CARTE BLANCHE
26.02.2021 PolitikFreihandel mit Indonesien: Chance oder Risiko?
Andrea Kaufmann-Werthmüller, Gemeindepräsidentin und Landrätin FDP, Waldenburg
Bei der Diskussion um das Freihandelsabkommen mit Indonesien fällt auf, dass wir praktisch nur ...
Freihandel mit Indonesien: Chance oder Risiko?
Andrea Kaufmann-Werthmüller, Gemeindepräsidentin und Landrätin FDP, Waldenburg
Bei der Diskussion um das Freihandelsabkommen mit Indonesien fällt auf, dass wir praktisch nur über die Risiken sprechen. Palmöl ist schlimm und das Abkommen mache alles schlimmer, so das Argument der Gegner. Es ist klar, dass wir die negativen Auswirkungen von Palmöl diskutieren müssen. Das Thema ist umstritten. Wir wollen einerseits den Regenwald schützen, andererseits dürfen wir die positiven Eigenschaften von Palmöl, insbesondere dessen sehr geringen Flächendedarf, nicht ignorieren.
Die Frage ist aber vielmehr, ob das Indonesien-Abkommen wirklich so viel mit Palmöl zu tun hat. Verschlimmern wir die Palmöl-Situation mit dem Abkommen wirklich? Wenn wir die Fakten anschauen, dann heisst die Antwort klar Nein. Die Schweiz importiert praktisch kein Palmöl aus Indonesien. Zuletzt waren es gerade einmal 35 Tonnen, das sind 0,1 Prozent des gesamten Palmölimports. Die Palmöleinfuhr sinkt seit Jahren. Konsumenten verzichten auf das umstrittene Öl. Hersteller reagieren darauf, indem sie immer öfter Ersatzprodukte wie Rapsöl verwenden. (Ob dies in jedem Fall die Ökobilanz verbessert, sei hier dahingestellt.)
Die bestehenden Schweizer Palmöl-Importeure setzen bereits heute auf langjährige Beziehungen zu nachhaltigen Produzenten im Ausland. Die geringfügige Zollreduktion auf zertifiziertes Palmöl, die das Abkommen vorsieht, wird an diesem Markt also kaum etwas ändern. Der Widerstand gegen das Indonesien-Abkommen aufgrund des Palmöls ist reine Symbolpolitik.
Im Gegensatz dazu sind die Chancen des Abkommens sehr konkret und vielversprechend. Indonesien ist die grösste Wirtschaft Südostasiens mit einem beachtlichen Wirtschaftswachstum von jährlich 5 Prozent. Millionen von Menschen drängen in die Mittelschicht. Dies schafft ein riesiges Potenzial für Schweizer Produkte wie Maschinen, Medizinprodukte, Nahrungsmittel oder Uhren. Das Abkommen beseitigt 98 Prozent aller Zölle. Investitionen und Patente werden besser geschützt. Schweizer Unternehmen erhalten einen wichtigen Wettbewerbsvorteil in schwierigen Zeiten. Denn bis jetzt hat ausser der EFTA kein anderer Partner in Europa ein Abkommen mit Indonesien.
Das Abkommen sichert wertvolle Arbeitsplätze und schafft die Grundlage für künftigen Wohlstand. Aber auch für Indonesien ergeben sich klare Chancen. Handel und Investitionen bringen wertvolle Arbeitsplätze und Schweizer Know-how in das Land. Je mehr Arbeitsplätze in der Industrie entstehen, desto weniger abhängig wird das Land vom Palmöl-Verkauf. Mit dem Abkommen können wir Indonesien zwar direkt nichts vorschreiben. Das können wir keinem Land. Durch den wirtschaftlichen Austausch und mehr Zusammenarbeit können wir das Land aber auf dem Weg zu einer nachhaltigeren Entwicklung unterstützen.
Am 7. März haben wir also die Wahl: Wollen wir mit einem Nein ein symbolisches Zeichen gegen Palmöl setzen? Ein Nein, das an der Palmölsituation nichts ändert, aber acht Jahre Verhandlungen mit Indonesien zunichtemacht und die Glaubwürdigkeit der Schweiz untergräbt. Oder sagen wir Ja – Ja zu mehr Chancen für unsere Unternehmen in einem wichtigen Zukunftsmarkt, zu mehr Chancen für unsere Arbeitsplätze und zu mehr Chancen für eine nachhaltige Entwicklung Indonesiens.
In der «Carte blanche» äussern sich Oberbaselbieter National- und Landratsmitglieder sowie Vertreterinnen und Vertreter der Gemeindebehörden zu einem selbst gewählten Thema.