die Lausnerin erst an. Sie betreibt Triathlon – genauer gesagt sogenannte ...
Celine Albisser
«Einfach nur Rad zu fahren, wäre vermutlich etwas zu langweilig», gibt Rabea Vögtle lächelnd zu. Wo andere Personen schon mit einer Sportart alle Hände voll haben, fängt die Lausnerin erst an. Sie betreibt Triathlon – genauer gesagt sogenannte Ultratriathlons. Dabei handelt es sich um Wettkämpfe, bei denen entweder Ironman-Distanzen (also 3,862 km Schwimmen, 180,25 km Radfahren, 42,2 km Laufen) beziehungsweise ein Vielfaches davon oder vergleichbare Strecken mit einem extremen Höhenprofil absolviert werden. Oftmals sind die Teilnehmenden dafür den ganzen Tag oder sogar über mehrere Tage unterwegs.
Eine Prise Sportverrücktheit gehört wohl dazu, wenn sich jemand einer solchen Herausforderung stellt. Bei Rabea Vögtle erwachte die Begeisterung für Sport schon im Kindesalter. Die gebürtige Deutsche besuchte regelmässig das Schwimmtraining, im Schulalter kam die Leichtathletik dazu. Triathlon wurde kurz zum Thema, lag aber aufgrund der zeitlichen Verpflichtungen in der Schule nicht drin.
Kampf gegen sich selbst
Dies änderte sich während des Lehramtstudiums, das Vögtle mehr Flexibilität in der Gestaltung ihrer Zeit brachte. Durch eine Mountainbike-Exkursion kam sie mit dem Fahrrad in Berührung. Kurz darauf lebte die Idee, diese drei Disziplinen miteinander zu verbinden, wieder auf. Als eine Kommilitonin Triathletinnen für ein Frauenteam suchte, schloss sich Vögtle kurzerhand dem Verein an. Dadurch konnte sie erste Triathlon-Luft im Sprintbereich und über die olympische Distanz schnuppern. Die Abwechslung durch die drei Disziplinen und die Tatsache, dass man sich oft draussen bewegt, begeisterten sie von Beginn weg.
«Ich war jedoch nie der Typ für Sprintrennen», führt die 40-Jährige aus. Es zog sie bald in Richtung längere Distanzen, der Traum des Ultratriathlons begann sich zu formen. «Das schiebt man dann erst mal etwas vor sich her, da es schon eine grosse Herausforderung darstellt», erinnert sich Vögtle an die Anfänge. «Nach dem ersten Kind habe ich mir dann aber gesagt: ‹Jetzt oder nie!›». Dies setzte sie in die Tat um: Sie begann, mit einer Trainerin professionell zusammenzuarbeiten und überquerte die Ziellinie ihres ersten Ultratriathlons.
Schwierige Balance
Nach dem Zieleinlauf wurde Vögtle von den Emotionen überwältigt: «Ich war einfach unglaublich stolz, diese Herausforderung angenommen zu haben.» Auch die Erlebnisse während des Wettkampfs faszinierten sie. Das Sporterlebnis in der Natur, der mentale Kampf gegen sich selbst und das Durchleben der Emotionen hinterliessen einen bleibenden Eindruck. So hat Vögtle mittlerweile bereits drei Ultratriathlons allein und einen im Team absolviert.
Eine solche Belastung will gut vorbereitet sein. In den weniger intensiven Phasen verbringt Vögtle zwischen 10 bis 15 Stunden pro Woche mit Training, im Sommer können es schnell mehr als 20 werden. Und dies, obwohl die zweifache Mutter nebenbei in einem kleinen Pensum an einer Primarschule unterrichtet. «Die Balance ist nicht immer ganz einfach», bestätigt sie. Vor allem die Erholungszeit leide unter der Mehrfachbelastung. Ohne Unterstützung aus dem Umfeld wäre ihr das Ausüben ihres Trainingspensums nicht möglich. Auch die Kinder bringen viel Akzeptanz auf; sie kennen ihr Mami so und begleiten sie oft zu lockeren Einheiten.
Mit dem Älterwerden der Kinder wird dies jedoch schwieriger. An eine Reduktion habe sie auch schon gedacht. «Vor dem diesjährigen Inferno-Triathlon habe ich mir vorgenommen, in Triathlonrente zu gehen», gesteht Vögtle. Nach dem Rennen habe sie die Aussage jedoch gleich wieder revidiert: «Obwohl dies ein schwieriger Wettkampf für mich war, habe ich erneut unglaublich tolle Momente erleben dürfen; das möchte ich noch nicht aufgeben.» Sie habe durch diese Herausforderungen so viel über sich selbst herausgefunden, was sie auch im Alltag nutzen könne. Und schliesslich gebe es für sie einfach nichts Schöneres, als in einem Berglauf bei Sonnenaufgang oben im Ziel anzukommen. Die Triathlonrente muss wohl noch etwas warten.