IM GEDENKEN
23.10.2020 ZunzgenKurt Schaub, Zunzgen
Am 18. September wurde in Zunzgen Kurt Schaub, 88-jährig, feierlich von Pfarrer Dällenbach in eine andere Welt entlassen. Während der Predigt, die Kurt Schaubs Leben und Wesen sehr genau schilderte, konnte ich mir eigene Gedanken ...
Kurt Schaub, Zunzgen
Am 18. September wurde in Zunzgen Kurt Schaub, 88-jährig, feierlich von Pfarrer Dällenbach in eine andere Welt entlassen. Während der Predigt, die Kurt Schaubs Leben und Wesen sehr genau schilderte, konnte ich mir eigene Gedanken über meinen ehemaligen Mitarbeiter bei der Sissacher J. & R. Gunzenhauser AG machen: Er war interessiert, wissbegierig, kritisch, schlau und er dachte sich immer Neues aus, um seine Arbeit noch wirkungsvoller zu gestalten.
Ich bat ihn immer wieder, seine Ideen im Vorschlagswesen «gewinnbringend» und als Beispiel für andere einzubringen. Doch davon wollte er nichts wissen! Kurz vor seiner Pensionierung mit 40 Dienstjahren (ich durfte ihn drei Mal als Jubilar ehren!), nahm ich ihn zum Besuch einer Armaturenfabrik in Westfahlen mit, die viel grösser und moderner als unsere JRG war. Wir verhandelten dort über einen «wahnsinnigen» Gussauftrag von monatlich 180 000 Ventilen (Umsatz 6 Millionen Franken pro Jahr). Ich nahm zu diesem Treffen drei Mitarbeiter mit, mit dem Ziel, beim obligaten Betriebsrundgang möglichst vieles «mitzunehmen». Aber auch, um unseren Leuten daheim zu sagen: «Die Konkurrenz schläft nicht!» Und Kurt war für diese beiden Aufgaben, auch kurz vor der Pension, immer noch sehr geeignet.
Sein Lebenslauf war als Ganzes sehr spannend. Er konnte sehr «offen» sein, aber wenn es zu persönlich wurde, verschloss er sich. Kurt wurde, nach seinem Bruder Heinz, am 12. August 1932 geboren. Doch bald nach der Geburt wurde ihr Vater vom Blitz getroffen und Frau Schaub musste beide Kinder alleine durchbringen. Trotz eines noch nicht vorhandenen Sozialstaats meisterte diese alleinerziehende Mutter ihre schwierige Aufgabe hervorragend. Die Zähigkeit, Geduld und Schaffenskraft dieser Frau konnte man bei allem, was Kurt unternahm, auch beobachten. Es war nicht selbstverständlich, dass ein Bub aus solch schwierigen Verhältnissen statt die normale Schule im Dorf die Bezirksschule (damals so etwas wie heute das Progymnasium) in Böckten besuchen durfte. Auch Fussball und Eishockey durfte er spielen.
Zuerst musste er aber nach der Schule als Hilfsarbeiter bei Paul Frey Geld verdienen, um dann mit zwei Jahren Verspätung bei der «von Arx», damals die Fabrik des legendären Erfinders Paul von Arx, im Parterre eines Wohnhauses in der Neumattstrasse, eine vierjährige Mechanikerlehre zu bestehen. Die Telegrafen-Rekrutenschule, eine RS für sehr qualifizierte Soldaten, durfte er während der Lehre absolvieren.
Er heiratete 1955 Elfriede Grether aus dem Badischen. Natürlich war das gesellschaftlich in der antideutschen Schweiz der Nachkriegszeit nicht immer ein Zuckerschlecken! Doch die beiden durften vier Buben grossziehen, wovon einer, Beat, in die väterlichen Fussstapfen trat und beim EHC und in der JRG Karriere machte.
Wie eingangs beschrieben, war Kurt beruflich sein Leben lang am Fortschritt und am Modernen interessiert. Er bewältigte alle Neuerungen in seinem Arbeitsgebiet, wie CNC- und CAD/CAM-Technik, sowie die vielen kleinen und grossen Kniffe und Neuerungen mit Leichtigkeit! Bei seinem 40-Jahre-Jubiläum und zur Pensionierung sagte ich deshalb unter anderem: «Im Wissen, dass Leute mit Fantasie nur langsam altern, danke ich Dir für Deinen wertvollen Beitrag zum Erfolg unserer Firma und wünsche Dir, dass Du unsere PK und die AHV noch lange schädigen kannst!»
Kurt, ein offener und moderner Mensch, soll aber in der Familie viel Zurückhaltung geübt haben, und seine Söhne mussten ihren Weg oft ohne ihn suchen. Doch es war erfrischend, an der Beerdigung zu spüren, wie seine Enkel ihn verehrten und mit ihm, dem fantasievollen Grossvater, so viel Schönes und damit Nachhaltiges erleben durften. So hat er, mit seiner Frau und Familie zusammen, sich spät das erfüllen können, was viele nie erreichen!
Johannes Rudolf Gunzenhauser,