Saubere Fohlen für einen sauberen Auftritt
13.10.2020 KienbergAnouk Jordi
Emilia, ein Fohlen von Urs Rippstein, dem Präsidenten des Pferdezuchtvereins Baselland und Umgebung, und seiner Ehefrau Gabi, wirft wild seinen Kopf umher und wehrt sich. Gabi hat Mühe, sie zu halten, während Urs die kleine Stute mit dem Schlauch abzuspritzen ...
Anouk Jordi
Emilia, ein Fohlen von Urs Rippstein, dem Präsidenten des Pferdezuchtvereins Baselland und Umgebung, und seiner Ehefrau Gabi, wirft wild seinen Kopf umher und wehrt sich. Gabi hat Mühe, sie zu halten, während Urs die kleine Stute mit dem Schlauch abzuspritzen versucht. Plötzlich rutscht Emilia ab, fällt unter dem Geländer hindurch in den Miststock und hat sich festgekeilt. Ihre Angst ist jetzt noch grösser.
Doch das Ehepaar weiss, was zu tun ist. Gabi Rippstein überlässt das Fohlen ihrem Mann, der mehr Kraft hat als sie. Gekonnt schafft dieser es, Emilia trotz ihrer hektischen Bewegungen zu befreien. Man sieht, dass die beiden Züchter nicht zum ersten Mal ein Fohlen waschen. Als Emilia sich wieder neben ihrer Mutter befindet, beruhigt sie sich schnell. Die Waschprozedur geht also weiter. Gabi Rippstein redet beruhigend auf das Fohlen ein und ermahnt es: «Du musst doch nicht so Kamikaze-Sachen machen …»
Etwa eine Stunde zuvor erzählt Urs Rippstein am Frühstückstisch auf seinem Hof Flussacker in Kienberg über die Fohlenzucht. Sein Vater habe bereits Pferde gezüchtet, doch er und seine Ehefrau machen es als Erste hauptberuflich seit etwa 13 Jahren. In der Pferdezucht habe jeder andere Vorstellungen von seinen Tieren. Den beiden Kienbergern gefallen meistens die modernen, eher sportlichen Pferdetypen.
Gut ausgebildete Freiberger seien gesucht und zwei dieser Rasse wollen die beiden am Abend an der Fohlenschau präsentieren. Emilia und Vivaldi wollen die beiden Pferdezüchter jedoch nicht verkaufen, die Tiere gefallen ihnen sehr und so sollen sie schon bald ausgewachsen neben den anderen acht Pferden auf der Weide vom «Flussacker» stehen.
Normalerweise ziehen Urs und Gabi Rippstein Fohlen nur selber auf, um sie später im Sport benutzen zu können. «Das vergangene Jahr war sowieso unser Jahr», sagt Gabi Rippstein, während ihr Ehemann ein zweites Stück Zopf mit Butter bestreicht, «zuerst haben wir den Feldtest gewonnen, dann erneut die Fohlenschau und zum Schluss wurde ich noch Schweizer Meisterin in der Dressur.» Die beiden Fohlen, die die Kienberger an der Schau zeigen, seien aber eher als Freizeitpferde für den Amateursport gedacht. Freiberger seien nämlich Allrounder für alle Sparten des Pferdesports.
«Das Weisse soll weiss sein»
Die Fohlenschau ist, nach der Geburt des Fohlens, das erste Highlight für die Züchter. Wenn es etwa ein halbes Jahr alt ist, wird es dort bewertet und, wenn vom Züchter gewünscht, auch zum Verkauf angeboten. Am grossen Tag werden die Jungtiere zum ersten Mal in ihrem Leben gewaschen, deshalb auch die anfängliche Angst Emilias vor dem Unbekannten. Ihre Mutter Fanelle de la Réselle scheint es sogar zu geniessen. Auch wenn das Waschen Emilia zuerst nicht gefällt, muss es sein, schliesslich wollen die Züchter ihr Produkt von seiner besten Seite zeigen. Gabi Rippstein sagt bestimmt: «Das Weisse soll schon weiss sein.» Um das zu erreichen, benutzen sie Sattelseife – ein Geheimtipp.
Natürlich soll auch die Mutter der Fohlen in einem guten Licht dastehen, doch aus den Fohlen wollen ihre Besitzer alles rausholen. Vor dem Waschgang wird die Mähne der Fohlen gestutzt, denn ein eher massiger Hals wirkt durch eine lange Mähne noch viel grösser. «Die Richter können wir so zwar nicht täuschen, aber bei den Zuschauern funktioniert es hoffentlich», scherzt Urs Rippstein. Er hofft auf einen erneuten Erfolg, denn auch wenn alle Pferde ihre Fehler haben, stehen mit Emilia und Vivaldi ihre Chancen sehr gut.
Um die Fohlen sauber zu bekommen, benutzt Urs Rippstein neben dem Wasser tatsächlich ganz gewöhliches Frauen-Shampoo, einen Schwamm und für die Hufe eine Bürste. Jetzt sind die Freiberger bereit für die Fohlenschau am Abend.
Der grosse Auftritt
Die Fohlenschau findet im Reitsportzentrum Galms in Lausen statt. In der Reitschule liegt Sand am Boden und es sind Tische und Bänke aufgestellt. Vivaldi und seine Mutter Najah werden hereingeführt. Gabi Rippstein hat Mühe, den Hengst im Zaum zu halten, denn seine Mutter ist unglaublich nervös. Ruhig stehen zu bleiben, gelingt beiden mehr schlecht als recht. In den Zuschauerreihen raunt es. «Das ist aber ein unruhiges Pferd.» Was diese Kritiker wahrscheinlich nicht wissen, ist, dass Najah erst vier Jahre alt und Vivaldi ihr erstes Fohlen ist.
Entsprechend ist das ihre erste Fohlenschau, sie hat also jedes Recht, nervös zu sein. Die Richter beurteilen den Rassentyp und den Körperbau des Fohlens. Dann rennt Urs Rippstein neben Najah her und führt so Vivaldi einige Runden im Kreis. Dabei wird der Gang benotet, bei Freibergern ist das der Trab. Mit der Startnummer 5 folgt Emilia. Ihre Mutter ist nicht zum ersten Mal an einer Fohlenschau, das zeigt sich.
Als alle Pferde durch sind, folgt die Siegerehrung. Die zwei Kienberger Züchter belegen mit ihren beiden Fohlen die ersten beiden Plätze. Der Sieger Vivaldi bekommt die Maximalpunktzahl von 9 für seinen Typ und die Note 8 sowohl für seinen Körperbau als auch für seinen Gang. Emilia bekommt nur bei ihrem Körperbau eine schlechtere Note als der Hengst. Die Strapazen am Morgen liessen den Laien eine solche Höchstleistung vielleicht nicht vermuten. Und die Kritiker in den Zuschauerreihen scheinen damit auch nicht gerechnet zu haben. Doch Urs und Gabi Rippstein waren stets zuversichtlich und freuen sich über die Resultate.