HERZBLUT
07.04.2021 GesellschaftTschüss, liebe alte Waldenburgerbahn
Für das Waldenburgertal ging in der Nacht auf gestern eine jahrzehntelange Ära zu Ende. Das «Waldenburgerli» in seiner heutigen Form hat ausgedient. Die «WB»und der ...
Tschüss, liebe alte Waldenburgerbahn
Für das Waldenburgertal ging in der Nacht auf gestern eine jahrzehntelange Ära zu Ende. Das «Waldenburgerli» in seiner heutigen Form hat ausgedient. Die «WB»und der «Crèmeschnitten-Express» wie die Schmalspurbahn auch genannt wurde, ist nicht mehr. Zum Ende ihrer Dienstzeit standen die rot-weissen Bahntriebwagen gestern Morgen nochmals Spalier beim Bad Bubendorf. Fahrplanmässig werden sie nicht mehr das Tal hinauf- und hinunterfahren, sie werden exportiert.
Für mich als auf dem Hügel zwischen dem Föifliber- und Waldenburgertal Aufgewachsenen gehört die Waldenburgerbahn zu unserer Region wie das grüne «Trämli» zu Basel und die «RhB» zu Graubünden. Ein unverkennbares Merkmal, das den einen als Identifikaktionsmittel schlechthin und den anderen als einfaches Transportmittel tagein und tagaus gedient hat.
Für mich war die «WB», mit ihren unverkennbar in die Jahre gekommenen Bahnwagen, immer so ein Mittelding. Irgendwie Heimat, aber irgendwie auch einfach ein Verkehrsmittel, um von A nach B zu kommen. Als die Busverbindungen ins sonnigste Dorf des Baselbiets noch mehr spärlich als regelmässig waren, fuhr ich zu meinen Jugendzeiten mit der WB von Liestal zum Bad Bubendorf, um dort von meinen Eltern abgeholt zu werden. Oder ich fuhr bis zur Station Lampenberg und fuhr dann mit meinem «Puch Maxi S» nach Hause.
Ein angefressener WB-Fahrer war ich also nie, wirklich darauf angewiesen war ich auch nur selten. Zudem bin ich kein eingefleischter Bähnler, sodass ich quasi als Fan das Züglein benutzt und tonnenweise Bilder in Fotoalben geklebt hätte. Und doch ist dieses «Bähnli» irgendwie Kult für mich. Dass künftig eher gelbe als rote Bahnwagen auf der Strecke verkehren und das altgediente mit modernem Rollmaterial ersetzt wird, ist schwer zu verdauen.
Doch nicht nur das: Künftig wird das Fahrgeräusch im Innern der Wagen wohl kaum noch zu hören sein. Etwas, das als WB-Fahrgast nur schwer vorzustellen ist, war der Geräuschpegel jeweils doch so laut, dass man im Gespräch mit dem Gegenüber kaum sein eigenes Wort verstand. Auch wird einem wohl in der neuen WB das Sitzpolster nicht mehr an ein Hotel aus den 1970er-Jahren mit einem alten vergilbten Spannteppich erinnern. Und auch wird man als normal gross gewachsene Person künftig wohl mehr Beinfreiheit haben und nicht mehr schräg im Sitzabteil sitzen müssen, um nicht ungewollt mit dem Nachbar zu füsseln.
Ja, mit dem Neubau sind solche Erlebnisse rund um die alte WB nur noch Erinnerungen. Erinnerungen, die unsere Generationen mit Freude und Stolz den nächsten Generationen weitererzählen werden. Dann, wenn man zufrieden mit dem Züglein ins Tal fährt und froh ist, dass es die Waldenburgerbahn immer noch gibt. Ganz modern, aber immer noch Kult.
Tschüss alte WB – ich bin gespannt, wie du in eineinhalb Jahren in neuem Kleid zurückkommst.
Severin Furter, Redaktor «Volksstimme»