CARTE BLANCHE
14.09.2021 PolitikNein zur Juso-Steuerinitiative
Andrea Kaufmann, Landrätin FDP und Gemeindepräsidentin Waldenburg
Zum sechsten Mal innert 20 Jahren kommt Ende September eine Umverteilungsinitiative der Linken zur Abstimmung. Es erstaunt und befremdet ...
Nein zur Juso-Steuerinitiative
Andrea Kaufmann, Landrätin FDP und Gemeindepräsidentin Waldenburg
Zum sechsten Mal innert 20 Jahren kommt Ende September eine Umverteilungsinitiative der Linken zur Abstimmung. Es erstaunt und befremdet mich dabei immer wieder, mit welch aggressiver Rhetorik gegen Reiche polemisiert und Stimmung gemacht wird.
Wie bei jeder Initiative lautet die wichtigste Frage, welches Problem die «99 %»-Initiative überhaupt lösen will. Die Schweiz verfügt schon heute im internationalen Vergleich über eine ausgeglichene Einkommensverteilung. Sie ist viel ausgeglichener als in unseren Nachbarländern. Dies hat nicht zuletzt mit unserem Steuersystem zu tun. Die direkte Bundessteuer ist sehr progressiv: Das reichste 1 Prozent bezahlt bereits heute rund 40 Prozent. Zusätzlich wird in der AHV und der Arbeitslosenversicherung ebenfalls kräftig umverteilt.
Auch die Vermögen werden nicht geschont. Die Schweiz ist eines der ganz wenigen Länder weltweit, das eine Vermögenssteuer kennt. Diese bringt den Kantonen jedes Jahr 7 Milliarden Franken ein. Die Steuern auf Vermögen sind in der Schweiz insgesamt höher als im Durchschnitt der OECD-Länder. Die Schweiz ist deshalb schon heute finanziell sehr gut aufgestellt. Sie konnte in den vergangenen Jahren substanziell Schulden abbauen und die Folgen der Coronakrise mit Milliardenzahlungen abfedern. Neue Steuern braucht es nicht.
Nun aber kommt diese Initiative und will Kapitaleinkommen, also beispielsweise Dividenden, Mieteinnahmen oder Aktienkursgewinne, stärker besteuern. Diese sollen ab einem bestimmten Schwellenwert – die Initianten sprechen von 100 000 Franken – zu 150 Prozent besteuert werden. Der Betrag über dem Schwellenwert wird also mit dem Faktor 1,5 zum Einkommen gerechnet. Die Initiative hätte damit zur Folge, dass man mehr Einkommen versteuern muss, als man tatsächlich verdient hat. Das widerspricht zutiefst meiner Vorstellung von Steuergerechtigkeit und hat mit einer Besteuerung nach der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit nicht besonders viel zu tun.
Der Kreis der Leidtragenden ist grösser, als uns die Initianten weismachen wollen. Bei der derzeitigen Entwicklung der Immobilienpreise sind potenziell alle Hauseigentümer betroffen. Für Familienunternehmen werden Nachfolgeregelungen teurer. Wer Aktien hat, muss künftig auch Kursgewinne versteuern. Bei Kursverlusten gibt es selbstverständlich keine Steuern zurück.
Als Gemeindepräsidentin interessiert mich natürlich besonders, was die möglichen Auswirkungen auf die Gemeinden sind. Die Initiative stellt einen erheblichen Eingriff in die Steuerhoheit der Kantone dar. Die Konferenz der kantonalen Finanzdirektorinnen und -direktoren lehnt deshalb die Initiative ab und warnt davor, dass Zuständigkeiten von den Kantonen und Gemeinden auf Bundesebene verlagert werden könnten. Eine solche zusätzliche Zentralisierung lehne ich ab. Auf Gemeindeebene sind wir nahe bei den Leuten und können deshalb besser auf die Bedürfnisse der Menschen reagieren.
Die Juso-Initiative ist also unnötig, ungerecht und schädlich. Deshalb lehne ich sie entschieden ab.
In der «Carte blanche» äussern sich Oberbaselbieter National- und Landratsmitglieder sowie Vertreterinnen und Vertreter der Gemeindebehörden zu einem selbst gewählten Thema.