Der Fall des einstigen Krösus
10.07.2020 Fussball, SportBeachsoccer | Die Chargers müssen auf die Meisterschaft verzichten
Viermal in Serie durften sich die Sandfussballer des BSC Chargers Baselland von 2015 bis 2018 Schweizer Meister nennen. Die glorreichen Zeiten gehören aber der Vergangenheit an. Der Klub nimmt erstmals ...
Beachsoccer | Die Chargers müssen auf die Meisterschaft verzichten
Viermal in Serie durften sich die Sandfussballer des BSC Chargers Baselland von 2015 bis 2018 Schweizer Meister nennen. Die glorreichen Zeiten gehören aber der Vergangenheit an. Der Klub nimmt erstmals nicht am Meisterschaftsbetrieb teil und kämpft gar um seine Existenz.
Thomas Ditzler
Erstmals seit der Aufnahme des Beachsoccer-Meisterschaftsbetriebs vor 14 Jahren in der Schweiz fehlt der BSC Chargers Baselland in diesem Sommer an den Meisterschaftsrunden. Der Verein aus Liestal, der zuletzt im Jahr 2018 den Schweizer-Meister-Titel sowohl bei den Frauen als auch bei den Männern gewann, hat seine beiden Teams nicht für den Ligabetrieb angemeldet. Es seien verschiedene Gründe, die zu diesem aus Chargers Sicht «historisch bitteren Moment» geführt haben, sagt Vereinspräsident Goran Abt.
Der Sissacher, der in der vergangenen Saison neben seinem Amt als Präsident auch noch Trainer der Frauen- und Männer-Equipe war, musste einsehen, dass es für ihn zeitlich nicht mehr möglich sei, alle drei Ämter auszuüben. «Das Engagement in diesem Ausmass eine weitere Saison zu meistern, war nicht realistisch», sagt der 44-Jährige.
Die Suche nach zwei Trainerlösungen habe jedoch keine Früchte getragen. Dazu seien gewichtige Spielerabgänge gekommen, was die Zukunft der beiden Teams weiter erschwert habe, so Abt. Nach all den Rücktritten waren die Bedenken gross, wieder ein schlagkräftiges und breites Kader für die beiden Teams präsentieren zu können: «Eigentlich erhoffte ich mir mit der Aufnahme des Trainingsbetriebs im Frühling nochmals frischen Wind.» Doch dann machte den Baselbieter Sandfussballern auch noch Corona einen Strich durch die Rechnung, oder wie es Goran Abt sagt: «Der Ofen war damit aus.»
Von einem Ende seines Vereins möchte der Chargers-Präsident mit diesem Entscheid jedoch nicht sprechen. «Ich gehe fest davon aus, dass es sich in diesem Jahr nur um eine Pause handelt», sagt der bekennende Optimist. So seien er und der Vorstand im Hintergrund bereits daran, Pläne zu schmieden, wie sie dem Verein im Hinblick auf den Sommer 2021 wieder neues Leben einhauchen wollen. Er selber sehe die Chancen bei 60 Prozent, dass die Chargers wieder aktiv in den Sand zurückkehren werden. «Es braucht aber Personen, die sich zum Verein bekennen und Funktionen übernehmen», so Abt.
Opfer des eigenen Erfolgs
Dass es mit den Chargers einen der erfolgreichsten Beachsoccer-Vereine der jüngsten Vergangenheit mit vier Meistertiteln in Serie zwischen 2015 und 2018 erwischt hat, verwundert nicht, wenn man sich genauer mit der Szene auseinandersetzt. So sind in der Geschichte des Schweizer Beachsoccer-Sports bereits der eine oder andere hochdekorierte Klub von der Landkarte verschwunden.
Prominentestes Opfer war der BSC Scorpions Basel. Mit insgesamt fünf Meistertiteln, den letzten holten sich die Basler 2011, sind sie noch heute der erfolgreichste Schweizer Klub. «Ohne grosse Klubnamen im Hintergrund ist es aber schwierig, sich als Beachsoccer-Verein längerfristig zu etablieren», glaubt Goran Abt. Zumal im Beachsoccer kein Nachwuchsbetrieb existiert, wie man es vom grossen Bruder, dem Rasenfussball kennt. Abt spricht in dieser Hinsicht von einem grundsätzlichen Problem im Beachsoccer und möchte den Rückzug seiner Chargers keineswegs als Armutszeugnis sehen.
Der Präsident gibt sich selbstkritisch: «Vielleicht sind wir nun auch ein Opfer unseres eigenen Erfolgs aus den vergangenen Jahren geworden.» Die Einstellung, dass man immer wieder eine Lösung finden würde für allfällige Probleme und zum Saisonstart dann schon bereit sein werde, habe sich im Verein etwas etabliert. Dennoch habe Abt stets gewarnt, dass es irgendwann nicht mehr gut gehen werde.
Dieser Moment ist in diesem Sommer bei den Chargers Baselland gekommen. «Es ist wie in allen Vereinen. Du brauchst Leute, die aktiv im Vereinsleben mithelfen. Wenn es diese nicht gibt, läuft es nicht», so Abt. Die ehemaligen Chargers-Spieler sind mittlerweile alle bei anderen Teams untergekommen und werden die diesjährige Saison, die ursprünglich am 4. Juli hätte losgehen sollen und nun wegen Corona-Erkrankungen einiger Spieler eines Aargauer Teams verschoben werden musste, in anderen Farben in Angriff nehmen.
Findet man bei den Liestaler Sandfussballern in den kommenden Monaten keine weiteren engagierten Leute – seien es Spieler oder Funktionäre –, sehe er schwarz, was die Zukunft des 2005 gegründeten Vereins betrifft. «Mein Herz blutet extrem, wenn ich sehen muss, dass wir in diesem Jahr nicht am Meisterschaftsbetrieb teilnehmen können», sagt der 44-Jährige, der seit 11 Jahren als Präsident amtet und Gründungsmitglied des BSC Chargers Baselland ist.
Dennoch Spiele in Liestal
Ganz ohne Beachsoccer muss man in Liestal in diesem Sommer dennoch nicht auskommen. Die Chargers Baselland wurden vom nationalen Verband angefragt, die Meisterschaftsrunde am 1. und 2. August zu organisieren. «Zudem haben wir für den Sommer auch noch ein Grümpelturnier geplant», sagt Abt und ergänzt: «Wir wollen damit zeigen, dass die Chargers noch existieren, und mit den beiden Anlässen ein gutes Zeichen für den Beachsoccer-Sport in der Region setzen.»
Trotz der derzeit fraglichen Zukunft gibt sich Goran Abt weiter äusserst ehrgeizig: «Wenn es uns gelingt, im kommenden Sommer wieder dabei zu sein, möchte ich mit dem Verein möglichst an die alten Erfolge anknüpfen.» Er habe kein Interesse, um die Ränge 5 oder 6 zu spielen, zeigt sich Abt kämpferisch. Viel wichtiger wird für die Chargers Baselland jetzt aber der Kampf sein, den der Verein in den kommenden Wochen und Monaten abseits des Sandes austragen muss. Dieser Kampf wird darüber entscheiden, ob sich einer der erfolgreichsten Beachsoccer-Vereine der Schweiz retten kann oder zu einem weiteren prominenten, ehemals erfolgreichen Opfer in der Schweizer Beachsoccer-Geschichte wird.