MEINE WELT
31.07.2020 GesellschaftSprachspiele
Heute hätte mein Vater Geburtstag, wenn er denn noch unter uns weilte. Sicher ein Tag, an dem ich ganz speziell an ihn denke. Er hat uns, seinen Kindern, viel mitgegeben, so zum Beispiel die Liebe zur Sprache.
Einerseits war unsere Mundart wichtig. ...
Sprachspiele
Heute hätte mein Vater Geburtstag, wenn er denn noch unter uns weilte. Sicher ein Tag, an dem ich ganz speziell an ihn denke. Er hat uns, seinen Kindern, viel mitgegeben, so zum Beispiel die Liebe zur Sprache.
Einerseits war unsere Mundart wichtig. Andererseits haben wir auch viel mit Sprache gespielt. Meine Kinder haben vom Grossvater zu jedem Geburtstag eine Karte mit Rätseln, Sprachspielen, Scharaden oder Gedichten erhalten. Häufig hat es Spielnachmittage gegeben, bei denen es auf irgendeine Art um Sprache ging, zum Beispiel in Form von Lotto.
Ausgesprochen gerne hat er auch das Kreuzworträtsel im Magazin der Basler Zeitung respektive des Tagesanzeigers gemacht, ein sogenannt kryptisches Rätsel. Auch ich löse alle mir bekannten dieser Art, wenn ich irgendwie an sie rankomme.
Was soll denn nun speziell interessant sein an einem Kreuzworträtsel? Die Autoren der kryptischen Spezies machen sich einen Spass daraus, möglichst raffinierte Definitionen der zu suchenden Wörter zu kreieren. Diese sind zum Beispiel gespickt mit Sprachspielen und fordern auf zum Um-die-Ecke-Denken. Deshalb heisst die Version der deutschen Zeitung Zeit entsprechend «Um die Ecke gedacht», jene der Süddeutschen Zeitung «Das Kreuz mit den Worten» und jene der Frankfurter Allgemeinen am Sonntag «Quadratortur». Die Autoren dahinter sind häufig geheim und schmücken sich mit einem Pseudonym.
Folglich heisst es dann nicht: «4 senkrecht, Grautier», wie beim Emil, sondern vielleicht «Sturer Lastenträger mit langen Ohren». Häufig kann man beim ersten Anlauf noch nicht sicher sein, dass man die richtige Lösung hat. Erst wenn die Kreuzungen auch stimmen, darf man davon ausgehen. Das ist natürlich nicht jedermanns Sache, aber vielleicht kann ich Sie hier doch noch etwas «gluschtig» machen. «Mit Anfang am Ende wär der Blasierte eine Montreux-Legende», 4 Buchstaben. Kommen Sie drauf? Aus Snob wird (Claude) Nobs. Noch ein Versuch: «Bankräuber waren damit schon immer angetan: Spionageabwehr», 11 Buchstaben? Virenschutz heisst die Lösung, die sich natürlich einerseits auf die allgegenwärtigen Corona-Schutzmasken und andererseits auf Computerviren bezieht. Zugegeben: Lange Wörter sind natürlich schwieriger ohne weitere Anhaltspunkte. Wie wärs mit «Lyrisch der Bulle von Bullerbü», 4 Buchstaben? Die Stichworte Schweden und Bulle führen uns zum Elch, und lyrisch oder poetisch heisst der dann eben Elen, was die gesuchte Lösung ist. Solches Spiel mit der Sprache fasziniert mich und lässt mich ungeduldig auf die jeweils neue Ausgabe der erwähnten Zeitungen warten.
Nehmen wir zum Schluss die Schüttelreime: Es klapperten die Klapperschlangen, bis ihre Klappern schlapper klangen. Einfach genial. Oder: Du sollst dein altes Nierenbecken nicht mit kalten Bieren necken. Wunderbar als Schüttelreim, als Gebot habe ich ihn allerdings noch nie befolgt.
Kuri Wirz, Gelterkinder von Geburt und aus Passion