Harmonie zwischen Mensch und Tier
16.06.2020 Diegten, SportHundeschlittenführer Florian Gisin zum Rennsport mit Huskys
Bei Hundeschlittenrennen ist die perfekte Harmonie zwischen dem Schlittenführer und seinen Huskys das A und O. Florian Gisin spricht über die Herausforderungen beim Training und beim Rennen für ihn und seine Alaskan und ...
Hundeschlittenführer Florian Gisin zum Rennsport mit Huskys
Bei Hundeschlittenrennen ist die perfekte Harmonie zwischen dem Schlittenführer und seinen Huskys das A und O. Florian Gisin spricht über die Herausforderungen beim Training und beim Rennen für ihn und seine Alaskan und Siberian Huskys.
Sander van Riemsdijk
Herr Gisin, wann haben Sie angefangen, sich für das Hundeschlittenrennen zu interessieren?
Florian Gisin: Alles hat im Jahr 2016 mit unserem ersten Hund angefangen. Es sollte ein sportlicher Hund sein, um mich beim Joggen und beim Radfahren zu begleiten. Die Wahl fiel auf einen Siberian Husky. Meine Begeisterung für diese Hunde verbunden mit dem Sport mit ihnen war damit geweckt. Ein Jahr später konnten wir einen zweiten Hund im passenden Alter übernehmen, diesmal mit dem Augenmerk auf den sportlichen Aspekt. Und wieder ein Jahr später kamen nochmals zwei Alaskan Huskys dazu. Im Winter 2018/19 konnte ich nach vielen Trainings endlich an meinem ersten Rennen teilnehmen.
Wie sieht das Trainingsprogramm im Sommer und im Winter aus?
Solange die Temperaturen stimmen, kann man immer trainieren. Am liebsten trainieren wir im Schnee und bei Temperaturen unter null Grad. Leider ist dies in unseren Breitengraden nicht mehr immer möglich. Das Training wird abgestuft absolviert und ist in der Intensität hauptsächlich von der Temperatur abhängig. Je kälter, desto besser. Auch im Sommer kann man gut trainieren. Dann mache ich mit meinem Trainingswagen Zugtraining, oft in den Wäldern von Tenniken. Grundgehorsam und Sozialverträglichkeit zu lernen, gehört genauso zum Training.
Die Schlitten werden oft von Huskys gezogen. Eignet sich jeder Husky aufgrund seiner genetischen Abstammung zum Schlittenhund?
Nein, nur wenn der Husky Freude an der Arbeit hat und der Wille vorhanden ist, um den Schlitten zusammen mit anderen Hunden zu ziehen. Ein erfahrener Schlittenhundeführer oder «Musher» hat einmal gesagt, «You can’t push a rope», was bedeutet, wenn der Wille beim Hund nicht da ist, kann man es ihm nur schwer oder gar nicht antrainieren. Man muss sich vor dem Kauf eines Tiers informieren, ob sich der Husky überhaupt für den Sport eignet. Am besten ist, man kauft sich seinen Hund beim Züchter beziehungsweise beim «Musher», der schon erfolgreich an der Art von Rennen teilgenommen hat, die man später selber bestreiten will.
Ab welchem Alter fangen Sie mit dem Training an und wann darf der Hund am Rennen teilnehmen?
Je nach Fähigkeit des Hundes lässt sich vieles schon im jungen Alter spielerisch trainieren: ruhiges Verhalten am «Stake out», dem Ort, wo die Hunde angeleint auf den Einsatz warten, Bewegen ohne Leine und Sozialverhalten. Man muss die Entwicklung langsam angehen und darf vor allem den Hund nicht überfordern. Eine Teilnahme an Sprintrennen ist meist schon ab zwölf Monaten möglich, für die Mittel- und Langdistanz eher ab 18 Monaten.
Es gibt mehrere Arten von Rennen. An welcher Art nehmen Sie teil? Und wie oft?
Am liebsten an Schlittenrennen. Im Winter 2018/19 nahm ich an drei Rennen teil, vergangenen Winter bedingt durch die Coronakrise nur an einem Rennen, in Les Mosses. Das Augenmerk des Hundeschlittenrennens verlagert sich allmählich Richtung sogenannte Dryland-Rennen, die im Herbst mit einem Wagen oder mit einem Bike, einem Scooter oder zu Fuss durchgeführt werden. Diese Rennen sind zudem ein gutes Training für die Wintersaison.
Welche sind die grössten Herausforderungen beim Rennen, für die Hunde und für Sie?
Nach einem guten, sorgfältigen Trainingsaufbau sollte das Rennen für die Hunde und für mich nicht viel anders sein als das Training, auch wenn jedes Rennen für mich immer wieder etwas Spezielles ist. Die Hunde sollten nur das tun, was sie am liebsten tun: laufen. Der unbändige Drang der Tiere zu laufen ist spürbar.
Wie führen Sie das Hundegespann?
Vom Gespann ist immer ein Hund der Leithund, der sogenannte Leader. Er hört am besten auf mich und hat am meisten Zug nach vorne in Richtung Horizont und sorgt dafür, dass das Hundegespann sich schön ausgeleint hält. Er braucht einen starken Kopf, um dem Druck von hinten im Gespann standzuhalten und gleichzeitig meine Kommandos ohne zu zögern auszuführen.
Warum liebt der Husky eigentlich das Schlittenziehen?
Das Laufen an und für sich ist es, was diese Hunde so gerne tun. Ihnen ist es egal, ob sie einen Schlitten oder ein Bike durch die Wälder ziehen müssen. Es gibt Studien, wonach bei den eigens dafür gezüchteten Schlittenhunden auch Glückshormone ausgeschüttet werden, wie bei einem Labrador, der etwas apportieren darf. Diese Hunde werden schon seit vielen Generationen fürs Laufen gezüchtet und haben den absoluten Willen, zu laufen. Laufen ist für sie eine selbstbelohnende Sache.
Wie wird sich der Hundeschlittensport aus Ihrer Sicht entwickeln?
Momentan geht der Trend klar in Richtung der kleineren Klassen sowie Monosportarten. Viele Hundeliebhaber haben für sich das sogenannte Canicross entdeckt, das Rennen mit einem am Bauchgurt angespannten Hund. Dafür braucht es keine teure Ausrüstung, meist hat man schon einen eigenen Hund und kann ohne Weiteres Rennen bestreiten. Oder mit einem Velo. Viele Hunde mit einem grossen Gespann zu halten, ist sehr kostspielig und zeitaufwendig. Ausserdem ist es vom Wohnort her nicht überall möglich. Man muss schon sehr angefressen sein, um sein Leben so anzupassen, damit dies möglich ist.
Huskys landen häufig im Tierheim. Worauf ist das zurückzuführen?
Viele Hundeliebhaber machen sich zu wenig Gedanken darüber, welcher Hund wirklich zu ihren Ansprüchen passt. Dann sucht man sich den Husky, weil dieser eine tolle Maske und hübsche blaue Augen hat. Dass dieser mit Gassigehen nicht ausgelastet ist, bedenken viele nicht. Kommen die Hunde in die Pubertät, suchen sie sich, da unterfordert, selber eine körperliche Herausforderung. Der Husky ist nicht mehr länger süss, sondern ist anstrengend, wird zur Last und wird dann abgegeben.
Welche Ziele haben Sie sich als Musher für die kommenden Jahre gesetzt?
Dass wir als Team an den Rennen konkurrenzfähig sind und die Hunde den Spass am Laufen nicht verlieren. Ein Traum von mir ist, mit meiner Verlobten und den Hunden eine längere Zeit den Winter im Norden Europas, dort, wo es viel Schnee hat, verbringen zu können. Dank ihrer Unterstützung kann ich dieses Hobby in diesem Umfang betreiben.
Zur Person
svr. Florian Gisin ist 28 Jahre alt, verlobt und wohnhaft in Diegten. Er hat Zimmermann gelernt und absolviert momentan ein Teilzeitstudium im Bauingenieurwesen. Er ist Mitglied des Schweizer Schlittenhundesportvereins. Als Hobby neben Hundeschlittenrennen spielt er Fussball in der ersten Mannschaft des FC Diegten-Eptingen und geht gerne wandern und fischen.
Der Husky
svr. Der Husky verkörpert für viele Menschen die romantische Vorstellung, auf einem Schlitten durch tief verschneite Wälder gezogen zu werden. Sie sind zum Laufen gezüchtet worden, sind intelligent, eigenständig und stur. Sie bellen eher wenig, heulen allerdings. Ein Leben als Musher mit einem oder mehreren Huskys zu teilen, ist anspruchsvoll und ein intensiver, ewig dauernder Lernprozess.