Gelassen optimistisch in die Zukunft
27.04.2021 Bezirk Sissach, Bezirk WaldenburgBrockenstuben haben sich von den Lockdowns erholt
Die Brockenstuben mussten im Pandemiejahr während zweier Lockdowns ihre Geschäfte schliessen. Ein Zustand, der den Inhaberinnen und Inhabern zugesetzt hat und zu teils grossen Einbussen führte. Trotzdem liessen sich die Brocki-Besitzer ...
Brockenstuben haben sich von den Lockdowns erholt
Die Brockenstuben mussten im Pandemiejahr während zweier Lockdowns ihre Geschäfte schliessen. Ein Zustand, der den Inhaberinnen und Inhabern zugesetzt hat und zu teils grossen Einbussen führte. Trotzdem liessen sich die Brocki-Besitzer von der andauernden Krise nicht beirren.
Sander van Riemsdijk
Auf der Grundüberlegung, dass die Waren, die wir loswerden möchten, für andere noch eine Bedeutung haben könnten, basiert das Brockenhaus-Geschäft. Brockenhäuser laden aber nicht nur zum Kaufen von Alltäglichem oder von kuriosen und einzigartigen Trouvaillen. Sie laden zudem, mit einem sozialen Hintergrund in einer von Nostalgie geprägten und gemütlichen Atmosphäre, zum Verweilen ein. Damit haben sie in der Gesellschaft eine wichtige soziale Funktion übernommen.
Dies zeigt sich in den stetig steigenden Besucherzahlen, insbesondere nach dem letzten Lockdown im März dieses Jahres, wie Marianne Meiller, Leiterin der Brockenstube des Frauenvereins Gelterkinden, berichten kann: «Wir hatten den Eindruck, dass die Leute förmlich darauf gewartet haben, dass wir wieder öffnen konnten. Sie kamen in Scharen – und nicht nur zum Einkaufen.» Ähnliche Erfahrungen machte auch Mustafa Yildiz, Geschäftsführer von Lotty’s Brockenstube in Hölstein: «Ich wurde nach dem Lockdown förmlich von der Kundschaft überrannt. Manchmal waren bis zu 15 Personen im Laden.» Und er schiebt nach: «Weniger zum Einkaufen, als vielmehr darum, wieder in der Stube mit anderen Menschen zu verweilen.»
Viele Menschen haben die Lockdowns im vergangenen und in diesem Jahr genutzt, um den Estrich und den Keller auszumisten. Wer erwarten würde, dass dadurch die Brockenhäuser mit nicht mehr gebrauchten Waren förmlich überflutet worden sind, irrt sich. «Die angebotene Warenmenge nach den Lockdowns hielt sich für uns in übersichtlichem Rahmen», sagt Denise Sumi, Leiterin der Brockenstube des Frauenvereins Lausen. «Wir mussten schon vermehrt schauen, dass kein Ramsch übergeben wurde.» Diese Feststellung gilt auch für Mustafa Yildiz in Hölstein und Bagci Cafer, Inhaber der Brockenstube Bubendorf: «Ich habe den Eindruck, dass die Menschen sich wegen des Risikos einer Ansteckung nicht in den Laden trauen, um ihre Waren abzugeben. Auch finden fast keine Räumungen statt.» In der Brockenstube in Gelterkinden und der Brockenstube Nikodemus in Sissach ist die Situation ähnlich, wie der Geschäftsinhaber Daniel Löffel angibt.
Finanzielle Einbusse
Die Lockdowns haben bei sämtlichen befragten Brockenhäusern finanzielle Spuren hinterlassen. Gross waren diese insbesondere in der Brockenstube in Gelterkinden mit 8000 Franken Verlust, der gemäss Marianne Meiller in etwa einem Fünftel des normalen Jahresumsatzes entspricht. «Momentan geht es uns finanziell mit durchschnittlich generierten Einnahmen von 1000 Franken pro Öffnungsdienstag dank einer treuen Kundschaft wieder erfreulich gut.» Da die Brockenstube keine Miete bezahlen muss und die Mitarbeiterinnen ehrenamtlich tätig sind, fiel der Verlust nicht so sehr ins Gewicht, wie sie ergänzt.
Grosse Umsatzeinbussen erlitten auch die Brockenstuben in Lausen sowie in Bubendorf, die von einem Verlust von 50 Prozent beziehungsweise einem Drittel sprechen. Die Verluste in Hölstein und Sissach hielten sich laut Angaben der Betreiber im Rahmen. Dies nicht nur dank eines bei beiden Brockenhäusern fein verzweigten Netzes von jahrelanger Kundschaft, wie «Nikodemus»-Betreiber Daniel Löffel erläutert. Er bot innovativ dem Virus die Stirn. «Ich war durch die Schliessung gezwungen zu handeln und habe meine Artikel auf einer Internetplattform mit Erfolg zum Verkauf angeboten», sagt er, «so konnten sich wichtige Einnahmen generieren lassen.»
Die befragten Brockenstubenleitungen äusserten sich ausnahmslos erfreut und dankbar über ihre treue Kundschaft, die sich auch von einer pandemiebedingten Schliessung «ihrer» Brockenstube nicht vom typischen Brockenstuben-Erlebnis mit den so wichtigen zwischenmenschlichen Kontakten abhalten liess. Und sie schauen daher gelassen optimistisch in die Brocki-Zukunft mit einem trotz Corona-Krise weiterhin langen Zeithorizont.